Die Rama IV ist eine der wichtigsten Hauptverkehrsstraßen in Bangkok. Foto: Guhlich

Seit der Krise 1997 wächst die Wirtschaft in Thailand beständig. Ein neues Freihandelsabkommen soll dem Land einen weiteren Schub geben – doch die politische Krise verunsichert Investoren.

Seit der Krise 1997 wächst die Wirtschaft in Thailand beständig. Ein neues Freihandelsabkommen soll dem Land einen weiteren Schub geben – doch die politische Krise verunsichert Investoren.

Bangkok - Bangkok brummt. Neben brüchigen Bretterhütten ragen bunte Kräne in die Höhe. Ratternd transportieren sie Eisengitter durch die Luft. Auf den Baustellen in Thailands Hauptstadt arbeiten unzählige Männer bei fast 40 Grad an der Zukunft ihres Landes. Es sind vor allem Apartment-Hochhäuser für die jungen aufstrebenden Thailänder, die seit zwei Jahren zunehmend gebaut werden.

Die jungen Menschen haben oft ein Haus im Umland und kommen zum Arbeiten nach Bangkok. Thailand ist auf dem Sprung: Seit der Krise 1997 ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) beständig gewachsen. Und eigentlich sollte alles nur noch besser werden. Wenn da nicht die politische Krise wäre.

Hoch über den Dächern Bangkoks versuchen thailändische Wissenschaftler und Politiker baden-württembergischen Verbandsmitgliedern und Unternehmern am thailändischen Standort der Friedrich-Ebert-Stiftung die Stärke Thailands klarzumachen. Zusammen mit dem baden-württembergischen Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) ist derzeit eine 41-köpfige Delegation in den aufstrebenden Asean-Staaten Thailand, Indonesien und Malaysia unterwegs.

Auch Minister Schmid kann dem Stau nicht entrinnen

Vor allem das Freihandelsabkommen, das die zehn Asean-Staaten 2015 abschließen wollen, macht das Land für baden-württembergische Investoren interessant. Die Thailänder prahlen nicht gern, sie zeigen Zahlen: Die Arbeitslosenquote liegt bei 0,7 Prozent. Die Inflationsrate ist mit 2,2 Prozent in Ordnung, genauso wie die Staatsverschuldung. Auf der Liste der vielversprechendsten Investitionsstandorte liegt Thailand auf Platz acht – nur zwei Plätze hinter Deutschland.

Im Juli soll es Wahlen geben – vielleicht

Während die Wissenschaftler Zahlen referieren, offenbart sich an einem anderen Ort in Bangkok der Haken an der Sache: Der Minister steht im Stau. Ein Zug von 500 Demonstranten blockiert die Straße. Nils Schmid kommt zu spät zum Vortrag. Seit Dezember versuchen Regierungsgegner in Bangkok die Regierung der Premierministerin Yingluck Shinawatra aus dem Amt zu hieven. Sie werfen der Regierung unter anderem Korruption und Misswirtschaft vor. Viele Demonstrationen, Verletzte, einige Tote und zwei ungültige Wahlen später ist die Lage immer noch unübersichtlich. Die Regierung hat die Geschäfte inne, ist aber weitgehend handlungsunfähig. Für Juli sind erneut Wahlen angedacht. Ob sie jedoch Frieden bringen, ob sie überhaupt stattfinden werden, ist ungewiss.

Thailand gewinnt für die Autoindustrie an Bedeutung

Prompt sind die Wachstumsprognosen für Thailand nach unten korrigiert worden. Statt eines Anstiegs des BIP von vier bis fünf Prozent rechnet der Staat nach Angaben des stellvertretenden Staatssekretärs Thanin Pa-em nun mit einem Wachstum von drei bis vier Prozent. Trotz der unsicheren politischen Situation sei die thailändische Wirtschaft grundsätzlich robust, sagt er: Thailand ist stark am Export orientiert. Deutschland ist für Thailand der wichtigste Handelspartner innerhalb der EU. Darum wirbt der thailändische Handelsminister Niwatthamrong Bunsongphaisan dafür, bei den Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen zwischen Thailand und der Europäischen Union nicht nachzulassen. „Wir müssen dieses Abkommen voranbringen“, sagt Niwatthamrong Bunsongphaisan im Gespräch mit Schmid. Der Minister bezeichnet Thailand inzwischen als „Stuttgart Asiens“. Und das nicht, weil er im Stau steht: Thailand gewinnt an Bedeutung in der Automobilindustrie. Mit 2,5 Millionen produzierten Einheiten liegt Thailand auf der Liste der weltweit größten Autoproduzenten auf Platz neun – Tendenz steigend. „Darum wird Thailand für alle baden-württembergischen Firmen, die in der Automobilindustrie tätig sind, wichtiger werden“, sagt Peter Kulitz, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK), im Wirtschaftsministerium in Bangkok. „Alles hängt nun davon ab, wie sich die politische Krise im Land entwickelt.“

Draußen tönen die Baumaschinen weiter, und das Land hofft, dass dies weiterhin auch für seine Wirtschaft gilt: Thailand brummt.