Das Bild zeigt einen mikromechanischen Sensor von Bosch – die Schlüsseltechnologie für das Internet der Dinge. Zum Größenvergleich liegt ein menschliches Haar auf dem Bauteil. Die Silizium-Strukturen in der Mitte des Chips messen Beschleunigung oder Neigung in allen drei Raumrichtungen Foto: Bosch

Das sogenannte Internet der Dinge steht für eine Welt, in der Gegenstände und Sensoren mit Hilfe des Internets miteinander verbunden werden. Das soll viele Vorteile bringen. In den Produktionsstätten, aber auch im Alltag des Verbrauchers.

Berlin - In den Innenstädten und Parkhäusern ist es für Autofahrer oft mühsam, einen freien Parkplatz zu finden. Man muss mehrmals um den Block kurven oder auf verschiedenen Parkebenen suchen, bis man seinen Wagen abstellen kann. Das kostet Zeit, Sprit und Nerven. Doch die zähe Suche hinter dem Lenkrad könnte schon bald der Vergangenheit angehören. Der Stuttgarter Technologiekonzern Bosch will das Parken in Zukunft zeitsparender und bequemer gestalten – mit einer Echtzeit-Karte, die auf internetfähigen Mikrosensoren auf dem Asphalt und an Autos basiert.

Signale vom Straßenboden

Der Plan ist: Die Sensoren auf dem Straßenboden erkennen, wenn über ihnen ein Auto steht oder nicht, und geben diese Information automatisch über das drahtlose Internet an eine Datenbank weiter. Auch die Ultraschallsensoren, die in modernen Autos bereits für die Einparkhilfe eingebaut sind, melden drahtlos freie Parkplätze, sobald das Auto daran vorbeifährt.

Eine Software bündelt die Daten dann zu einem Live-Stadtplan, den der Autofahrer über eine App auf seinem Smartphone oder den Bordcomputer in seinem Fahrzeug abrufen kann. „Unsere Lösung bietet dem Fahrer mehr Komfort und Zeitgewinn“, sagt Bosch-Geschäftsführer Dirk Hoheisel, der für die Automobil-Elektronik zuständig ist.

Die digitale Hilfe bei der Parkplatzsuche wird in diesen Tagen auf einer internationalen Branchenkonferenz zum Thema Internet der Dinge in Berlin vorgestellt. Sie ist lediglich eines von vielen Beispielen, die zeigen, dass die vernetzte Welt nicht nur in die Produktionsstätten von Unternehmen, sondern auch in den Alltag der Menschen dringen wird. „Die Vernetzung ist ein allumfassender Trend, der alle Lebensbereiche betreffen wird“, sagt Volkmar Denner, Vorsitzender der Geschäftsführung bei Bosch.

Ein anderer Themenschwerpunkt beim Internet der Dinge ist das Smart Home, das intelligente Zuhause. Sensoren an Türen oder Fenstern melden dem Nutzer direkt aufs Smartphone, wenn dieser vergessen hat, sie zu schließen. Ein weiteres mögliches Szenario, das mittel- bis langfristig zur Realität werden könnte: Sobald man nach der Arbeit in sein Auto steigt und losfährt, berechnet der Bordcomputer die Zeit bis zur Ankunft im heimischen Domizil.

Eigenständige Kommunikation von Gegenständen und Sensoren

Er sendet die Information dann an eine zentrale Steuerung, die die Heizung schon mal einschaltet und das Garagentor rechtzeitig öffnet. Das alles zeigt: Die Verbindung und eigenständige Kommunikation von Gegenständen und Sensoren durch das Internet kann den Alltag des Verbrauchers vereinfachen und bequemer machen.

Auch für Unternehmen birgt das Internet der Dinge eine große Chance. Wenn Maschinen vernetzt sind, könnten Produktions- und Logistikketten weiter optimiert werden. Bis 2022, so rechnen Experten, wird das Internet der Dinge etwa 420 Milliarden Euro an zusätzlicher Wertschöpfung bringen. Deshalb wollen die Marktführer in Deutschland keinesfalls den Anschluss verpassen. „Die vernetzte Welt ist keine Frage der Zukunft mehr – wir sind schon mittendrin. Wir müssen schneller werden, um die Vorteile und Stärken des Wirtschaftsstandorts Deutschland nicht zu verspielen“, sagt Bosch-Chef Volkmar Denner.

Um alle Dinge miteinander verbinden zu können, müsse man auch lernen, mit Wettbewerbern zusammenzuarbeiten: „Ein Unternehmen allein wird diese Herausforderung nicht meistern können.“

Einen gravierenden Nachteil für europäische Unternehmen im Vergleich zu amerikanischen und asiatischen Konkurrenten sehen Experten bei den rechtlichen Rahmenbedingungen. Bisher haben alle europäischen Länder eigene Daten- und Verbraucherschutzrichtlinien. Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, fordert die Politik deshalb zu einer schnellen Umsetzung der europäischen Datenschutzgrundverordnung auf: „Wir brauchen dringend einen europäischen Binnenmarkt.“ Außerdem müsse das Breitbandnetz ausgebaut werden.

Grillo wünscht sich auch von den Unternehmen zwei Dinge: mehr Kooperationsbereitschaft und Standards für das Internet der Dinge. „Wir brauchen eine weltweit gemeinsame Sprache für die vernetzte Welt“, sagt der BDI-Chef. Man müsse Kräfte bündeln und Parallelstrukturen vermeiden. Vor allem der Mittelstand dürfe sich der vierten industriellen Revolution – der digitalen Vernetzung von Maschinen – nicht verweigern: „Sonst wird die heute so starke mittelständische Industrie Probleme kriegen.“