Riesen-Spielmacher Michael Stockton (li.) kämpft gegen Bayerns John Bryant (re.) um den Ball Foto: Baumann

Mit dem dritten Sieg im vierten Viertelfinalspiel hat Titelfavorit FC Bayern München die MHP Riesen Ludwigsburg aus den Play-offs geworfen. Doch noch ist es ein Halbfinaleinzug unter Vorbehalt. Denn die Riesen haben Protest eingelegt – mit guten Erfolgsaussichten.

Ludwigsburg - Alexander Reil war gar nicht mehr zu halten. Der ansonsten so besonnene Clubchef der Riesen Ludwigsburg rannte wie ein Derwisch durch den Innenraum der MHP-Arena. Die Klatschpappe, mit der er zuvor noch seine Bundesliga-Mannschaft im vierten Play-off-Spiel gegen den FC Bayern München nach vorne gepeitscht hatte, landete mit einem aggressiven Wurf auf dem Boden.

„Das ist schwach, so eine Fehlentscheidung habe ich noch nie gesehen“, schimpfte der Riesen-Boss nach der 75:82(39:38)-Niederlage, die zugleich das Aus der Ludwigsburger in der Best-of-5-Serie bedeutete. Und auch Trainer John Patrick – eigentlich ein Inbegriff für innere Ausgeglichenheit – war kaum zu halten. „Das geht gar nicht“, meckerte der US-Amerikaner und fügte mit gereizter Stimme an: „Wir haben schon offiziell Protest eingelegt.“

Doch was hatte die beiden Protagonisten des Ludwigsburger Basketballs so in Rage gebracht? Es war eine Szene 1:16 Minuten vor Spielende. Riesen-Spielmacher Michael Stockton wurde beim Stand von 71:73 von Bayerns Bryce Taylor gefoult. Die Folge: Das Schiedsrichter-Trio um Martin Matip entschied auf zwei Freiwürfe für die Barockstädter. Und Ludwigsburgs Kapitän Stockton, mit 16 Punkten im Spiel einer der Treffsichersten, trat an und verwandelte wie gewohnt den ersten Freiwurf souverän. Jubel unter den 4500 Zuschauern.

Doch dann passierte das für Reil und Patrick Unerklärliche. Den zweiten Freiwurf durfte Stockton gar nicht mehr ausführen. Schlimmer noch: Schiedsrichterin Anne Panther nahm dem verdutzten US-Boy nicht nur den Ball aus der Hand, sondern erkannte den von ihm zuvor geworfenen Punkt ab.

Die Begründung: Stockton sei nicht der Gefoulte gewesen und hätte gar nicht die Freiwürfe ausführen dürfen. Ein Fehler. Und einer, der die stark aufspielenden Ludwigsburger wohl um den Sieg gebracht hat. Denn anstatt zum 73:73 auszugleichen, warf Bayern Nationalspieler Heiko Schaffartzik, mit 20 Punkten bester Akteur, auf der Gegenseite mit einem Dreier die 76:71-Führung der Gäste. Die Halle kochte vor Wut.

Denn ausgerechnet der Spieler, der gemeinsam mit seinem Coach Svetislav Pesic nach dem ersten Freiwurf Stocktons Schiedsrichterin Anne Panther umgestimmt hatten, brachte die Münchner auf die Siegstraße. „Unser Kapitän war der Meinung, dass Stockton nicht der Gefoulte war“, begründete Pesic seinen lautstarken Protest, der zudem „ja legitim“ sei.

„Es ist bitter, dass die Schiedsrichter sich in dieser Szene beeinflussen lassen“, haderte Clubchef Reil indes mit der Entscheidung. Und auch Michael Stockton fühlte sich verschaukelt. „Bryce Taylor läuft mich über den Haufen, das war ein klares Foul“, meinte der Sohn von NBA-Legende John Stockton. Auch die TV-Bilder belegen das. „Das war ein spielentscheidender, technischer Fehler, weil es sich nicht wie im Fußball um eine Tatsachenentscheidung handelt“, meinte John Patrick: „Deshalb glaube ich auch, dass unser Protest erfolgreich sein wird, und es ein Wiederholungsspiel gibt.“

Schon an diesem Montag könnte die Entscheidung fallen. Das Schiedsgericht der Basketball-Bundesliga (BBL), das für eine Stellungnahme nicht zu erreichen war, wird den Fall verhandeln. Offiziell sind die Ludwigsburger so lange noch nicht ausgeschieden. „Meine Mannschaft bleibt im Stand-by-Modus“, kündigte der 46 Jahre alte Patrick an. Denn der Traum vom Coup gegen die Bayern lebt in Ludwigsburg weiter.