Der Vertriebsleiter der Bonus-Märkte will mit seiner Idee die Lücken in der Nahversorgung schließen Foto: Leif Piechowski

Seit Jahren ist bekannt, dass 130 000 Stuttgarter von der fußläufigen Versorgung mit Lebensmitteln abgehängt sind. Seitdem ist die Stadt auf der Suche nach einer Lösung.

Stuttgart - 55 Seiten beidseitig bedrucktes DIN-A4-Papier mit dem Titel Nahversorgung konkret wurde den Stadträten unlängst präsentiert. Darin legen die Beratungsgesellschaft Cima und die Unternehmensberatung Handel (UBH) dar, was vorher schon klar war: Nämlich, wo es in der Stadt mit der Nahversorgung klemmt. Mindestens zwölf Brennpunktbezirke sind seit langem ausgemacht. Seither wird versucht mit Wochenmärkten, mobilen Lösungen sowie Ortsbussen dem Problem Herr zu werden. Doch selbst in der Verwaltung haben manche eingesehen, dass diese Konzepte nur bedingt tragfähig sind. Das bedeutet: Die Pflicht zur kommunalen Daseinsvorsorge wäre nur teilweise erfüllt.

Daher grantelte Hans H. Pfeifer in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses: „Da ist ja viel guter Wille drin. Aber wir von der SPD wollen nicht noch eine weiteres Gutachten und noch eine Expertise, wir wollen jetzt endlich Konkretes.“ Der frühere City-Manager will Lösungen des Nahversorgungsproblems. Er will, dass sie Stadt für die Nahversorgung Finanzmittel bereitstellt, so wie es andere Städte, zum Beispiel München, längst vormachten.

Weitere Studie in Auftrag gegeben

Tatsächlich brachten die Räte im Wirtschaftsausschuss nun beides auf den Weg: Insgesamt 60 000 Euro für eine weitere Studie, die prüfen soll, ob sich zum Beispiel in Zuffenhausen Ortsbusse lohnen. Und ein Pilotprojekt im Stadtteil Wolfbusch/Weilimdorf. Dort soll nun ein so genannter Bonus-Markt light entstehen, für den jedoch weitere 70 000 Euro Einrichtungszuschuss nötig wären.

Dieser Bonus Markt nennt sich light (eng.: leicht), weil er laut Bonus-Vertriebsleiter Hans-Jürgen Beier „nur ein abgespecktes Waren-Sortiment hat“. Daher dürfte dieses Pilotprojekt nicht auf alle unterversorgten Stadtteile- und Bezirke eine passende Lösung sein.

Aus diesem Grund hat der Bonus-Vertriebschef der Stadt nun ein weiteres Konzept aus dem Hut gezaubert. Beier nennt es Bonus To-Go. Was verbirgt sich dahinter? Beier: „Eine kleine Einheit mit 50 oder 80 Quadratmetern Fläche, die das Allernötigste wie zum Beispiel das oft vergessene Salz oder ein kleines Frischwaren-Sortiment im Angebot hat.“

In Vaihingen könnte Pilot-Laden entstehen

Der Clou an der Geschichte sei jedoch, dass die Kunden im Laden an einem Computer unter Anleitung aus einem Vollsortiment mit 15 000 Artikeln auswählen und bestellen können. Dieser Einkauf wird dann am nächsten Tag ausgeliefert. „Diese Kunden wären keine Smartphone-Kunden“, sagt Beier. Also keine Konsumenten, die übers Internet einkaufen. Eher solche, die Bonus jetzt schon kennt: Ältere Herrschaften, die manchmal auch dreimal am Tag in den Laden kommen, um ein Schwätzchen zu halten. „Um dem Bedürfnis nach sozialen Kontakte nachzukommen“, so Beier, „könnte ich mir auch kleines Nachbarschafts-Café in den Läden vorstellen.“

Nach ersten Gesprächen mit der Stadt könnte in Vaihingen ein Pilot-Laden für das Bonus-To-Go-Projekt entstehen, der vom großen Basis-Bonus-Markt in Rohr beliefert wird. Beier benötigt dafür jedoch etwa 10 000 Euro Investitionszuschuss für die Ladeneinrichtung und Computerausstattung. Beier ist optimistisch, dass beide Konzepte – Bonus-Light und Bonus-To-Go – die Nahversorgungsprobleme der 130 000 Stuttgarter lösen: „Wir könnten diese Konzepte über die ganze Stadt multiplizieren.“ SPD-Stadtrat Pfeifer, der dem Vorhaben positiv entgegen steht, würde wohl sagen: Dafür muss man aber etwas Geld investieren.