Für Bobpilot Friedrich (re.) gibt es Wichtigeres als Weltcup-Siege in Serie: Am Ende zählen nur Medaillen Foto: dpa

Fünf oder sechs Weltcup-Siege in Folge? Für Francesco Friedrich spielt eine derartige Serie keine große Rolle. Der 25 Jahre alte Bobpilot aus Oberbärenburg hat höhere Ziele.

Königssee - Francesco Friedrich dominiert den Bob-Weltcup derzeit wie der FC Bayern die Fußball-Bundesliga: Fünf der ersten sechs Rennen hat er gewonnen. Das macht glücklich, aber nicht zufrieden. Denn genug ist nicht genug. Für Friedrich zählen vor allem die Goldmedaillen bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen. Darauf richtet er sein Handeln aus. Tatkräftig unterstützt wird er von Bundestrainer Christoph Langen, der während seiner Karriere als Fahrer ebenso dachte wie jetzt Friedrich – Langen wurde zweimal Olympiasieger und siebenmal Weltmeister.

Zwei WM-Titel hat Friedrich schon eingefahren. Im Zweier. Genauso häufig stand Maximilian Arndt im Vierer ganz oben. Trotzdem richtet sich im deutschen Bobteam alles auf Friedrich aus. Der 1,83 m große und 92 kg schwere Modellathlet verkörpert, was ein moderner Bobfahrer braucht. Er ist am Start enorm athletisch und agiert an den Steuerseilen mit unglaublich viel Feingefühl. „Dass wir am Start ganz vorne mit dabei sind, war uns klar“, sagt Anschieber Thorsten Margis, „dass Franz an den Lenkseilen aber noch einmal einen gewaltigen Schritt gemacht hat, damit war nicht unbedingt zu rechnen.“ Kleine Fehler, wie sie Friedrich am Sonntag im ersten Lauf des Vierer-Rennens am Königssee unterlaufen sind, waren diese Saison die Ausnahme.

„Wir haben in Francesco Friedrich unsere Speerspitze“, sagt Bundestrainer Langen, „Maximilian Arndt und Nico Walther testen regelmäßig Material.“ Über diese Rollenverteilung war Arndt – zumindest am Königssee – nicht so glücklich: „Wir haben ein paar Sachen probiert, deshalb war’s für uns ein bisschen schwer.“ Dagegen machte Friedrich Druck: „Wir müssen jetzt nach und nach ein paar Updates in die Schlitten bringen.“ Sein Blick richtet sich nicht nur auf die WM Mitte Februar in Innsbruck-Igls, sondern schon auf Olympia 2018 in Pjöngjang. Deshalb sollen bei den Rennen in den USA und Kanada Anfang Januar neue Teile an die Schlitten kommen: „Und zum nächsten Winter muss ein ganz großer Schritt folgen.“

Das Duo Friedrich und Langen setzt auf Kontinuität

Eine Sonderstellung, wie sie Friedrich zugestanden wird, kann auch Nährboden für heftigen Zwist sein. Doch auf den Sachsen ist keiner im deutschen Team böse oder eifersüchtig. Schließlich übernimmt Friedrich sogar noch die Rolle des Vermittlers zwischen Langen und Arndt, die nicht gut miteinander können. Insgesamt bildet das Fahrerteam, zu dem noch Zweier-Vizeweltmeister Johannes Lochner gehört, eine perfekte Einheit – vergleichbar mit den Musketieren: Einer für alle, alle für einen.

Der Teamspirit lässt sich auch auf anderer Ebene erkennen. Vor drei Wochen hatte Friedrich auf die DM-Teilnahme verzichten müssen, weil seine komplette Anschieber-Crew entweder krank oder verletzt war. Ohne die Unterstützung durch Konkurrent Arndt könnte er immer noch nicht antreten. Zumindest im Vierer. Zuerst lieh der Oberhofer ihm seinen Bremser Martin Putze aus, am Sonntag war’s Alexander Rödiger. Doch Besserung ist in Sicht. Candy Bauer wird nach einem Muskelfaserriss, den er sich bei einem Startmalheur in Winterberg zugezogen hat, mit zu den Überseerennen fliegen.

Ansonsten setzt das Duo Friedrich und Langen auf Kontinuität. „Bei Franz basteln wir nicht groß rum“, sagt der Coach, „er soll jetzt Kilometer machen. Das gibt ihm Sicherheit.“ Auch in der Athletik sieht Ex- Leichtathlet Friedrich noch Potenzial, sogar kurzfristig: „Unser Trainingsaufbau ist so gestaltet, dass wir noch einen draufsetzen können.“ Was für die Bahn in Igls ein großer Vorteil wäre, dort sind die Starts besonders wichtig. Deshalb macht Friedrich für die WM eine ganz einfache Rechnung auf: „Wenn jeder von uns am Start eine Hundertstel Verbesserung bringt, sind das im Zweier zwei Hundertstel und im Vierer vier.“ Eine Aussicht, die ihn zuversichtlich stimmt, auch wenn seine Ziele hoch gesteckt sind: Die Titelverteidigung im Zweier ist Pflicht, der Sieg im Vierer wäre die Kür.