Die Kardinäle und Bischöfe debattieren in der Synodenaula des Vatikan. Foto: dpa

Bis zum 25. Oktober tagt im Vatikan die Weltbischofssynode. Die Oberhirten diskutieren und ziehen hinter den Kulissen ihre Strippen. Viel mehr ist nicht zu erwarten, meint unser Kommentator.

Stuttgart - In diesen Tagen ist viel vom Scheitern die Rede. CSU-Chef Horst Seehofer warnt vor dem „grandiosen Scheitern“ Deutschlands und Europas in der Flüchtlingskrise. Viele Bürger, die quasi über Nacht mit vielen neuen und fremden Nachbarn konfrontiert werden, fürchten sich vor dem, was die Zukunft bringen könnte. Auch in Rom, wo bis zum 24. Oktober die Familiensynode tagt, sehen viele Kardinäle und Bischöfe die katholische Kirche am Scheideweg. Geht es um „Alles oder Nichts“, wie die deutschen Synodenvertreter unken? Ist die Kirche eingezwängt zwischen „apokalyptischen Bestien“ – dem Götzendienst westlicher Freiheit und dem islamischen Fundamentalismus, wie der konservative Kurienkardinal Robert Sarah aus Guinea meint?

Die Kirche ringt um ihren Kurs

Die katholische Kirche ringt um ihren Kurs. Das tut sie eigentlich immer – genauso wie die im Vatikan diskutierten Themen Ehe und Familie, Scheidung und Homosexualität sie Tag für Tag umtreibt. Nur sind die Erwartungen an das dreiwöchigen Treffen in den vergangenen Monaten so hochgeschraubt worden, dass aus einem Meinungsaustausch und einer Bestandsaufnahme eine Debatte um Alles oder Nichts wurde. Der Brief der 13 konservativen Kirchenmänner an Papst Franziskus, in dem sie das Vorgehen der Synode kritisieren und vor den Folgen einer Abkehr von der reinen Lehre warnen, passt in diese aufgeladene Atmosphäre.

Dabei ist es völlig normal und legitim, dass Befürworter und Gegner von Reformen alle Mittel nutzen, um für ihre Position zu werben. Die einen wenden sich an die Öffentlichkeit, andere gehen informelle Wege, wieder andere lancieren vermeintlich private Briefe an die Medien. Indiskretionen, Intrigen und Manipulationen sind Teil der Dramaturgie solcher Veranstaltungen. Genauso wie das Aufbauschen von Beschlüssen und Dokumenten, die vermeintlich über das Wohl und Wehe der Kirche entscheiden sollen.

Lasst die Kirche im Dorf!

Lassen wir die Kirche im Dorf! Weder der Papst noch die Bischöfe wollen eine Revolution anzetteln. Weder wird die Sexualmoral revidiert noch die Geschichte der Kirche neu geschrieben. Allenfalls ein paar Reförmchen sind zu erwarten – und die auch nur in homöopathischer Dosis. Die zentrale Frage der Synode ist nicht, welche der Fraktionen am Ende den Tonfall des Abschlussdokuments bestimmt. Hier geht es um taktisches Geplänkel und Wortklauberei. Doch die zentrale Frage ist eine ganz andere: Wie kann die Weltkirche die vielen unterschiedlichen regionalen Traditionen, Lebens- und Glaubensweisen unter einen Hut bringen, ohne dabei ihre Identität zu verlieren?

Die Einheit in Vielfalt war schon immer eine der großen Stärke der katholischen Kirche. Ohne den gestrengen römischen Zentralismus und die Lebendigkeit der Ortskirchen ist sie genauso undenkbar wie ohne die verbindliche Lehre. An deren Grundfesten ist nicht zu rütteln, weil sonst das ganze Gebäude in sich zusammenzubrechen droht.

Kein Jota der Lehre wird in Frage gestellt

Wie viel Veränderung ist nötig, wie viel Unveränderlichkeit ist möglich? Der Papst steht exemplarisch für dieses grundlegende Dilemma. Franziskus ist progressiv in der Soziallehre und konservativ in der Sexualmoral. Er ist ein eminent politischer Papst, der die Kirche als Vorkämpferin für Frieden, Gerechtigkeit und Menschenrechte sieht. Zugleich gibt er sich offen und selbstkritisch, wirbt für einen anderen Umgang mit Homosexuellen, mit gescheiterten Ehen und Familien sowie für einen differenzierten Blick auf Biografien und deren Brüche. Sein freundlicher und wertschätzender Tonfall sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass er genauso wenig wie die in Rom versammelten Bischöfe auch nur ein Jota der Lehre in Frage stellt. Ein bisschen Puder, Rouge und Schminke – das war’s.