Lucia Hoffmann ertastet einen glitzernden Stern Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Riechen, fühlen, schmecken und hören: Lucia Hoffmann, Journalistin und derzeit Praktikantin in der Redaktion der Stuttgarter Nachrichten, erkundet die Angebote auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt mit ihren Händen und ihrer Nase.

Stuttgart - 18.47 Uhr, abends auf dem Weihnachtsmarkt. In der Auslage, die ich mit meinen Händen erkunde, liegen Seifen aus Ziegenmilch ausgebreitet. Ich nehme eine Seife in die Hand. Der Duft von Kakao strömt mir in die Nase. Die Seife ist mit einem Bastband umwickelt und sieht aus wie ein kleiner Geschenkwürfel. Sie ist aus Ziegenmilch mit Kakao und Preiselbeeren, erklärt mir die Verkäuferin in der liebevoll gestalteten Holzhütte.

Ich befinde mich mitten im finnischen Weihnachtsdorf auf dem Weihnachtsmarkt in Stuttgart. Als blinde Touristin gehe ich gerne auf verschiedene Weihnachtsmärkte und erkunde, was es dort zu hören, zu riechen, zu ertasten und zu schmecken gibt. Und lasse mich dabei von meinen Sinnen verführen. In dem Finnischen Weihnachtsdorf gibt es viel zu essen und zu trinken. Es riecht nach gebratenem Lachs und nach Glögi. Der finnische Glühwein muss eine besondere Spezialität sein. Um die Bude stehen die Leute dicht gedrängt. Die Stimmung ist heiter und ausgelassen. Nach einigen Minuten habe ich mich zur Bude vorgearbeitet und probiere einen Preiselbeerpunsch ohne Alkohol. Er schmeckt süß und sehr fruchtig. Das warme Getränk wärmt mich von innen.

Es ist wirklich sehr viel los in der Stadt. Die Leute lachen und unterhalten sich angeregt in kleinen Grüppchen. Ich gehe vorbei an der Stiftskirche. Diese erkenne ich sofort an ihrem vollen Geläut. Das Durchfragen zum Marktplatz gestaltet sich als eine mittlere Herausforderung. Hier im Weihnachtsmarktgetümmel ist für mich die selbstständige Orientierung mit meinem Stock nahezu unmöglich. Zumindest nach der Richtung muss ich öfter mal fragen.

Auf einmal stoße ich mit meinem Kopf an etwas Weiches. Ich greife nach oben. Es fühlt sich an wie Trichter aus Glanzfolie. Zacken hängen von oben herunter, und diese sind an den Enden zusammengetackert. Ich bin neugierig, was das wohl sein könnte. Ein Passant neben mir erklärt, dass es sich um Sterne aus bunter Glitzerfolie handelt, die man gut als Dekorationsobjekte verwenden kann. So stoße ich immer wieder auf neue Sachen, die ich noch nicht kannte oder mir so nicht vorstellen kann. Öfter mal etwas Neues.

Mit meinen Händen erkunde ich die schön gestaltete Auslage an einem Kerzenstand: Tannenzapfen und -zweige machen deutlich: Hier hat jemand Liebe zum Detail bewiesen. Bei einer Kerze ziehen zwei kleine Bienen meine Aufmerksamkeit auf sich. Solche Stände mag ich besonders. Mit meinen Händen kann ich mir viel ansehen, werde aber zusätzlich auch mit schönen Gerüchen verwöhnt. Auch beim nächsten Stand, einem Tee- und Gewürzstand kommt meine Nase voll auf ihre Kosten. Hier gibt es „Schlumpftee“, einen „Arabischen Zauber“ oder „Knusperhäuschen“. Ich schnuppere mich ein bisschen durch das Sortiment und entscheide mich dann für einen Weihnachtstee.

Langsam wird es mir kalt. Am nächsten Stand habe ich Glück. Es gibt gestrickte und gefilzte Wollsachen. Bei einem Loop mit Zopfmuster lässt sich die Struktur der Wolle und das Muster besonders gut fühlen. Ich frage nach den Farben. Wenn diese nun auch noch stimmen, könnte dies mein neues Accessoire werden.

Da ich noch über einen ganz geringen Sehrest verfüge, mit dem ich hell und dunkel und leuchtende Farben erkennen kann, mag ich besonders bunte Wollsachen sehr gerne. Inzwischen wird es immer voller. Menschen laufen dicht an dicht gedrängt durch die Gässchen. Dem Duft gebrannter Mandeln kann ich nicht widerstehen, und auch zum Händewärmen sind sie bestens geeignet. Ich beschließe, meinen Weihnachtsmarktbesuch mit einer Tüte Honigmandeln mit Lebkuchengewürz zu beenden, und trete Mandeln knuspernd den Weg zur U-Bahn an.

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