Friedensaktivisit vor Gericht: Öffentliches Gelöbnis der Bundeswehr 2010 hat ein Nachspiel.

Stuttgart -  Das öffentliche Gelöbnis der Bundeswehr am 30. Juli vorigen Jahres hat ein erstes juristisches Nachspiel vor dem Amtsgericht. Verhandelt wird gegen einen Friedensaktivisten, der gegen das Gelöbnis demonstrierte. Weitere Verfahren werden folgen.

650 Rekruten waren im Ehrenhof des Neuen Schlosses angetreten, um ihren Eid zu schwören. Wie erwartet hatten mehrere Friedensbündnisse den Anlass genutzt, um zu demonstrieren. So auch ein 23-jähriger Auszubildender, der sich jetzt vor dem Amtsgericht wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz verantworten muss. Der Lehrling, der noch jünger wirkt, als er ist, tut dies durchaus selbstbewusst. Er ist ohne Anwalt erschienen und vertritt seinen Standpunkt nachdrücklich.

Der junge Mann aus Stuttgart hatte sich gegen 12.30 Uhr mit rund 70 Mitstreitern vor die Domkirche St. Eberhard gesetzt, um den für 13.15 Uhr geplanten Gottesdienst für die Bundeswehr zu stören. Die Gruppe wurde von der Polizei aufgefordert, ihre Aktion an die Marstallstraße zu verlegen. Dem kamen die Demonstranten nicht nach.

"Die Lautsprecherdurchsage der Polizei war nicht zu hören", sagt der Beschuldigte, der gegen seinen Bußgeldbescheid in Höhe von 100 Euro Einspruch erhoben hat. Außerdem habe er ein "entschlossenes Zeichen gegen dieses Spektakel" setzen wollen. Die Aktion gegen das Gelöbnis sei spontan gewesen. Die Aktivisten wurden nach und nach weggetragen, ihre Personalien wurden festgestellt, die Blockierer saßen mehrere Stunden in Polizeigewahrsam - es folgten Bußgeldbescheide und zum Teil Strafanträge.

Etliche Verfahren gegen Besetzer der Domkirche werden folgen

"Jubel über militärische Schauspiele ist eine Reklame für den nächsten Krieg", zitiert der junge Mann Kurt Tucholsky vor Einzelamtsrichter Benjamin Stolle. Der 23-Jährige beklagt "die Schaffung kriegsähnlicher Zustände in Afghanistan", den Einsatz von Kriegsschiffen gegen Piraten vor Somalia und den "vermeintlichen Kriegseinsatz im Kosovo". Diese Einsätze seien Verbrechen gewesen, so der Beschuldigte. Deshalb habe er gegen das Gelöbnis der Bundeswehr auf die Straße gehen wollen. Die vielen Bußgeldbescheide und Strafanträge seien ein Versuch, Kriegsgegner zu kriminalisieren, so der 23-Jährige. Er erwarte einen Freispruch, einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz sehe er nicht. Am Ende seiner Ausführungen bekommt er reichlich Applaus von den gleichgesinnten Zuhörern im Saal.

"Ich kann Sie hier nicht einfach freisprechen, wir müssen wohl eine Beweisaufnahme mit Zeugen und Videoaufnahmen machen", sagt der Richter. Er unterbricht die Verhandlung, ein neuer Termin muss anberaumt werden.

Etliche weitere Verfahren werden folgen- auch gegen die Aktivisten, die fünf Tage vor dem Gelöbnis die Domkirche besetzt hatten. Zwei Dutzend Leute wollten dort bis zum Gelöbnis ausharren, um den Gottesdienst für die Rekruten zu verhindern. Prälat Michael Brock alarmierte die Polizei, die Kirche wurde nach zwei Stunden geräumt. Hier sind noch Verfahren wegen Hausfriedensbruch anhängig.