Roland Koch steht im Mai auf der Hauptversammlung des Bilfinger-Konzerns vor dem Firmenlogo – jetzt hat er seinen Rückzug angekündigt Foto: dpa

Zu großer Ehrgeiz und zu ambitionierte Ziele sind die Hauptgründe für das Scheitern des früheren hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch als Vorstandschef des Mannheimer Bau- und Dienstleistungskonzerns Bilfinger.

Frankfurt - „Auslöser für seinen Rückzug war die zweite Gewinnwarnung innerhalb von kurzer Zeit“, sagte Bilfinger-Aufsichtsratschef Bernhard Walter am Dienstag in Frankfurt. „Herr Koch hat die politische Verantwortung übernommen“. Die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen zu Koch seien erschüttert.

Er, so Walter, habe Koch am Wochenende bei einem „finalen“ Gespräch geraten, nach gut drei Jahren an Spitze seinen Rücktritt zu erklären. Die Anteilseigner schlagen dem Aufsichtsrat, der am Donnerstag tagt, vor, Kochs Rücktritt anzunehmen. Kommissarischer Nachfolger wird Kochs Vorgänger Herbert Bodner. Möglichst schnell will Walter jetzt intern und extern nach einem neuen Chef suchen. Es könne auch eine Frau sein.

Walter sieht in den Ereignissen bei Bilfinger keinen Beleg dafür, dass ein Wechsel von Politikern in die Wirtschaft wenig Sinn mache. „Man kann nicht sagen, dass das ein gescheitertes Experiment ist“, sagte der frühere Chef der Dresdner Bank. Er würde sich mehr Wechsel in beide Richtungen wünschen. Er bereue nicht, dass er Koch vor drei Jahren zu Bilfinger geholt habe. Der Aufsichtsrat habe die Berufung im Übrigen einstimmig begrüßt. Walter könnte sich zudem durchaus vorstellen, dass wieder ein Ex-Politiker bei Bilfinger das Sagen haben könnte. Die Wahrscheinlichkeit dafür hält er aber für gering. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass auf der Kandidatenliste für unser Unternehmen wieder ein Politiker auftaucht“.

Walter zufolge hat Koch bei Bilfinger eigentlich alles richtig gemacht. „Wir waren nie auseinander. Die Strategie hat gestimmt und sie stimmt weiter“. Das Geschäftsmodell von Bilfinger sei tragfähig und nachhaltig. Dies werde auch vom Aufsichtsrat voll getragen. Auch der derzeitige Umbau des Unternehmens zum Bau- und Servicekonzern verbunden mit der Streichung von rund 1250 Arbeitsplätzen werde uneingeschränkt umgesetzt. Walter dankte Koch noch einmal ausdrücklich für seine Arbeit.

Walter zufolge waren die von Koch gesetzten und vom Aufsichtsrat gebilligten Gewinnziele zumindest zum Teil zu ehrgeizig. Zudem habe es „marktbedingten“ Gegenwind gegeben. Letztlich aber hätten zwei Gewinnwarnungen in kurzer Zeit den Ausschlag gegeben. „Das hat zu einem Vertrauens- und Glaubwürdigkeitsverlust geführt“.

Beides soll Bodner jetzt wieder herstellen und Ruhe in den Konzern bringen. Am 30. Juni hatte Bilfinger eine Gewinnwarnung herausgegeben, am Montag wurde die nächste veröffentlicht nachdem Bilfinger einen wichtigen Kraftwerksauftrag aus Südafrika nicht erhalten hatte. Walter zufolge hat der Konzern im ersten Halbjahr aber schwarze Zahlen geschrieben. 2013 hatte Bilfinger einen Nettogewinn von 162 Millionen Euro verbucht, 30 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Nach den neuesten Schätzungen sollen es im laufenden Jahr bei einem Umsatz von 8,7 Milliarden Euro zwischen 205 und 220 Millionen Euro sein.

Weil es Walter zufolge eigentlich „keinen wichtigen Grund“ für das Ausscheiden von Koch gibt, wird dieser für den Rest seiner eigentlichen Vertragslaufzeit bis 29. Februar 2016 seine vollen Bezüge erhalten. Im vergangenen Jahr hatte Koch insgesamt 2,35 Millionen Euro erhalten, seine Abfindung dürfte sich damit auf etwa 3,75 Millionen Euro belaufen.