Elisabeth Kabatek Foto: Studio Dittmar

Eigentlich wollte sie kein Buch mehr über ihre Heldin Pipeline Praetorius schreiben. Aber die Fans ließen Elisabeth Kabatek („Laugenweckle zum Frühstück“) keine andere Wahl. Jetzt ist „Zur Sache, Schätzle!“ erschienen, Teil vier einer Trilogie, wie die Autorin sagt.

Stuttgart - Frau Kabatek, Sie sind doch freie Autorin?
Ja.
Sie wählen die Themen Ihrer Bücher aus?
Ja.
Und Sie wählen auch die Figuren aus, über die Sie schreiben? Oder gibt es da Einflüsse von außen?
Ich bin nicht angetreten, dass ich zwanzig Bücher über dieselbe Romanfigur schreibe, falls Sie das meinen. Aber ich bin eigentlich mit gar nichts angetreten. Ich hatte keinen Masterplan, war an der Volksschule Fachbereichsleiterin und bin in die Schreibgeschichte mehr oder weniger reingestolpert.
20 Bücher sind es noch nicht. Aber es könnte sein, dass Sie einer Figur mehr Romane widmen, als ursprünglich geplant.
Das kann man sagen. Ich hätte nie gedacht, dass Menschen eine Romanfigur so ins Herz schließen. Dass Menschen nach einer Lesung vor mir stehen und sagen: „Ich will jetzt aber wissen, wie’s weitergeht.“
Womit wir bei Pipeline Praetorius wären, der Heldin Ihres Erstlings „Laugenweckle zum Frühstück“. Sind Sie eine Getriebene?
Das kann man so nicht sagen. Nach „Spätzleblues“, dem dritten Pipeline-Roman, sagte ich: „Jetzt ist es gut.“ Für mich war die Figur mit ihrem Umfeld erzählt. Dann schrieb ich „Ein Häusle in Cornwall“ mit neuen Figuren. Nach jeder Lesung wollten Leute wissen, wie es mit Pipeline weitergeht. Dass die Geschichte mit einem Happy End ausging, hat ihnen nicht gereicht. Sie interessierten sich auch für die Nebenfiguren.
Wie war der letzte Stand der Dinge zwischen Pipeline und Leon? Nur für die wenigen, die nicht auf dem Laufenden sind.
Sie haben sich wieder versöhnt, aber sind weder verheiratet, noch haben sie Kinder gekriegt. Die Schwester hatte sich gerade getrennt, eine Freundin hat ein Baby gekriegt, insofern gab es schon noch Dinge, die offen waren. Erst dachte ich: „Lasst mich doch mit der Pipeline in Ruhe.“ Dann begriff ich, dass Publikumszuspruch auch ein Geschenk ist. Es ist ein Glücksfall für eine Autorin, wenn sich die Leute mit der Geschichte und ihren Figuren identifizieren.
Als Autorin sind Sie auch Dienstleisterin?
Schon, aber es macht ja auch Spaß. Auf jeden Fall war es gut, dass ich mit „Ein Häusle in Cornwall“ zwischendrin ein anderes Buch geschrieben habe. Danach hatte ich wieder Lust, die Geschichte um Pipeline fortzuschreiben. Aber wenn der Einfluss von außen nicht so groß gewesen wäre, hätte ich es wohl nicht getan.
Gab es auch Droh-Mails?
Nein, aber manche Leute haben mir nach „Ein Häusle in Cornwall“ geschrieben, es habe sie geärgert, dass in dem ganzen Buch kein Schwäbisch vorkomme.
Hat der Verlag Sie freundlich zu einer Pipeline-Fortschreibung gedrängt?
Überhaupt nicht. Ich habe eine Lektorin, wie man sie sich nicht besser wünschen kann. Die sagt immer: „Mach das, wonach dir das Herz schlägt. Alles andere wird sowieso nichts.“ Man muss tun, was in einem geschrieben werden will. Nach „Spätzleblues“ wollte sicher kein vierter Band über Pipeline Praetorius geschrieben werden.
War „Ein Häusle in Cornwall“ ein Flop?
