WBA-Schwergewichtsweltmeister Alexander Powetkin ballt für die Presse in Stuttgart die Fäuste Foto: Pressefoto Baumann

Box-Weltmeister Alexander Powetkin peilt in Stuttgart gegen Marco Huck die Titelverteidigung an.

Stuttgart - Er posiert im Pelzmantel. Und mit weißen Tigern. Im Smoking und mit dicker Goldkette. Er zeigt sich mit hübschen – leicht bekleideten – Frauen und in protzigen Luxuskarossen. Alexander Powetkin bedient die Klischees, die alle von einem russischen Box-Weltmeister im Schwergewicht erwarten. Zumindest für die Sponsoren und die Medien lässt er sich in das halbseidene Licht rücken. Und all das steht ihm auch gut. Doch gerne macht der Profiboxer das nicht. „Es gehört zum Geschäft“, sagt er nur und atmet etwas genervt aus. Denn eigentlich würde der 1,88 m große Mann aus Tschechow lieber für etwas anderes stehen. Für etwas, das er auch verkörpert. Für einen akribischen Arbeiter. Einen, der mit viel Ehrgeiz und Disziplin trainiert und lebt. Einen, für den Traditionen wichtig sind. Sein Spitzname „der Zar“ ist der beste Beweis dafür. Nur vermarkten lässt sich die Sauber-Mann-Sache in der von Show und Glamour lebenden Sportart nicht. Powetkin weiß das.

Seit August 2011 ist der Linksausleger WBA-Weltmeister. Mit seiner makellosen Bilanz von 23 Siegen (davon 16 mit K. o.) in 23 Profikämpfen gehört er zum Besten, was das Schwergewichtsboxen derzeit hergibt. Von Anfang an hat er die Boxszene dabei aufgemischt. Schon als Amateur schlugen sich die Promoter um die Dienste des in Kursk geborenen ehemaligen Kickbox-Weltmeisters. Er entschied sich 2005 für Wilfried Sauerland. Und für dessen Team will er an diesem Samstag (22.15 Uhr/ARD) im boxstallinternen Duell gegen Marco Huck zum zweiten Mal seinen WBA-Titel verteidigen.

Die weiche Seite des Box-Zaren

„Ich werde zeigen, dass ich der Bessere von uns beiden bin“, sagt Powetkin vor dem Kampf in der Stuttgarter Porsche-Arena. Eine knallharte Kampfansage klingt zweifellos anders. Doch große Töne spucken ist nicht das Ding des WBA-Champions. Beim öffentlichen Training am Dienstag im Cannstatter Carré haut stattdessen ein anderer auf den Putz: Marco Huck. „Ich will Box-Geschichte schreiben und erster deutscher Schwergewichts-Weltmeister seit Max Schmeling werden. Ich werde die Zuschauer mit einem K. o. beglücken“, kündigt Käpt’n Huck im Brustton der Überzeugung an. Und Alexander Powetkin? Der lächelt nur müde. Zu oft hat er solche Sprüche schon gehört, zu oft entpuppten sie sich als heiße Luft. Auch Huck soll nur eine Übergangsstation sein. Denn Powetkin hat einen wichtigen Kampf im Sinn: den gegen Wladimir Klitschko.

Der Ukrainer steht nämlich für den einzigen Makel in Powetkins Sportlerbiografie. Und das hat gleich zwei Gründe: Zum einen wurde der blonde Russe im August 2011 nach einem Sieg gegen den Usbeken Ruslan Tschagajew nur WBA-Weltmeister, weil Wladimir Klitschko einen Monat zuvor mit dem Erfolg über David Haye die WM-Titel der Verbände IBF, WBO und WBA auf sich vereinigt hatte und zum Superchampion aufstieg; der WBA-Titel dadurch vakant war. Zum anderen hat Powetkin bereits einmal gekniffen. 2010 ließ er einen IBF-WM-Kampf gegen den jüngeren Klitschko platzen. Die offizielle Begründung: Eine eitrige Nasennebenhöhlenentzündung verhindere die Anreise aus Moskau zur Vertragsunterzeichnung und Pressekonferenz nach Frankfurt. Doch Potewkins Trainer Teddy Atlas verplapperte sich später im US-Fernsehen. „Er hätte gegen Klitschko boxen können, aber ich habe entschieden, dass der Kampf zurzeit für Powetkin zu früh käme. Er hat noch nicht die Ringerfahrung.“

Das ist anderthalb Jahre her. Mittlerweile sind einige Kämpfe mehr auf dem Konto des Mannes mit dem Kampfnamen „Sascha“. Bei seiner ersten Titelverteidigung schickte er im Dezember 2011 in Helsinki den 42 Jahre alten US-Amerikaner Cedric Boswell in Runde acht auf die Bretter. Die Fachwelt staunte. Heute sagt Powetkin deshalb: „Ich renne vor niemandem weg. Wenn es die Promoter hinbekommen, werde ich gegen Klitschko boxen.“ Vorher gilt seine ganze Konzentration aber noch dem Kampf gegen Marco Huck. Am Ring in Stuttgart werden dann auch zwei Frauen dabei sein: Mama Powetkin und Tochter Arina (10). „Sie bedeuten mir alles“, verrät der Zar – und damit seine weiche Seite.