Die grüne Fassade der Calwer Passage gilt als das Pionierprojekt des Stuttgarter Städtebaus. Ein Rundgang durch das Gebäude.
Das CMS-Gebäude am Stuttgarter Rotebühlplatz mit der horizontal und vertikal begrünten Fassade zieht die Blicke auf sich. Das „Green Building“ an der Calwer Passage ist mit 11 000 Pflanzen und 40 Bäumen bestückt, jeder Topf wurde einzeln mit dem Kran vor die Fenster oder auf das Dach gebracht.
Im August ist die Wirtschaftskanzlei CMS Hasche Sigle nach 52 Jahren in Degerloch in die Stadtmitte gezogen und nutzt jetzt auf sechs Etagen Büros und Konferenzräume. Von außen eine Erscheinung, ein Farbklecks zwischen den sonst überwiegend grauen Gebäuden, die jedoch Fragen aufwirft: Wie viel Licht lassen die Pflanzen noch ins Innere des Hauses? Und wie sieht es auf der Terrasse aus?
Viel Licht trotz bepflanzter Fassade
Peter Wende und Barbara Wössner, Partner von CMS, führen durch das Gebäude, ein Pionierprojekt des Stuttgarter Städtebaus. Betritt man das Foyer, fällt auf, was sich durch das Gebäude zieht: große Glasfronten, heller Boden und viel Licht. Im fünften Stock befinden sich die Konferenzräume, benannt nach den Standorten der Wirtschaftskanzlei. Der Eindruck, man sieht von drin nicht mehr nach draußen, täuscht. Selbst an einem verregneten Dezembermittag gelangt ausreichend Tageslicht in die Räume. In den Fluren hängen Aufnahmen von der Ausgrabung der Bäume in den Niederlanden bis zum Transport und der Positionierung der Kübel. Selbst die Folie, die unter dem Substrat regelt, dass das Wasser ablaufen kann, wurde fotografiert.
Die siebte Etage ist mit Parkett ausgelegt, große Stehtische bieten Platz für Veranstaltungen. Steht man mittig auf dem Stockwerk, reicht der Blick in den Osten Richtung Rathaus und nach Westen die Fritz-Elsas-Straße hinunter. Mittlerweile ist auch die Terrasse geöffnet, die mit Sitzmöglichkeiten ausgestattet wurde und einen weitläufigen Blick durch den Kessel bietet.
Auch die skeptischen Kollegen sind überzeugt
Fragt man den Senior-Managing-Partner Peter Wende, wie es sich im grünen Gebäude arbeitet, zeigt er sich angetan von den modernen Räumlichkeiten: „Man schaut mitten in der Stadt ins Grüne. Das macht schon was sehr Positives mit einem.“ Barbara Wössner stimmt ihm zu. Selbst die skeptischen Kollegen, die ungern von Degerloch in die Innenstadt gezogen sind, seien mittlerweile überzeugt. „Das ist jetzt schon ein ganz anderes Arbeiten“, sagt die Partnerin von CMS. Dass jetzt alle 350 Mitarbeitenden das Büro stürmen, sei trotzdem nicht passiert. Dafür habe sich das Arbeiten von zu Hause zu gut durchgesetzt. Wer das Büro dem Homeoffice vorzieht, profitiert von der guten Anbindung. In Zukunft soll es auch einen direkten Zugang von der U-Bahn- und S-Bahn-Haltestelle Stadtmitte in das Büro geben. Neben der Tiefgarage mit 116 Plätzen gibt es auch Abstellraum für Fahrräder.
Der Umzug in das bewachsene Gebäude fügt sich in die Unternehmensrichtlinie ein, bis 2030 klimaneutral werden zu wollen. Dazu gehören unter anderem die Vermeidung von Reisen und die Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel, die 2021 erfolgte Umstellung auf Ökostrom und die Digitalisierung, um Papier einzusparen.
„Mit der CMS-Nachhaltigkeitscharta wollen wir ein positives, inspirierendes und gesundes Arbeitsumfeld für alle Mitarbeitenden schaffen. Der grüne Standort in Stuttgart untermauert diese Ambitionen ganz besonders“, so Peter Wende.
Pflanzen filtern Staub und produzieren Sauerstoff
Die Pflanzen wie der Winterjasmin, die Eibe oder die Klettergurke binden das Treibhausgas CO2 und produzieren Sauerstoff, filtern den Staub und tragen damit zu einer verbesserten Luftqualität bei. Laut Umweltbundesamt führen Fassaden- und Dachbegrünungen außerdem zu einer Abkühlung der Städte. Die Artenvielfalt der verschiedenen Pflanzen auf dem CMS-Gebäude zeigt sich in den Jahreszeiten, die letzten Wochen habe man es vor den Fenstern schön herbstlich in Rottönen gehabt, erzählt Peter Wende. Insekten hätten sich bisher noch nicht in die Büros verirrt. Das könnte laut Wössner daran liegen, dass mit einer Ausnahme in der sechsten Etage die Pflanzenkübel mit Abstand zu den Fenstern stehen. „Eine bunte Vielfalt“ sei ja auch gewünscht. In den nächsten 20 Tagen werden die Pflanzen zurückgeschnitten, man rechnet damit, dass dies ein- bis zweimal im Jahr nötig ist.
Ende November 2018 wurde das alte Gebäude am Rotebühlplatz abgerissen. Das neue Bauwerk der Ferdinand Piech Holding GmbH hat sieben Etagen, die oberste ist nicht begehbar, da auf ihr nur Bäume stehen. Zum CMS-Gebäude gehört auch die Calwer Passage, in die nach und nach Handel und Gastronomie einzieht. Im Erdgeschoss befindet sich außerdem die Bäckerei Zeit für Brot und das Feinkostgeschäft Böhm. Im hinteren Teil werden momentan 16 Mietwohnungen gebaut.