. . . arbeiten beim Torwartcamp mit insgesamt 45 Nachwuchs-Keepern. Foto: avanti

In der Beilsteiner Langhanshalle veranstaltet die SG Bottwartal zum ersten Mal ein dreitägiges Camp für Handball-Keeper.

Beilstein - Nimmt man Chrischa Hannawald beim Wort, so haben sich seit gestern knapp 50 Bekloppte in der Beilsteiner Langhanshalle versammelt. Denn der ehemalige Keeper der deutschen Handball-Nationalmannschaft sagt unumwunden: „Torhüter müssen bekloppt sein. Wer lässt sich denn schon freiwillig abschießen?“ Hannawald ist einer der hochkarätigen Trainer beim bis morgen andauernden Torwartcamp der SG Bottwartal.

Neben dem 43-Jährigen sind der Kroate Dragan Jerkovic – Vize-Europameister 2008 und aktuell beim Zweitligisten TV Bittenfeld unter Vertrag – sowie die früheren Bundesliga-Torhüter Marcus Rominger, Andreas Thomas und nicht zuletzt Dirk Bellon und Steffen Sotzny von der SG Bottwartal mit dabei. Komplettiert wird das Trainerteam vom aktuellen Württembergliga-Spieler Alexander Schurr aus Fellbach und den beiden Lifekinetik-Trainern Claus Weller und Jürgen Kleiner. Die Intention für dieses spezielle Camp erklärt Timo Peter, Jugend-Koordinator und Trainer bei der SG Bottwartal: „Im normalen Trainingsalltag hat man als einzelner Trainer häufig gar nicht die Möglichkeit, sich speziell mit den Torhütern zu beschäftigen. Und ehrlich gesagt können die meisten auch kein wirklich gutes Torwarttraining machen, weil sie selbst nicht im Tor gespielt haben – da nehme ich mich selbst nicht aus.“Chrischa Hannawald bestätigt diese Aussage: „Ein richtig guter Torwarttrainer muss selbst im Kasten gestanden haben. Es geht hier um Nuancen und Erfahrungswerte, die man als Feldspieler gar nicht bekommen kann.“

Der Vize-Europameister von 2002 findet es sehr schade, dass das Torwarttraining im Handball-Alltag oft vernachlässigt wird. Nicht zuletzt deshalb macht er auch heute noch eine Trainerfortbildung zu diesem Thema am Rande des Camps. Und seinen künftigen Nachfolgern schärft er ein: „Wir haben die wichtigste Position von allen. Der Rückraumspieler kann 15 Kisten machen – wenn wir hinten keinen Ball halten, dann verliert das Team trotzdem.“ Er will den Nachwuchskeepern damit nicht etwa Angst einjagen – im Gegenteil: Sie sollen selbstbewusst sein, sich ihrer Rolle klar werden. „Wille und keine Angst – das sind die wichtigsten Grundeigenschaften für einen guten Handball-Torhüter“, betont Chrischa Hannawald.

Dass seine Worte ankommen, bestätigt Sophie Fabritios. Die 16-Jährige steht beim TV Lauffen in der B-Jugend-Württembergliga zwischen den Pfosten. „Von so jemandem lässt man sich schon eher was sagen, weil man ja weiß, dass er das selbst alles gemacht hat“, erklärt sie. Gemeinsam mit Hannawald hat Sophie nicht nur die Position, sondern auch die kurzen Hosen, für die der Ex-Nationalspieler während seiner aktiven Zeit berühmt war. „Das ist im Training immer so, weil ich sonst zu sehr schwitze. Im Spiel trage ich aber lange Hosen“, erklärt sie.

Sophie Fabritios ist schon eine der älteren Teilnehmer. Von elf bis 18 Jahre geht die Spanne. Zu den Ältesten gehört Mario Schultz, der bereits seit vergangener Saison die Nummer zwei der ersten Männermannschaft der SG Bottwartal in der Württembergliga ist. Er genießt den Luxus eines regelmäßigen Torwarttrainings und hat daher einige der Grundlagen, die Chrischa Hannawald zum Thema „Würfe aus der Fernzone“ erklärt, „schon in derC-Jugend gehört“. Dennoch deckt derEx-Nationalkeeper auch bei ihm immer wieder kleine Schwächen auf.

Auf der gegenüberliegenden Seite arbeitet Dirk Bellon mit einer anderen Gruppe. „Würfe von außen“ sind sein Thema. Dragan Jerkovic und Andreas Thomas beschäftigen sich mit Würfen vom Kreis und dem Verhalten beim Siebenmeter, die anderen Gruppen sind beim Lifekinetik oder dem Antizipationstraining mit Alexander Schurr – ein breitgefächertes Programm, das weit über die Grenzen des Bottwartals begehrt ist. „Die Teilnehmer kommen zum Teil aus dem Allgäu, und ein Mädchen ist aus Essen anngereist. Für kommendes Jahr habe ich sogar schon Anmeldungen aus Italien“, erzählt Timo Peter.

Torwartcamps wie das bei der SG Bottwartal sind also begehrt. Etwa sieben oder acht Stück macht Chrischa Hannawald pro Jahr. Und natürlich begegnet er dabei auch mal Spielern, die kein Talent für „die wichtigste Position im Handball“ haben. Was er in solchen Fällen macht? „Ich arbeite genauso mit ihnen. Wenn sie Spaß dran haben, dann ist es doch trotzdem wichtig, dass sie dabei bleiben. Wenn ich so jemandem sage, dass er es bleiben lassen soll, dann kann ich ihn ja auch gleich vor die Playstation schicken.“