Nein. Aber es hat sich schon weniger verkauft als die Pipeline-Bücher. Natürlich wäre mein Wunsch als Autorin, dass die Leute sich nicht so sehr auf eine Figur versteifen, sondern sagen: „Mir gefällt die Schreibe, der Humor. Ich geh’ mit der Autorin einfach mit.“ Aber es gibt schließlich einen Grund, weshalb eine Donna Leon 25 „Brunettis“ schreibt. Man muss ja auch von was leben.
Die Pipeline-Story war als Trilogie gedacht. Jetzt ist der vierte Teil herausgekommen. Wissen Sie, wie das heißt?
Ich sag’ immer: Das ist eine Trilogie in vier Teilen.
Es gibt einen Fachbegriff: Tetralogie.
Schön. Anfangs war die Pipeline-Geschichte, wie gesagt, als gar nichts angedacht. Ich wurde vom Erfolg regelrecht überrannt. Meine größte Angst bei „Zur Sache, Schätzle!“, dem vierten Pipeline-Buch, war, dass die Leute sagen: „Oh Gott, jetzt ist ihr nichts mehr eingefallen. Jetzt schreibt sie auf Bestellung, weil alle danach schreien.“ Aber bisher hat sich noch niemand beschwert. Insofern bin ich guter Dinge.
Wie kommt’s, dass Ihre Bücher von schrägen Beziehungsgeschichten handeln?
Weil es im wirklichen Leben auch so zugeht. Die meisten Liebesgeschichten und Romane hören damit auf, dass sich ein Paar kriegt. Die Frage aber ist doch: Was wäre mit Romeo und Julia passiert, wenn sie überlebt hätten? Gerade da wird es doch spannend. Wir wissen doch alle, dass heutzutage Beziehungen gewissen Risiken ausgesetzt sind. Das ist mein Thema. Es gibt unzählige Variationen, woran eine Beziehung scheitern kann. Man kann das herrlich durch den Kakao ziehen. Alle Paare, die am Ende von „Spätzleblues“ zusammen waren, kommen in „Zur Sache, Schätzle!“ in die Krise.
Sind Sie auf die Pipeline manchmal sauer?
Wenn sie es überzieht, dann ja. Dann gehe ich auf Distanz zu ihr. Das ist ja das Schöne, dass man in einem Buch richtig draufhauen kann. Aber trotz Übertreibung und Satire müssen die Leute die Beziehungsprobleme nachvollziehen können. Deshalb versuche ich auch, die Dialoge so realitätsnah wie möglich zu schreiben.
Es gibt Autoren, die lassen sich Dialoge von Spezialisten schreiben.
Ich lasse die Menschen die Dialoge schreiben. Manchmal sitze ich in der U-Bahn und schreibe mit, über was sich die Leute so unterhalten. In „Zur Sache, Schätzle!“ kommt ein pubertierendes Kind vor. Die Dialoge habe ich von meinem 16-jährigen Patenkind abnehmen lassen. Weil ich wollte, dass der Sound stimmt.
Werden Sie Emma und Nicholas aus „Ein Häusle in Cornwall“ noch mal aufleben lassen?
Vermutlich schon. Denn inzwischen bekomme ich auch Mails, in denen die Leute fragen, wie es mit denen weitergeht. Aber als nächstes Buch werde ich weder eine Pipeline- noch eine Emma-Geschichte schreiben.
„Zur Sache, Schätzle!“ kam offiziell am 1. Juli auf den Markt. Wie sind die ersten Reaktionen aus dem Fan-Lager?
Bisher ganz gut. Es gab eine Art Pre-Lesung, da wurde viel gelacht. Es ist toll, die Leute dabei zu beobachten, wie sie mit all meinen Figuren vertraut sind. Das ist die Belohnung für die einsamen Sunden am PC.
Sieht fast so aus, als müssten Sie die Pipeline, wenn Sie kein Buch mehr über sie schreiben wollten, sterben lassen.
So etwas hat Helen Fielding gemacht, die Autorin der „Bridget Jones“-Bücher. Die ließ ihren Helden sterben, so dass er im dritten Band gar nicht mehr auftauchte. Da gehört schon was dazu. Ich glaube, das wollte ich meinen Fans nicht zumuten.