BKKs sehen sich als Opfer der geplanten Gesundheitsreform. Foto: dpa

Die Klagen der Südwest-Betriebskrankenkassen über drohende Millionenbelastungen im Zuge der Gesundheitsreform führen mitten in den Dschungel der Verteilungskämpfe um die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds.

Berlin - Die Klagen der Südwest-Betriebskrankenkassen über drohende Millionenbelastungen im Zuge der Gesundheitsreform der Bundesregierung führen mitten in den Dschungel der Verteilungskämpfe um die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds. Da gibt es derzeit zwei aktuelle Kampfplätze: das Krankengeld und den Ausgleich zwischen den Kassen, was die Sterberisiken anbelangt.

Das Problem beim Krankengeld: Die Zuweisungen sind für alle gesetzlich Versicherten gleich, das tatsächlich ausgezahlte Krankengeld ist aber abhängig von der tatsächlichen Einkommenshöhe. Das heißt, dass Kassen mit gut verdienenden Versicherten hier einen Nachteil haben. Das trifft die Betriebskrankenkassen. „Das gegenwärtige System führt zu einer erheblichen systembedingten Benachteiligung der Betriebskrankenkassen, da dort die Gehaltsstruktur der Versicherten tendenziell höher ist als in anderen Kassen“, sagt BKK-Bosch-Vorstand Gertrud Prinzing. „Diese strukturelle Benachteiligung wird durch den Referentenentwurf nicht im Ansatz angegangen.“

Dabei hatte man bei den BKKs gehofft, der Gesetzentwurf der Bundesregierung würde durch Verbesserungen beim Krankengeld den BKKs eine andere Last abnehmen. Im Sommer 2013 hatte das Landgericht Nordrhein-Westfalen entschieden, dass den Kassen im Sterbejahr des Versicherten die volle Zuweisung für das Mitglied zusteht und nicht – wie bisher – nur der anteilige Betrag bis zum genauen Sterbetag.

Damit soll der Effekt ausgeglichen werden, dass im letzten Lebensjahr eines Patienten statistisch deutlich die meisten Gesundheitskosten anfallen. Aber auch diese Umstellung trifft die BKKs, denn dort – vor allem bei BKKs, die nicht mehr nur für Werkangehörige da sind – gibt es oft junge Versichertengemeinschaften mit geringeren Sterberaten. Es profitieren von der Neuregelung dagegen Kassen mit breiteren Risiken, zum Beispiel die AOKs.

Diese Attacke Richtung AOK wird von den BKKs ganz offensiv geführt. Anja Schweitzer, Leiterin Gesundheitspolitik bei der Betriebskrankenkasse Siemens, sagt unserer Zeitung: „Die Schere verbreitert sich. Die AOKs bekommen noch mehr Geld in ihre Kassen gespült. Das tötet mittelfristig den Wettbewerb.“ Eigentlich hatten die BKKs gehofft, dass der Gesetzentwurf beide Probleme gleichzeitig neu regelt oder dass zumindest Besserstellungen beim Krankengeld die Mehrkosten durch eine neue Regelung bei den Verstorbenen ausgleichen würden. Der Referenten-Entwurf bietet nun an, dass wenigstens die Hälfte der durchs Krankengeld den Kassen entstandenen Ausgaben nach den konkreten Ist-Kosten abgerechnet wird. Das ist den BKKs zu wenig. Sie wollen eine Grundlohnkomponente. Nach ihrer Faustregel deckt dieses Entgegenkommen die Mehrkosten durch beide Effekte nur zu einem Drittel.

Die AOK hält sich bei diesem Konflikt zurück. Verständnis hat man nicht. Der Chef der Südwest-AOK, Christopher Hermann, sagt unserer Zeitung: „Das Jammern einiger BKKs“ sei „in der Sache nicht berechtigt“. Dinge würden „ bewusst und erkennbar interessengeleitet verdreht dargestellt“. Das Landessozialgericht habe 2013 entschieden, dass in der Vergangenheit die Zuweisungen an die Krankenkassen falsch berechnet wurden. Dieser Berechnungsfehler wird nun korrigiert. Somit steht das Geld künftig verstärkt dort zur Verfügung, wo es benötigt wird: für die Versorgung kranker Menschen.“