Klettert auf der Boulder-Karriereleiter nach oben: Der Stuttgarter Paul Hettich. Foto: Baumann

Ohne Seil und in Absprunghöhe klettern: Bouldern fasziniert immer mehr junge Kletterer.

Stuttgart - Kletterschuhe anziehen, die Hände kurz mit Magnesia bestäuben und schon kann es losgehen: Wenn Paul Hettich den Ruf des Bergs vernimmt, braucht er keine lange Vorbereitung. Als Boulderer klettert der 15 Jahre alte Stuttgarter mit Vorliebe dort, wo Seil- und Sicherungssysteme überflüssig sind – in Absprunghöhe, was etwa maximal drei Meter bedeutet. „Bouldern ist ein gemütlicher Sport“, sagt der Nachwuchskletterer, „auch in der Natur braucht man nicht viel um loszulegen: Matte drunter und auf geht’s!“

Die Herausforderung besteht nicht darin, schwindelerregende Höhen zu erreichen. Viel wichtiger ist es, die Aufgabe, vor die man vom Felsblock (engl.: Boulder) oder von der Kletterwand gestellt wird, taktisch klug anzugehen: „Schon die Züge beim Bouldern sind anders als beim normalen Klettern“, erklärt Hettich, „schließlich gibt es viele Möglichkeiten, den Boulder zu schaffen. Man muss überlegen, wie man seine Züge aneinanderreiht, damit man vorwärts kommt.“

Und die Sache mit dem Vorwärtskommen versteht der junge Stuttgarter ganz gut. Denn er erklimmt nicht nur Felsen und Wände, auch beim Hochklettern auf der sportlichen Karriereleiter zeigt Paul Hettich Talent, Ausdauer und Ehrgeiz. „Anfangs bin ich ganz normal geklettert“, erinnert sich der Sportler, „und in den Anfängerkursen schnuppert man automatisch in alle Disziplinen des Klettersports hinein.“ Genauso beim Kids-Cup, der Wettkampfserie, die der Deutsche Alpenverein (DAV) für junge Kletterer zwischen acht und 13 Jahren ausrichtet. „Da muss man auch Lead- und Speedklettern“, sagt Hettich.

Klettern ohne Seil in Absprunghöhe ist ein noch junger Wettkampfsport

Doch er begeisterte sich schnell fürs Bouldern – auch wenn das Klettern ohne Seil in Absprunghöhe noch ein junger Wettkampfsport ist. „Das merkt man schon daran, dass zurzeit das Regelwerk noch häufig geändert wird. Einen Boulder-Nationalkader gibt es auch noch nicht, der soll erst nächstes Jahr kommen“, erklärt der junge Stuttgarter, „jetzt wird langsam System in die Sache gebracht.“ Und die Chancen stehen gut, dass Paul Hettich einer der Athleten sein wird, die davon profitieren: Denn trotz seines jungen Alters hat er schon für Aufsehen in der Szene gesorgt: 2011 qualifizierte er sich als Vierter der Deutschen Boulder-Jugendmeisterschaft für höhere Aufgaben, im laufenden Jahr ist er schon bei zwei Europacups der Jugend mitgeklettert.

Und noch etwas ist neu seit diesem Jahr: Als A-Junior des Jahrgangs 1996 darf Hettich erstmals bei den Herren an den Start gehen – und hat davon auch schon reichlich Gebrauch gemacht: „Am Wochenende war ich in Überlingen am Bodensee“, erzählt der Boulderer, „und bin dort als jüngster Teilnehmer auf Platz 25 gelandet. Das ist gar nicht mal so schlecht, wenn man bedenkt, dass da Leute mitmachen, die seit zehn oder mehr Jahren im Weltcup dabei sind.“

„Dimitri Scharafutdinow klettert sauber und spektakulär zugleich“

Zu gerne hätte er auch an diesem Samstag mitgemischt, wenn die Stadt, in der er wohnt, für ein Wochenende zum Mekka der Boulderer wird: Die „Adidas Rockstars“, ein Event, bei dem die Top-Kletterer der Szene unter dem Jubel des Publikums zu den Klängen der Livemusik gegeneinander antreten, finden in der Porsche-Arena statt. Nur ohne Paul Hettich: Als Amateursportler hätte er zwar die Möglichkeit gehabt, sich beim Be-a-Rockstar-Wettbewerb eine Wildcard für den Profi-Wettkampf zu sichern, doch für den Veranstalter ist Hettich noch zu jung. Mindestens 16 Jahre alt hätte er am Tag des Events sein müssen, „Adidas Rockstars“ kommt für ihn zwei Monate zu früh. Allzu groß ist die Enttäuschung beim Stuttgarter aber nicht: „Ich freue mich darauf, guten Sport zu sehen“, sagt er. Auch einen Favoriten im starken Teilnehmerfeld hat er schon ausgemacht – den Russen Dimitri Scharafutdinow. „Er klettert sauber und spektakulär zugleich.“

Die Idee des Events, Musik und Klettern zu kombinieren, gefällt ihm: „Eigentlich ist bei jedem Wettkampf irgendwie Musik dabei. Aber dass es Livebands und eine Aftershowparty gibt, ist etwas Besonderes.“ Er selbst hört bei seinen Ausflügen in die Felswand am liebsten Reggae: „Das passt wunderbar zur Natur, und ich gehe auch am liebsten dort bouldern, wo die Natur schön ist.“ Und dann braucht er wieder keine große Vorbereitung: Kletterschuhe an, Magnesia an die Finger und los geht’s. Gefährlicher als andere Sportarten ist Bouldern nicht – auch wenn Paul einen Verband am rechten Fuß trägt. „Da habe ich mir den kleinen Zeh gebrochen“, sagt er, „beim Fußballspielen.“

Der Kletter-Wettbewerb "Adidas Rockstars"

Beim Kletter-Wettbewerb „Adidas Rockstars“ handelt es sich um einen Einladungswettbewerb für die besten Boulderer der Welt, die an diesem Samstag in der Porsche-Arena zu den Klängen der Livemusik gegeneinander antreten. Die Idee dahinter: Jeweils zwei Teilnehmer messen sich gleichzeitig an einer speziell angefertigten Kletterwand. Wer die Boulder-Aufgabe am schnellsten meistert, ist eine Runde weiter. Mit dabei sind der zweimalige Boulder-Weltmeister Dimitri Scharafutdinow (Russland), die zweifache Weltcup-Gesamtsiegerin Akiyo Noguchi (Japan) oder die amtierende Kletter-Weltmeisterin Sasha DiGiulian (USA). Ebenfalls am Start: Die deutschen Top-Boulderer Juliane Wurm (Dortmund), Jan Hojer (Frechen) und Mathias Conrad (Homburg).

Die Wettbewerbe des Elite-Events beginnen am Samstag um 13 Uhr, bereits ab Freitag klettern Amateur-Boulderer bei „Gore-Tex Be-a-Rockstar“ um eine Wildcard für den Profiwettkampf, dessen Finale am Samstag gegen 20 Uhr beginnen soll.

Noch gibt es genügend Karten. Die Tickets kosten zwischen zehn und zwölf Euro und sind unter www.easyticket.de oder per Telefon unter 07 11 / 2 555 555 erhältlich.