In der Korruptions- und Spendenaffäre um die L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt ist gegen Frankreichs Ex-Präsident Nicolas Sarkozy ein Verfahren eingeleitet worden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, die Schwäche der heute 90-Jährigen ausgenutzt zu haben.

Paris - Nicolas Sarkozy droht wegen der Korruptions- und Spendenaffäre um die L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt ein Prozess. Nach der Eröffnung eines Anklageverfahrens durch Untersuchungsrichter schwinden damit die Hoffnungen seiner Anhänger auf ein politisches Comeback des französischen Ex-Präsidenten.

Die Ermittler werfen Sarkozy vor, im Jahr 2007 die psychische Schwäche der heute 90-jährigen Bettencourt ausgenutzt zu haben. Als Motiv gilt die Generierung von Wahlkampfspenden. Das Vermögen von Bettencourt und ihrer Familie wird auf 30 Milliarden Dollar (23 Mrd. Euro) geschätzt.

Hintergrund der seit Jahren andauernden Ermittlungen sind unter anderem Zeugenaussagen ehemaliger Angestellter im Hause Bettencourt. Eine frühere Buchhalterin behauptet, dass sie für eine Wahlkampfspende 150.000 Euro Bargeld organisieren sollte. Andere Mitarbeiter wollen prall gefüllte Umschläge gesehen haben.

Gegen einen Vertrauten Sarkozys läuft wegen der sogenannten Bettencourt-Affäre bereits seit längerem ein Anklageverfahren. Sarkozy konnte bis Sommer letzten Jahres nicht befragt werden, weil er als Präsident Immunität genoss. Der 58-Jährige bestreitet alle Vorwürfe. Im Fall einer Verurteilung drohen ihm bis zu drei Jahre Haft und 375.000 Geldstrafe. In besonders schweren Fällen sind sogar fünf Jahre Gefängnis möglich.

Bettencourt steht unter Vormundschaft

Die 90 Jahre alte Bettencourt steht mittlerweile unter Vormundschaft ihres Enkels Jean-Victor Meyers. Die Milliardärin leidet nach Einschätzung von Ärzten seit 2006 an einer Mischung aus Alzheimer und anderen Demenzformen. Sie hatte sich mit ihrer Tochter in den vergangenen Jahren einen erbitterten Streit über ihren Gesundheitszustand geliefert. Françoise Bettencourt-Meyers hatte die Zurechnungsfähigkeit ihrer Mutter wiederholt infrage gestellt. Diese wiederum behauptete bis zuletzt, geistig fit zu sein.

Bei dem Vertrauten Sarkozys, gegen den schon ein Anklageverfahren läuft, handelt es sich um den früheren Arbeits- und Budgetminister Eric Woerth. Der 57-Jährige war lange ein enger Mitarbeiter des am 6. Mai 2012 abgewählten Sarkozy gewesen. Im Präsidentschaftswahlkampf 2007 kümmerte er sich unter anderem um die Kampagnenfinanzierung.

Nach bislang unbestätigten Zeugenaussagen soll Woerth illegale Bargeldspenden von dem inzwischen entlassenen Vermögensverwalter der reichsten Frau Frankreichs angenommen haben. Patrice de Maistre soll dann für die Zuwendungen mit einem Orden der Ehrenlegion ausgezeichnet worden sein. Maistre hat außerdem Woerths Frau Florence für ein Jahresgehalt von 200.000 Euro in der Vermögensverwaltung von Bettencourt angestellt.

In dem Anklageverfahren wird Woerth "passive missbräuchliche Einflussnahme" vergeworfen. Den Ermittlern liegen demnach stichhaltige Beweise vor, dass Woerth sich im Gegenzug für eine Zuwendung für einen Orden für Maistre einsetzte.

Die Eröffnung des Anklageverfahrens gegen Sarkozy löste am Freitag in Frankreich einen heftigen politischen Streit über die Unabhängigkeit der Justiz aus. Parteifreunde Sarkozys bezeichneten die Entscheidung als ungerecht, skandalös und überzogen. Vertreter aus dem sozialistischen Regierungslager um Präsident François Hollande sprachen hingegen von einem vollkommen fairen Verfahren und warnten vor dem Versuch der Einflussnahme. Es sei nicht hinnehmbar, die Justiz derart infrage zu stellen, sagte Parteichef Harlem Désir in Anspielung auf die Kritik der Konservativen.