Strahlende Doppel-Siegerin von Ruhpolding: Laura Dahlmeier. Foto: Getty

Siege, Podestplatzierungen, schnelle Laufzeiten – die deutschen Biathletinnen sind zurück in der Weltspitze. Dass die Athletinnen so schnell wieder in die Spur finden, war nicht zu erwarten. Doch der Erfolg ist kein Zufallstreffer.

Ruhpolding - Es läuft einfach bei den deutschen Biathletinnen. Auf der Strecke, am Schießstand – im Weltcup. Am Sonntag wedelte Laura Dahlmeier mit einem schwarz-rot-goldenen Fähnchen, als sie im Massenstart von Ruhpolding als Erste die Ziellinie überquerte. „Heute war es ein perfektes Rennen. Wahnsinn“, jubelte die 22-Jährige. „Ich fühle mich gerade richtig stark.“

Gut drauf ist jedoch nicht nur sie. In dieser Saison eroberten die deutschen Skijägerinnen schon 13 Podestplätze, gewannen sechs Rennen – darunter die drei Wettbewerbe beim Heimweltcup in Ruhpolding. Im Sprint siegte Franziska Hildebrand, in Verfolgung und Massenstart war Dahlmeier nicht zu schlagen. „Der Generationswechsel ist vollzogen“, kommentierte Ex-Biathletin Kati Wilhelm. Und das viel schneller als gedacht.

Nachdem die goldene Generation um Wilhelm, Andrea Henkel und Magdalena Neuner zurückgetreten war, schien es, als hätte sie mit den Gewehren auch die Erfolgsgarantie im Waffenschrank weggeschlossen. 2014 gab es erstmals keine Olympia-Medaille, dafür von Evi Sachenbacher-Stehle einen positiven Doping-Befund. Das deutsche Frauen-Biathlon lag am Boden.

Selbst Bundestrainer Hönig ist vom schnellen Erfolg überrascht.

Zwei Jahre später strahlen die Mädels wieder so schön wie die Pokale und Medaillen, die sie in Serie gewinnen. Von der rasanten Entwicklung ist selbst Bundestrainer Gerald Hönig überrascht: „Das hätte ich so schnell nicht erwartet.“ Ein Zufallstreffer ist das deutsche Fräuleinwunder jedoch nicht. „Es ging rascher, als wir dachten, aber wir wussten, dass wir aus dem Nachwuchsbereich hochtalentierte Mädels mit großem Potenzial bekommen“, erklärt er.

Mit den Erfolgen – angefangen mit dem Staffel-Gold bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Winter – kam zudem das Selbstvertrauen zurück. Und natürlich auch der Spaß. „Es ist ein cooles Gefühl zu wissen, dass fast immer eine durchkommt. Mittlerweile ist es ja so, dass jede von uns ganz oben stehen kann“, meint Laura Dahlmeier. Die Änderungen rund um die Mannschaft haben sich bezahlt gemacht. Zum Beispiel die im Trainerteam.

Das Duo Hönig (57) und Tobias Reiter (30) harmoniert. Der eine bringt Erfahrung mit, der andere hat den Draht zu den jungen Athletinnen. Reiter gilt zudem als akribischer Arbeiter und Motivator. „Solche Leute brauchst du im Team“, meint Magdalena Neuner. Zwischen Reiters Vorgänger Ricco Groß und den Athletinnen soll es dagegen immer wieder Spannungen gegeben haben.

Trainerteam geht neue Wege.

Zudem ging das neu zusammengefügte Duo im Sommer andere Wege. Anstatt nur Kilometer um Kilometer herunterzuspulen, legten Hönig und Reiter viel Wert auf die Technik. Denn manch eine Biathletin lief zu steif, eine andere mit zu viel Vorlage, eine Dritte brauchte zu viel Kraft – ideal ist das alles nicht. Deshalb wurde am Laufstil gefeilt. Der Lohn: klasse Zeiten in der Loipe. Selbst bei Franziska Hildebrand.

Sie galt lange als läuferisch limitiert, in dieser Saison hat sie den Turbo gezündet. „Es ist ein geiles Gefühl zu wissen, dass man vorne mitlaufen kann“, sagt die 28-Jährige. Besser gesagt: vorneweg zu laufen. Dass in diesem Winter zudem keine Dauersiegerinnen den Weltcup dominieren, so wie die Norwegerin Tora Berger (Karriereende 2014) und die Weißrussin Darja Domratschewa, die im Sommer an Pfeifferschem Drüsenfieber erkrankte, spielt den Deutschen ebenfalls in die Karten.

Hönig: „Kein Grund für Selbstzufriedenheit“

Am wichtigsten für die jungen Athletinnen war aber die Geduld, welche die Trainer ihnen entgegenbrachten. Es gab viel Welpenschutz, aber wenig Druck. Das war das Erfolgsmotto. Und daran ändert auch das bisherige Wintermärchen nichts. „Dieser gigantische Saisonverlauf ist eine schöne Momentaufnahme. Aber er ist kein Grund für Euphorie oder Selbstzufriedenheit“, mahnt Hönig – nur keinen Absturz im Höhenflug riskieren. Denn auch der Bundestrainer sagt: „Es macht gerade richtig Spaß.“