Bislang haben die ausländischen Mitglieder kein Stimmrecht. Foto: Avanti/Ralf Poller

Bislang haben die ausländischen Mitglieder in den Bezirksbeiräten weder Stimmrecht noch Antragsrecht. Im Internationalen Ausschuss hat es nun einen Vorstoß gegeben, das zu ändern. Ob dieser von Erfolg gekrönt sein wird, bleibt abzuwarten.

Möhringen - Rabiye Sönmez ist es ein Anliegen, sich für andere einzusetzen und etwas im Stadtbezirk zu bewegen. Darum hat sie nicht lang gezögert, als sie gefragt wurde, ob sie sich im Möhringer Bezirksbeirat engagieren wolle. Ende Juni hat Schultes Jürgen Lohmann die Frau mit den türkischen Wurzeln dann offiziell zum „ausländischen Mitglied im Bezirksbeirat“ ernannt.

Doch eigentlich hatte sich Rabiye Sönmez ein wenig mehr von dem neuen Amt versprochen. „Am Anfang wusste ich gar nicht, dass ich nicht mit abstimmen darf. Ich habe einfach mitgestreckt“, sagt Rabiye Sönmez. Dass sie in dem Gremium eigentlich gar keine Rechte habe, finde sie schon „komisch“, sagt Sönmez. Sie würde es begrüßen, wenn die ausländischen Mitglieder in den Bezirksbeiräten mitentscheiden dürften.

Das sieht Sibel Yüksel ähnlich. Sie ist Mitglied im Internationalen Ausschuss des Gemeinderats und hat dort einen entsprechenden Antrag eingebracht. Das Papier fordert Stimmrecht für die ausländischen Mitglieder der Bezirksbeiräte.

Doch Sibel Yüksel sieht es nur ähnlich und nicht gleich, weil sie die Ansicht vertritt, „dass man die ausländischen Mitglieder in den Bezirksbeiräten gar nicht mehr braucht“, wie sie sagt. „Das Amt gehört abgeschafft.“ Sie spricht sich dafür aus, dass die Parteien stattdessen vermehrt Menschen mit ausländischen Wurzeln als ordentliche Mitglieder in die Bezirksbeiräte schicken. Aber weil Yüksel davon ausgeht, dass ihre Haltung nicht mehrheitsfähig ist, engagiert sie sich nun dafür, dass die ausländischen Mitglieder der Bezirksbeiräte wenigstens mehr als nur Beiwerk werden.

Gemeindeordnung müsste geändert werden

Dass die Forderung aus dem Internationalen Ausschuss Wirklichkeit wird, ist unwahrscheinlich. Denn dafür müsste die Gemeindeordnung Baden-Württembergs geändert werden. In Paragraf 65 steht, dass der Gemeinderat sachkundige Einwohner in die Bezirksbeiräte berufen kann. „Eine beratende Mitgliedschaft in den Bezirksbeiräten schließt ein Stimmrecht aus“, sagt Isabel Fezer, die Sozialbürgermeisterin. „Daran soll sich auch nichts ändern.“ Isabel Fezer sitzt dem Internationalen Ausschuss als ständige Stellvertreterin des Oberbürgermeisters vor.

„Mit dem Stimmrecht werden wir wohl nicht durchkommen“, sagt Sibel Yüksel. Sie hofft, dass die ausländischen Mitglieder der Bezirksbeiräte künftig zumindest Anträge stellen dürfen. Gute Chancen hat indes die Forderung, die ausländischen Mitglieder in sachkundige Bürger umzutaufen. „Dies wird im Herbst 2012 mit einer entsprechenden Vorlage erfolgen“, sagt Fezer. Die Bezeichnung gilt als überholt,weil viele der Vertreter gar keine Ausländer mehr sind. „Nach unserer groben Schätzung sind es etwa 50 Prozent“, sagt Fezer.

Auch Rabiye Sönmez, die mit zwei Jahren mit ihren Eltern aus der Türkei kam, hat heute nur noch den deutschen Pass. Und auch sie fände es gut, wenn in Stuttgart nicht mehr von „ausländischen Mitgliedern in den Bezirksbeiräten“ die Rede wäre. „Das klingt nicht sehr nett“, sagt Sönmez. Schließlich sei das Wort Ausländer negativ konnotiert.

„Es besteht Handlungsbedarf“

Ergun Can wird den Vorstoß mit der Umbenennung unterstützen. „Da besteht Handlungsbedarf“, sagt der SPD-Stadtrat, der auch im Internationalen Ausschuss ist. Er ergänzt: „Mit dem Stimmrecht tue ich mich aber schwer.“

Wie Sibel Yüksel – die übrigens für die FDP im Bezirksbeirat-West sitzt – wäre er dafür, dass sich die Bürger mit ausländischen Wurzeln vermehrt in Parteien engagieren. Sein Argument: im Verbund gewönnen Stimmen an Gewicht. „Jetzt stehen die ausländischen Mitglieder meistens alleine da“, sagt Can.

Ganz so sieht das Sönmez nicht. Sie fühlt sich von ihren Bezirksbeiratskollegen schon ernst genommen. Und die Frau mit den türkischen Wurzeln ist sich sicher, dass ihre Meinung in dem Gremium gefragt ist – vor allem dann, wenn es um Themen geht, die Migranten betreffen. Doch in der kurzen Zeit, seit sie dem Bezirksbeirat angehört, habe es in dieser Hinsicht noch keine Bewährungsprobe gegeben.