Die Gegend rund um die Wolfgang-Brumme-Allee hat sich in den vergangenen 60 Jahren sehr verändert. Foto: Stadtmessungsamt Stuttgart, Montage Klöpfer/Weber

In den Einkaufszentren an der Wolfgang-Brumme-Allee in Böblingen kann man heute nach Herzenslust shoppen. In 1955 sah es hier noch ganz anders aus, wie ein Luftbild zeigt.

Böblingen - Wer heute die Wolfgang-Brumme-Allee entlangschlendert, dem fällt es vielleicht schwer zu glauben, dass diese nur wenig attraktive Straße für Besucher Böblingens einst ein absolutes Highlight darstellte. Denn hier konnte man nach Herzenslust einkaufen, schlendern und die Freizeit genießen. Der Grund war eines der modernsten Einkaufszentren Süddeutschlands, das in den 1960er Jahren hier errichtet wurde.

Blickt man auf das Luftbild aus dem Jahr 1955, ist davon allerdings noch nicht viel zu sehen, im Gegenteil: „Die Wiesenfläche im dortigen Gewann ,Im Tal‘ war sehr sumpfig“, sagt Dietmar Weber, der Abteilungsleiter Stadtentwicklung und Stadtgestaltung in Böblingen. Daher habe man dort lange nicht gebaut. Nachdem die Stadt die zwei Hektar große Fläche erworben hatte, begannen das Kaufhaus Hertie und das Modecenter Krauß im Jahr 1965 mit dem Bau eines Einkaufszentrums nach amerikanischem Vorbild – modern und zentral statt auf der grünen Wiese sowie mit einer Mischung aus größeren und kleineren Geschäften. „Es war eines der ersten Einkaufszentren in Süddeutschland“, sagt Weber.

Böblingen hatte sich damit beinahe über Nacht zu einer regelrechten Einkaufsstadt gemausert. 25.000 Quadratmeter Geschäftsfläche lockten täglich unzählige Kaufwillige aus dem ganzen Umland nach Böblingen, das Geschäft brummte. Positiv wirkte sich auch die unmittelbare Nähe zum Bahnhof und zum Busbahnhof aus, der direkt gegenüber lag, auf dem Areal des heutigen Einkaufszentrums Mercaden. 1967 war der Bau schließlich vollendet. Am 27. Oktober desselben Jahres wurde im Herzen des Kaufzentrums auch eine Filiale des Modehauses Zinser eröffnet. Das heutige City-Center auf der gegenüberliegenden Straßenseite kam erst im Jahr 1980 dazu.

Wolfgang-Brumme-Allee hieß ursprünglich Sindelfinger Allee

Dem Problem des sumpfigen Untergrunds entgingen die Konstrukteure des Kaufzentrums, indem sie auf eine Tiefgarage verzichteten. Stattdessen wurden die für das Einkaufszentrum notwendigen Parkplätze und Anlieferflächen in das Erdgeschoss des Komplexes integriert. Die Geschäfte verlegte man in die Obergeschosse, legte eine Passage an und verband sie mit einer Brücke mit der anderen Straßenseite. „Damals dachte man, das sei die Lösung schlechthin“, sagt Weber, denn damit hatte man den Fußgänger- vom Straßenverkehr räumlich getrennt. Dies erwies sich allerdings auf lange Sicht als Trugschluss. „Wo keine Menschen sind, kommt es irgendwann zur Verwahrlosung.“ So auch in der Wolfgang-Brumme-Allee, die ursprünglich Sindelfinger Allee hieß.

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Der Niedergang des Kaufzentrums und damit der Einkaufsstadt Böblingen kam schleichend. In der Umgebung schossen immer neue Konkurrenten aus dem Boden, das Breuningerland in Sindelfingen beispielsweise. Damit verlor das Kaufzentrum nach und nach sein Alleinstellungsmerkmal – und je mehr Zeit verging, desto altbackener wirkte es auch. Man hätte modernisieren müssen, sagt Dietmar Weber. „Da haben die Eigentümer aber den richtigen Zeitpunkt verpasst und der Zug ist abgefahren.“

Grund dafür seien die bis heute bestehenden schwierigen Eigentumsverhältnisse, hatten die einzelnen Geschäfte ihre Verkaufsflächen im Kaufzentrum damals doch nicht gemietet, sondern gekauft. Nun stehen nicht nur die Stadtplaner, sondern auch potenzielle Investoren einer großen Zahl an Eigentümern gegenüber, die sich nicht immer einig sind. Doch Böblingen ist auf dem Weg zurück zur Einkaufsstadt: Mit der Verlegung des Busbahnhofs und der Eröffnung des Mercaden im Jahr 2014 habe Böblingen wieder an alte Zeiten angeknüpft und könne ein modernes Einkaufserlebnis bieten, sagt Dietmar Weber.

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