Bei der Wiederholungswahl fiel die Beteiligung deutlich schwächer aus als zuvor. Foto: Gina Sanders – stock.adobe.com/Erwin Wodicka

Bei der Wiederholungswahl in Berlin hat die AfD dazu gewonnen. Ein Grund dafür ist die schwache Wahlbeteiligung, meint unsere Korrespondentin Rebekka Wiese.

Zur Wahl gehen zu können, ist eine Errungenschaft. In wenigen Momenten wird Demokratie so greifbar: Jede und jeder darf mitentscheiden. Umso gefährlicher ist es, wenn dieses Vertrauen beschädigt wird. Und man das Gefühl bekommt, dass es auf die eigene Stimme vielleicht doch nicht so sehr ankommt.

 

Das dürfte einer der Gründe sein, weshalb die AfD bei der teilweisen Wiederholungswahl in Berlin nun so gut abgeschnitten hat. In den Teilen der Stadt, die neu abstimmten, gewann sie 5,6 Prozentpunkte dazu. Im Gesamtergebnis für Berlin ist das ein Prozentpunkt. Schaut man sich an, wo die AfD ganz besonders stark zulegen konnte, zeigt sich: Wo wenig Leute wählen gehen, ist die AfD besonders stark. Die Partei profitiert von Demokratiemüdigkeit und Enttäuschung.

Teilweise weniger als ein Drittel Wahlbeteiligung

Bei der gesamten Wiederholungswahl brach die Beteiligung ein. Stimmten vor zwei Jahren noch gut 76 Prozent ab, war es jetzt rund die Hälfte, in einzelnen Wahllokalen noch weniger. Weniger als ein Drittel in einigen Teilen von Marzahn-Hellersdorf, aber auch in anderen Stimmbezirken in der gesamten Stadt. Auffallend häufig konnte man beobachten, dass die AfD gerade dort ihre Ergebnisse stark steigern konnte, wo wenige Menschen wählen gingen.

Dass die Wahlbeteiligung so gering ausfiel, mag daran gelegen haben, dass durch die verpatzte Abstimmung vor zwei Jahren viel Vertrauen verloren gegangen ist. Doch die Demokratiemüdigkeit ist kein Phänomen, das man nur von der Wiederholungswahl kennt. Im Herbst wird in Brandenburg, Sachsen und Thüringen gewählt – drei Länder, in denen die Wahlbeteiligung bei vorherigen Landtagswahlen selten über zwei Drittel kam und die AfD nun in Umfragen weit vorne liegt. Wenn die demokratischen Parteien dagegen eine Chance haben wollen, müssen sie hier ansetzen. Sie müssen vor Ort sein, sie müssen auf die Leute zugehen – und sie davon überzeugen, dass es eine Errungenschaft ist, zur Wahl gehen zu können.