Die Stadtchefs Lützner (li.) und Vöhringer beim Interview-Termin im September 2011. Foto: dpa

Die Vor- und möglicherweise auch Nachteile einer Fusion von Böblingen und Sindelfingen werden wissenschaftlich untersucht. Die Städte vergeben einen 30.000-Euro-Auftrag an die Hochschule Kehl.

Böblingen/Sindelfingen - Die Vor- und möglicherweise auch Nachteile einer Fusion von Böblingen und Sindelfingen werden wissenschaftlich untersucht. Das Gemeinsame Gremium der Nachbarstädte hat am Montag die Hochschule für öffentliche Verwaltung im badischen Kehl mit einer sogenannte Vorstudie beauftragt. Das Team um Prorektor Jürgen Kegelmann soll Fakten für die weitere Diskussion um den Zusammenschluss der Städte liefern. Die Kosten von rund 30.000 Euro werden brüderlich geteilt. Das Ergebnis der ersten kleinen Studie zur Doppelstadt soll im Mai 2013 vorliegen.

Was sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen Zusammenschluss, welche gesetzlichen Aufgaben kommen bei einer Kommune mit über 100.000 Einwohnern dazu, lässt sich Rathaus-Personal einsparen? Das sind einige der Fragen, die Kegelmann und sein Team aus vier weiteren Professoren von der Kehler Hochschule beantworten sollen. Es geht um Organisations- und Finanzstrukturen, und um einen Vergleich mit ähnlich großen Städten wie Pforzheim oder Reutlingen und dem 1974 zwangsfusionierten Villingen-Schwenningen. Kurzum: Vor- und Nachteile, Chancen und Risiken einer Doppelstadt sollen mit Daten und Fakten hinterlegt werden.

Eine interessante Aufgabe, meint Kegelmann. Denn in den vergangenen Jahren hat es zwar etliche freiwillige Zusammenschlüsse von kleinen Kommunen im Land gegeben, aber keinen von zwei Großen Kreisstädten wie Böblingen und Sindelfingen.

„Der Weg wird steinig und holprig“

Mit großer Mehrheit (15-Ja-Stimmen) hat das am Montag im Böblinger Rathaus tagende Gemeinsame Gremium die Studie in Auftrag gegeben. Vier Stadträte waren dagegen, zwei enthielten sich. Die Untersuchung, das betonten die Stadtchefs, Wolfgang Lützner (Böblingen) und Bernd Vöhringer, soll ergebnisoffen sein. Erwartet werden Entscheidungskriterien fürs weitere Vorgehen. „Wir machen einen Schritt nach dem anderen“, sagte Lützner (52). Und Vöhringer (43) weiß wegen der Kritiker unter den Stadträten: „Der Weg wird steinig und holprig.“

Die Doppelstadt-Debatte war durch ein Interview unserer Zeitung mit den Oberbürgermeistern Lützner und Vöhringer (beide CDU) in Bewegung geraten. In dem Ende September 2011 veröffentlichten Gespräch waren sich Lützner und Vöhringer einig gewesen, dass die Doppelstadt eine deutlich bessere Position im Wettbewerb der Kommunen hätte.

Einigkeit herrschte auch darin, in einem ersten Schritt die Gewerbesteuer-Einnahmen in einen Topf zu werfen. Damit könnten Schwankungen beim Steueraufkommen besser ausgeglichen werden. Sindelfingen, Standort des weltweit größten Mercedes-Werks, ist stark von der Daimler AG abhängig und bekommt von dem Unternehmen teils sehr viel Geld, teils aber gar nichts. Böblingen hat mehr Mittelständler, die weniger, aber konstanter bezahlen.

Böblingen-Sindelfingen wäre mit rund 110.000 Einwohnern nach Stuttgart die zweitgrößte Kommune der Region. Das an der A 81 liegende Flugfeld wird bereits gemeinsam aufgesiedelt. Das 80 Hektar umfassende Wohn- und Gewerbegebiet ist die größte Entwicklungsfläche in der Region nach dem Stuttgart-21-Areal.