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Offene Baustellen gibt es im Bildungsbereich viele. Die Kultusministerin setzt auf Zusammenarbeit.

Stuttgart - Offene Baustellen gibt es im Bildungsbereich viele. Kultusministerin Marion Schick (CDU) und die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Doro Moritz, wollen sich gemeinsam an die Arbeit machen.

Eine Stunde Zeit haben sich Kultusministerin Marion Schick und die GEW-Landeschefin für ihr erstes Gespräch genommen. Anschließend traten sie am Mittwochnachmittag gemeinsam vor die Presse - eine Neuheit. Zwischen Schicks Vorgänger Helmut Rau (CDU) und Moritz war das Verhältnis eher distanziert bis gespannt. Auf Ankündigungen des Ministers folgte in der Regel postwendend eine kritische Pressemitteilung der Bildungsgewerkschaft, und Rau warf der Lehrervertretung ebenso regelmäßig vor, sie betreibe eine ideologische Schulpolitik. Äußerst selten trafen sich Moritz und Rau zum Gespräch - was an beiden Seiten gelegen habe, so Moritz.

Lehrer sollen sich fortbilden

Doch nun scheint eine neue Zeit anzubrechen. Schick, vor fünf Wochen von München nach Stuttgart berufen, um die Bildungspolitik der Landesregierung besser zu kommunizieren, sucht das Gespräch mit allen Beteiligten. Mit Schülern und Eltern, die unter anderem über zu viel Leistungsdruck und Unterrichtsausfall klagen. Und mit den Lehrern, die an den Schulen das umsetzen sollen, was die Landesregierung beschlossen hat. Und nicht immer ausreichend darauf vorbereitet sind.

Die Lehrerbildung war denn auch das Thema, dem sich die beiden Expertinnen bei ihrer ersten Begegnung am intensivsten widmeten. "Nur gemeinsam mit den Lehrern vor Ort werden wir die anstehenden Aufgaben meistern können und unsere Schulen sinnvoll und mit Weitblick weiterentwickeln", erklärte Schick. Die Qualifizierung der Lehrer müsse eine wichtige Rolle spielen. Einig sei sie sich mit Moritz, dass am erfolgreichsten die Fortbildungen seien, an denen die Kollegen gemeinsam teilnehmen. Solche Veranstaltungen gibt es längst: Beim pädagogischen Tag befassen sich Kollegien mit einem Thema, das für ihre Schule wichtig ist.

Probleme mit der Zweizügigkeit

Mitunter werden dabei auch Eltern und Schüler einbezogen. Doch seitdem die Kultusverwaltung fordert, dass der pädagogische Tag in der unterrichtsfreien Zeit stattfinden soll, nutzen Schulen diese Möglichkeit seltener - im vergangenen Schuljahr waren es weniger als die Hälfte. Anders als der Finanzausschuss, der kürzlich forderte, die Regelung strikt einzuhalten, sieht Schick durchaus Spielraum. Der Unterricht könne auch einmal ausfallen, wenn die Tagung in das pädagogische Konzept passe und Eltern frühzeitig informiert werden. Damit kann sie bei den Lehrern punkten.

 Weniger harmonisch dürfte es bei den Themen zugehen, die Moritz für die nächsten Gesprächsrunden auf ihrer Liste hat. Vor allem bei der Werkrealschule und beim gegliederten Schulsystem gibt es klare Fronten: Das Kultusministerium ist dafür, die GEW dagegen. Bei der Werkrealschule bekommt Schick auch aus dem Regierungslager Druck. Die FDP forderte am Mittwoch, den neuen Schultypus, der die Hauptschulen ablösen soll, flexibler zu gestalten.

Probleme mit der Zweizügigkeit

Die Verteilung auf mehrere Standorte unter einer Schulleitung müsse auch nach der achten Klassenstufe zugelassen werden, verlangte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke. Die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Birgit Arnold, erklärte, Schulen und Kommunen würden unnötig behindert. "Der Spielraum wurde legislativ geschaffen, wird aber vom Ministerium leider nicht ausgeschöpft", so Arnold. Bisher können sich Schulen, die Werkrealschule werden wollen, nur bis zur siebten Klasse auf mehrere Orte aufteilen. Daran wolle sie nichts ändern, erklärte Schick umgehend. Um in Klasse acht und neun drei Wahlpflichtfächer anbieten zu können, sei eine Mindestgröße nötig. "Mir ist aber bewusst, dass es durch die Bedingung der Zweizügigkeit vor Ort Probleme geben kann. Dafür müssen wir mittelfristig Lösungen finden."

Für die SPD steht noch ein anderes Thema auf der Tagesordnung. Die frühkindliche Förderung werde sträflich vernachlässigt, kritisierte der bildungspolitische Sprecher der Landtags-SPD, Frank Mentrup. Im Kindergartenjahr 2009/10 hätten nur 8100 Kinder am Sprachförderprogramm "Sag mal was" teilgenommen, 3400 weniger als ein Jahr zuvor. Anders als früher würden Kinder jetzt erst mit fünf Jahren gefördert. Verantwortlich dafür seien die geänderten Förderrichtlinien, die vor allem kleine Einrichtungen benachteiligen. Diese könnten das Programm erst nutzen, wenn mehr als drei Kinder Förderbedarf haben.