Prinzip Fliegenfalle: Neuartige Manipulationen an Geldautomaten in Stuttgart und der Region.

Stuttgart - Warum aufwendig die Daten von EC-Karten ausspionieren - wenn man einfach direkt ans Bargeld kommt: Mit einer neuen Masche haben Trickdiebe die Geldautomaten ins Visier genommen. Der Ausgabeschacht wird manipuliert.

Der Bankkunde hatte eigentlich alles richtig gemacht. Am Geldautomat in der Neckarstraße im Stuttgarter Osten war kein verdächtiges Aufsatzgerät am Kartenschlitz erkennbar, und beim Eintippen der Geheimzahl wurde das Tastenfeld mit einer Hand abgedeckt, damit keine Minikameras die Zahlenkombination filmen konnten. Doch dann gab der Bankomat nur seltsame Rattergeräusche von sich - ohne aber die gewünschten 500 Euro in Scheinen auszuspucken. Der Kunde glaubte an einen Defekt - und musste später verärgert feststellen, dass sein Konto trotzdem um 500 Euro ärmer war.

Bundesweite Masche in Stuttgart angekommen

Der Fall aus dem Stuttgarter Osten ist offenbar einer der ersten einer großen Welle, die bundesweit Geldautomaten betrifft. Seit Anfang Oktober werden die Geldausgabeschächte mit einer Art Fliegenfalle versehen. Die Scheine werden damit abgefangen - die Täter müssen dafür nur ihre Vorsatzleiste entfernen, wenn das Opfer den Vorraum der Bank verlassen hat.

Jetzt, in der Vorweihnachtszeit, wird die Liste der Tatorte immer länger: Zuffenhausen, Fellbach, Leonberg, Sindelfingen, Nürtingen, Reutlingen, Bodelshausen, Giengen an der Brenz, Karlsruhe, Günzburg. Die Masche hat inzwischen auch einen englischsprachigen Fachbegriff: "Cash Trapping", sagt Ulrich Heffner, Sprecher des Landeskriminalamts. Zu deutsch: Bargeld mit einer Falle fangen.

Blechstreifen und doppelseitiges Klebeband

Eine solche Vorrichtung haben die Ermittler im Großraum Stuttgart bisher nicht zu Gesicht bekommen. Es gibt allenfalls Klebespuren und die Beschreibungen der Opfer. Die Ermittler in den Main-Metropolen sind da schon einen Schritt weiter: "Das ist ein ganz normaler Blechstreifen, dem Ausgabeschlitz angepasst, der mit Doppelklebeband versehen ist", sagt Offenbachs Polizeisprecher Henry Faltin. Dieser Klebestreifen sorgt dafür, dass die Vorrichtung am Apparat haftet - und die Geldscheine daran kleben bleiben und nicht mehr zurückgezogen werden können. Wie bei einer klassischen Fliegenfalle geht die Beute den Tätern auf den Leim. Ein Offenbacher Bankkunde wollte sich das aber nicht gefallen lassen und riss das verdächtige Metallteil vom Ausgabeschlitz. Sein Geld steckte er ein, den Blechstreifen mit malträtierter Klebemasse übergab er der Bank.

Auch die Frankfurter Polizei hat eine solche Aluminiumleiste sichern können. "Die ist völlig unscheinbar", sagt Sprecher Manfred Füllhardt. Erst in der Nacht zum Mittwoch hatte es dort den jüngsten Fall gegeben. Seit Anfang Oktober gingen insgesamt 13 Anzeigen geschädigter Bankkunden ein. "Die Methode ist weitaus einfacher als beim Abschöpfen von EC-Karten-Daten", sagt Füllhardt, "man muss keine Geheimzahl ermitteln, keine Kamera installieren."

Allerdings wirkt die Methode nur einmal, danach muss die Beute geholt werden. Die kann üppig sein: "Bei zwei Fällen in Fellbach waren es 500 Euro", sagt Waiblingens Polizeisprecher Klaus Hinderer. Sie kann aber auch gering ausfallen: "In Leonberg waren es 95 Euro", so der Böblinger Sprecher Frank Natterer, "in Sindelfingen blieb es beim Versuch."