Jan-Lennard Struff hat im Achtelfinale der Boss Open in Stuttgart den Amerikaner Tommy Paul besiegt. Foto: dpa/Marijan Murat

Jan-Lennard Struff hat als letzter verbliebener deutscher Tennisprofi in Stuttgart die Chance aufs Halbfinale. Sein Gegner am Freitag ist überraschend nicht die Nummer eins der Setzliste.

Den Druck bei heimischen Tennis-Turnieren, den Olympiasieger Alexander Zverev kürzlich belastete, kennt Jan-Lennard Struff. In Stuttgart hat sich der 33-Jährige davon aber auch bei seinem starken 7:6 (7:4), 7:6 (7:5) am Donnerstag im Achtelfinale gegen den US-Amerikaner Tommy Paul nicht beirren lassen. Im Gegenteil. Am Freitag (nicht vor 17.00 Uhr/ServusTV und Sky) spielt der Sauerländer jetzt bei dem Rasenturnier auf dem Weissenhof gegen den Franzosen Richard Gasquet um den Einzug ins Halbfinale. Der griechische Topfavorit Stefanos Tsitsipas ist überraschend raus.

Es sei schon „sehr aufregend“ in Deutschland zu spielen, räumte Struff ein. „Ich glaube, dass wir deutschen Spieler einfach bei deutschen Turnieren gut spielen wollen. Es ist gut fürs Turnier, wenn ein deutscher Spieler weit kommt. Es ist gut, für uns selbst, wenn wir uns vor heimischem Publikum gut verkaufen können“, sagte Struff, der 2019 in Stuttgart ins Halbfinale kam: „Wenn das ab und zu Druck aufbaut, ist das völlig verständlich. In der Vergangenheit gab es Matches in Deutschland, die ich hätte besser spielen sollen.“

Vor den Zuschauern in München hatte Zverev im April eine überraschende Achtelfinal-Niederlage hinnehmen müssen und diese anschließend mit zu viel Druck begründet. „Ich komme in den letzten paar Jahren nur schwer mit dem Druck klar, in Deutschland zu spielen. Ich bin unfassbar nervös“, sagte der Hamburger vor knapp zwei Monaten: Bei den French Open in Paris hatte Zverev zuletzt in der vergangenen Woche das Halbfinale erreicht. Seine Teilnahme in Stuttgart sagte er wegen einer Oberschenkelzerrung ab.

Stattdessen ruhen die Hoffnungen auf der Anlage des TC Weissenhof auf Struff. Und der Nummer eins der Setzliste geht er nun im Viertelfinale aus dem Weg: Tsitsipas musste sich unerwartet dem französischen Routinier Gasquet 6:7 (8:10), 6:2, 5:7 geschlagen geben. „Ich freue mich aufs Match, es wird ein schwieriges und intensives Match“, sagte Struff.

Das Achtelfinalduell war für Struff die erwartet knifflige Aufgabe

Das Achtelfinalduell mit dem Weltranglisten-16. Paul war für ihn die erwartet knifflige Aufgabe. Viermal hatte er zuvor gegen ihn gespielt, viermal verloren und viermal keinen Satz gewonnen. Diesmal konnte er die Herausforderung gegen den Australian-Open-Halbfinalisten zum ersten Mal entschlüsseln. „Die heimischen Siege fühlen sich super an“, sagte der Weltranglisten-24., als sein Einzug ins Viertelfinale perfekt war. „Ich bin sehr glücklich, wie es läuft - vor allem hier vor heimischem Publikum.“

Struff wirkte von Beginn an entschlossen, spielte aggressiv und schlug oft hervorragend auf. Im zweiten Satz holte er einen Break-Rückstand auf. Den ersten Matchball hatte der Warsteiner bei 6:5, den dritten nutzte er im Tiebreak. Seine insgesamt 21 Asse waren ein entscheidender Faktor.

Harte Arbeit und eine ungestörte, rund zweiwöchige Saisonvorbereitung nannte Struff als Gründe für seinen steilen Aufwärtstrend. Auf Sand hatte der Sauerländer in Madrid erstmals ein Finale bei einem Masters-1000-Turnier erreicht, dann aber bei den French Open in der ersten Runde verloren. „Ich nehme den Schwung gerne mit von den guten Turnieren“, sagte Struff: „Die letzten Monate liefen gut, ich habe viel gespielt, einen guten Rhythmus bekommen.“ Auch der schnelle Rasenbelag kann ihm liegen.