Der Wechsel von Trainer Marco Rose von Borussia Mönchengladbach zu Borussia Dortmund im Sommer erhitzt vor dem brisanten Viertelfinale im DFB-Pokal weiter die Gemüter – warum ist das eigentlich so?
Mönchengladbach/Stuttgart - Marco Rose hat zuletzt viel über sich und die Gemengelage bei Borussia Mönchengladbach geredet, die ja eng mit seiner Gemengelage zusammenhängt, weil sie ihn in diesem Sommer zu Borussia Dortmund führt. Neben den Bekenntnissen Roses, die alle in die Richtung gingen, dass ihm die Konstellation keine Schwierigkeiten mache und dass er noch Ziele mit Gladbach habe, fiel ein Satz des Trainers auf, der alles auf den Punkt bringt: „Das Spiel gegen den BVB ist von einer immensen Wichtigkeit.“
Rose wollte vor dem brisanten DFB-Pokal-Viertelfinale an diesem Dienstag (20.45 Uhr/ARD) gegen seinen künftigen Arbeitgeber nur den sportlichen Aspekt in den Vordergrund rücken und die persönlichen Dinge nach hinten – ungewollt aber traf Rose den Nagel auch andersrum auf den Kopf. Denn die Wichtigkeit der Partie ist vor allem aus atmosphärischer Sicht unbestritten.
Wende – oder Ende?
Es geht an diesem Dienstag um nicht weniger als den Wendepunkt für die Borussia in die eine oder andere Richtung. Gewinnt Gladbach nach dem jüngsten Negativlauf mal wieder, wird Rose die Unterstellung los, er sei im Kopf schon beim neuen Arbeitgeber, und die Unruhe wäre zumindest ein wenig abgedämpft. Verliert Rose aber, wird der Druck massiv werden – auch für den Manager Max Eberl. Sein Bekenntnis, mit Rose in jedem Fall bis zum Sommer weiterzumachen, wird dann auf eine harte Probe gestellt.
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Was also passiert da alles gerade – und: Ist die geballte Aufregung um den Rose-Wechsel nach Dortmund gerechtfertigt? Ist die Wut vieler Gladbacher Fans verständlich, wenn man die Sache nüchtern analysiert?
Marco Rose wechselt von Gladbach nach Dortmund und damit zu einem Verein, der finanziell mehr zu bieten hat als Gladbach. Und der noch immer, trotz der aktuellen Tabellensituation in der Bundesliga, des Gipfelsturms von RB Leipzig und der großen Möglichkeiten der Roten Bullen, die Nummer zwei im deutschen Fußball hinter dem FC Bayern ist. Rose will als Trainer vorankommen und macht den berühmten nächsten Schritt. Und er macht das, weil ihm das eine Ausstiegsklausel ermöglicht.
Der nächste BVB-Schuss muss sitzen
Wenn Rose also nicht der Böse ist, ist es dann der BVB? Weil Dortmund mit dem Trainertransfer einen Konkurrenten womöglich gezielt schwächt? Fakt ist: Der nächste Schuss auf der Trainerposition muss sitzen bei der Borussia. Nie klappte es dauerhaft nach dem Abschied von Jürgen Klopp im Sommer 2015, aus verschiedensten Gründen.
Wenn die Dortmunder nun also einen Mann holen, von dem sie aufgrund seiner Arbeit in Mönchengladbach, seines Auftretens und des Spielstils überzeugt sind, dann scheint auch das legitim zu sein.
Die andere Richtung
Dass Spieler oder Trainer von einem Club zu einem besser aufgestellten wechseln, um erfolgreicher zu sein und oft auch mehr Geld verdienen zu können, ist ein Phänomen, das den Profifußball und die Bundesliga stets begleitet. Auch Borussia Dortmund weiß das, in die eine wie in die andere Richtung.
Als Mario Götze etwa 2013 mit viel Getöse zum FC Bayern wechselte, da war nicht nur die Wut der BVB-Fans groß – da polterten auch die Verantwortlichen um Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: Bayern will uns bewusst schwächen, das war der Tenor.
Logisches Dortmunder Handeln?
Auch als Robert Lewandowski und später Mats Hummels vom BVB nach München wechselten, standen diese Vorwürfe im Raum, auch wenn sie nicht mehr so laut vorgetragen wurden. Und zumindest im Falle Lewandowskis hätte man aus einem anderen Blickwinkel heraus den FC Bayern wohl irgendwann für verrückt erklärt, wenn der sich nicht um ihn bemüht hätte, wenn er auf dem Markt ist.
Und nun, in der aktuellen Causa des Trainers Rose, lässt sich vielleicht eine Frage in eine ähnliche Richtung stellen: Wäre der BVB, da sich diese Chance nun bot, nicht töricht gewesen, wenn er sich nicht mit einem Topcoach wie Rose befasst hätte?
Der Kreislauf der Liga
Fakt ist: Die einen schwächen stets die anderen, ob bewusst oder unbewusst, weil sie sich selbst stärken wollen. Und es sich leisten können. Das ist der Kreislauf der Liga – den man gut finden kann oder nicht.
Zu beobachten war dieses Phänomen auch vor dem Fall Rose schon einige Male bei der speziellen Verbindung von Borussia zu Borussia. So war der Aufschrei in Gladbach laut, als Torjäger Heiko Herrlich 1995 mit viel Getöse nach Dortmund wechselte. Und auch, als der heutige BVB-Kapitän Marco Reus im Jahr 2012 von Mönchengladbach in seine Heimat nach Dortmund zurückkehrte, waren sie in Gladbach nicht begeistert.
Es geht auch umgekehrt
Andersrum übrigens ging es in den vergangenen Jahren auch – so bediente sich Gladbachs Manager Max Eberl in Dortmund, als es dort für Matthias Ginter und Jonas Hofmann nicht mehr so recht weiterging. Heute sind Ginter und Hofmann anerkannte Führungsfiguren in Mönchengladbach.
Das alles also ist das Geschäft. Mit allen Richtungen, mit allen Emotionen. Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.