Die Toilette wird von den Ehrenamtlichen genau vermessen. Foto: Brigitte Hess

Eine ehrenamtliche Expertenkommission überprüft in Fellbach öffentliche Einrichtung auf Barrierefreiheit. Insbesondere die sanitären Anlagen werden kritisch unter die Lupe genommen.

Fellbach - Die Tür zur Behinderten-Toilette gleich neben dem Hesse-Saal der Schwabenlandhalle ist schwarz – und in der gleichen Farbe ist auch die Wand gestrichen, in der sie sich befindet. „Diese Tür zu erkennen, ist für Sehbehinderte sehr schwierig“, sagt Stephan Dieck. Er gehört zur ehrenamtlichen Expertenkommission, die seit einigen Monaten öffentlich zugängliche Gebäude in Fellbach überprüft. Michaela Gamsjäger von der Stabsstelle Senioren, Integration und Inklusion hat über einen Artikel im Stadtanzeiger und in der Fellbacher Zeitung acht Menschen – behinderte und nicht behinderte – für diese Aufgabe gewinnen können.

Die Schwabenlandhalle wird unter die Lupe genommen

Am Dienstag haben die Ehrenamtlichen die Schwabenlandhalle unter die Lupe genommen. Stephan Dieck und Bruno Pfeifer, beide motorisch eingeschränkt, vermessen anhand eines Formblatts die Behinderten-Toiletten. „Die im neuen Anbau ist schon deutlich besser als die im alten Trakt“, sagt Stephan Dieck. Dort ist die WC-Schüssel beispielsweise mit dem üblichen Abstand an der Wand befestigt, im Neubau ist sie weiter nach vorne gezogen. „Das ist für Rolli-Fahrer viel besser“, sagt Dieck. Aber das Zugseil zum Notruf sei zu weit von der Toilettenschüssel entfernt, befinden die Experten.

Generell sei die Schwabenlandhalle für behinderte Menschen gut ausgestattet, sagen Stephan Dieck und Bruno Pfeifer. „Katastrophal“ seien dagegen die beengtenToiletten auf den Friedhöfen. In manchen Sportstätten würden die WCs sogar ganz fehlen, oder die sanitären Anlagen seien nur über Treppen zu erreichen. „Oder voll gestellt mit irgendwelchem Kram.“

Auch Thomas Stengel, der Leiter des Tiefbauamts der Stadt Fellbach, gehört zur Arbeitsgruppe „Barrierefreies Fellbach“. „Wir nehmen alles auf, worauf uns Bürger hinweisen, und bei Planungen wird die Barrierefreiheit gleich berücksichtigt“, sagt Thomas Stengel.

Auf 15 Rundgängen nach Mängeln gesucht

Simone Gleis ist mit ihren 17 Jahren die jüngste Ehrenamtliche in der kleinen Kommission. „Mein Opa ist auf einen Rollator angewiesen, und als ich von der Aktion gelesen habe, dachte ich, da mache ich mit“, sagt sie. Die Ehrenamtlichen wurden nach Vorgaben der bundesweiten Aktion „Hürdenlos“ praktisch und theoretisch für ihre Aufgabe geschult. Jeweils zu zweit seien sie inzwischen auf etwa 15 Rundgängen gewesen, sagt Karin Hofmann. Das Jugendhaus, die Büchereien sowie Schulen und Kindergärten, die als Wahllokale dienen, wurden ebenfalls unter die Lupe genommen.

Auch der Aufzug wird vermessen. Foto: Brigitte Hess
Im Lauf der kommenden Monate sind Apotheken, Arztpraxen, Geschäfte und Gaststätten dran. Für diese Aufgabe sucht Michaela Gamsjäger weitere Ehrenamtliche, die bei freier Zeiteinteilung mithelfen, das Augenmerk der Öffentlichkeit auf schwierige Begebenheiten für Senioren und Menschen mit Behinderungen zu richten. „Es geht uns nicht darum, Gegebenheiten zu kritisieren, sondern wir wollen den Ist-Zustand festhalten und eine Internetseite einrichten, auf der sich Menschen mit Behinderungen kundig machen können, was sie wo in Fellbach erwartet“, sagt Michaela Gamsjäger. Anfang Oktober soll dieser Link auf der Homepage der Stadt aufrufbar sein.

„Eigentlich ist es hier ja schon ziemlich optimal“, sagt Bruno Pfeifer nach der Prüfung von Aufzug und Höranlage in der Schwabenlandhalle. Mit kleinen Nachbesserungen könnte die Situation aber noch verbessert werden. Beispielsweise mit einer rot-weißen Markierung am weißen Waschbecken, das sich vor der weißen Wand kaum abhebt. „So etwas fällt einem Menschen ohne Handicap gar nicht auf, aber man wird sensibler, wenn man sich einmal mit der Thematik befasst - und man weiß ja nie, ob man selbst einmal über Barrierefreiheit froh ist“, sagt Simone Gleis.