Ein Ermittler untersucht die Brandstelle Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Großbrand in der Silvesternacht beschäftigt Ermittler und Anwohner weiterhin. Ein Gutachter rät dazu, die Tiefgarage abzustützen. Den Bewohnern von zehn Wohnungen bleibt der Zugang versperrt.

Stuttgart - Es ist düster in der Tiefgarage, nur ein Scheinwerfer der Polizei wirft etwas Licht auf einen der insgesamt hundert Stellplätze: Ein Mitarbeiter schaufelt dort Asche zur Seite, so dass ein komplett ausgebranntes Motorrad immer besser zum Vorschein kommt.

Die Ermittlungen zu dem Großbrand in Neugereut dauern an. Doch einige Hinweise auf die Ursache hat die Polizei bereits. „Eine Augenzeugin ist in der Nacht aus der Garage rausgefahren und hat zwei brennende Motorräder gesehen“, sagt Richard Zenzs, Brandermittlungsexperte der Polizei. Ob ein Feuerwerkskörper den Brand auslöste, untersuchen die Ermittler in den kommenden Tagen. Einige Anwohner wollen beobachtet haben, wie Böller in die Tiefgarage geworfen wurden. Klar ist laut dem Brandermittler Zenzs bislang nur, dass sich das Feuer in der Tiefgarage sehr gut ausbreiten konnte. „Diese Garagen haben baurechtlich vorgeschriebene Ablufteinrichtungen. So wurde das Feuer optimal mit Sauerstoff versorgt“, sagt Zenzs.

12 Autos komplett ausgebrannt

Der Großbrand hatte in der Silvesternacht 160 Feuerwehrleute anrücken lassen. Laut Branddirektion haben die Helfer 100 Menschen aus den sieben betroffenen Häusern geholt. Aktuellen Zahlen zufolge kamen zehn Menschen mit Rauchvergiftungen ins Krankenhaus. Sanitäter behandelten acht Anwohner direkt vor der Wohnanlage. Das Rote Kreuz richtete in einer nahe gelegenen Turnhalle ein Notlager ein. Lebensgefahr bestand laut Feuerwehr für keinen der Bewohner. Nach wie vor ist jedoch eines der Gebäude einsturzgefährdet, die Bewohner dürfen es nicht betreten.

August KulikAugust Kulik hat die Nacht daher mit seiner Ehefrau in einem Hotel in Feuerbach verbracht. Er lebt in einer der zehn Wohnungen, die sich in dem einsturzgefährdeten Haus befinden. Auch die Garage dürfen die Anwohner nicht betreten. Nur Ermittler und die Presse haben Zutritt. Das Bild eines Fotografen versetzt Kulik einen Schock: Darauf zu sehen ist sein Auto. „Unsere Mercedes-B-Klasse ist komplett ausgebrannt“, sagt der Rentner. Er habe sein Auto in der Silvesternacht vorsorglich in die Garage gestellt, um es vor der Knallerei zu schützen. Es ist eines von zwölf Fahrzeugen, die vollständig ausgebrannt sind. Wie viele Wagen fahruntüchtig sind, ist noch unklar. „Bis zum 6. Januar sind wir mindestens noch in dem Hotel angemietet, das uns die Stadt bezahlt“, sagt Kulik. Er fragt sich vor allem, wer für den entstandenen Schaden aufkommt.

Teilkasko-Versicherung übernimmt Kosten

Experte in solchen Fragen ist Stephan Schweda vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). „Unabhängig davon, was die Brandursache war, haftet hier die Teilkasko-Versicherung“, sagt der Fachmann. Der Fahrzeughalter bekomme von der Versicherung den sogenannten Wiederbeschaffungswert erstattet. Er berechnet sich nach Kriterien wie die unfallfreie Zeit, Wagentyp und Kilometerstand. Einen Anspruch auf einen Mietwagen hat der Betroffene allerdings nicht. „Das ist immer ein Sonderfall. Es gibt allerdings einige Versicherer, die solche Leistungen in gesonderten Paketen anbieten“, sagt Schweda. Anders liegen die Dinge, wenn sich der Geschädigte auf die Haftpflichtversicherung eines Dritten berufen kann. „Rein hypothetisch könnte der Anspruch auf einen Mietwagen geltend gemacht werden, wenn das Feuer von einem anderen Fahrzeug wie den Motorrädern übergetreten ist“, sagt der Versicherungsexperte.

Um die Brandursache aufzuklären, hat die Kriminalpolizei am Freitag eine Ermittlungsgruppe mit dem Namen „Wildgans“ eingerichtet. Am Morgen verschaffte sich der Statiker Jürgen Rathgeb einen Eindruck von der Tiefgarage im Wildgansweg. „Glücklicherweise ist die Garage durch eine Mineralfaserdämmung gut geschützt gewesen“, sagt der Prüfingenieur für Baustatik. Ersten Erkenntnissen zufolge muss ein Teil der Tiefgarage abgestützt werden. Das Mehrfamilienhaus, das sich während des Feuers direkt über dem Brandherd befand, sei laut Experten jedoch nicht akut einsturzgefährdet.

In der Silvesternacht war es indes zu mehreren Bränden gekommen. In der Nacht zu Neujahr fährt die Feuerwehr teils achtmal so viele Einsätze wie im Jahresdurchschnitt, sagt der Feuerwehr-Sprecher Markus Heber. Einen weiteren Brand in einer Tiefgarage bekämpften Feuerwehrleute in Ludwigsburg in der Marbacher Straße. Ein Mülleimer hatte gebrannt, und die Flammen griffen auf zwei Fahrzeuge über. Der Schaden liegt bei 50 000 Euro. Wie groß der Sachschaden in Neugereut ausfällt, ist laut den Behörden noch unklar.