Bargeld ist das Zahlungsmittel Nummer eins in Deutschland Foto: dpa

Auch wenn immer mehr Einkäufe per Girocard bezahlt werden: Bargeld ist das beliebteste Zahlungsmittel der Menschen in Deutschland. Und: Vom Vorstoß von Ökonomen, Scheine und Münzen abzuschaffen, hält eine große Mehrheit gar nichts. Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten.

Stuttgart – Topökonomen plädieren für das Aus des Bargelds, warum?
In Deutschland hat sich der Wirtschaftsweise und Wirtschaftsprofessor Peter Bofinger für das Aus des Bargeldes ausgesprochen, ähnlich wie der US-Ökonom Kenneth Rogoff. Bofinger argumentiert, dass die Märkte für Schwarzarbeit und Drogen ohne Bares ausgetrocknet werden könnten. Geldwäsche oder Steuerhinterziehung würden schwieriger. Unterstützt wird der Vorstoß auch aus einem anderen Grund: Die Geldpolitik der Notenbanken wirkt über Buchgeld, nicht über Bargeld. Bürger können Bargeld zu Hause horten und damit verhindern, dass Banken ihnen auf Einlagen einen negativen Zins berechnen – und so ihr Erspartes schmälern. Der Bankenverband stellt daher fest: „Auch wenn sich die Forderung nach Abschaffung des Bargeldes ökonomisch begründen lässt, geht sie doch weitgehend an der Realität vorbei.“ Findige Kriminelle könnten auf andere Währungen oder Güter umsteigen. Zudem lehnt die Bevölkerung die Abschaffung ab.
Wirtschaftsprofessor Lars Feld von der Uni Freiburg spricht von „geprägter Freiheit“. Bargeld ermögliche dem Bürger, sich dem Zugriff des Staates zu entziehen, etwa durch Schwarzarbeit. Die sei zwar illegal, für manche aber die einzige Möglichkeit, überhaupt Geld zu verdienen. Auch Manager und professionelle Geldverwalter lehnen jüngsten Umfragen zufolge die Abschaffung des Bargeldes ab. Sie verweisen auf Datenschutz und die Freiheit, ähnlich wie Feld.
Wie viel Deutsche sind gegen die Abschaffung?
Einer Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov zufolge würden es drei von vier Befragten (74 Prozent) ablehnen, wenn in Deutschland der Annahmezwang für Bargeld wegfallen würde. Immerhin jeder Fünfte (21 Prozent) in Deutschland würde ein solches Gesetz aber befürworten.
Wie viele Deutsche zahlen mit Bargeld?
Noch ist Bargeld das „Zahlungsmittel Nummer eins“ in Deutschland, wie die Deutsche Bundesbank festgestellt hat. Demnach werden mehr als die Hälfte (53 Prozent) der Umsätze an der Ladenkasse bar abgewickelt, bei vier von fünf Transaktionen wird der Einkauf mit Scheinen und Münzen beglichen. Das heißt: Je höher der Preis, umso eher wird mit Plastikgeld bezahlt. Hingegen werden kleinere Beträge beim Kauf von Lebensmitteln, Drogerieartikeln oder in Bekleidungsketten bar beglichen, sagt der Vorsitzende der Bundesvereinigung Deutscher Geld- und Wertdienste, Michael Mewes.
Der Trend geht langsam, aber stetig hin zum bargeldlosen Einkauf. Nicht nur, weil im boomenden Internetgeschäft unbar bezahlt wird. Auch im stationären Einzelhandel werden inzwischen 43,7 Prozent des Umsatzes per Karte abgewickelt, wie das EHI Retail Institute vorrechnet: „Der kartengestützte Umsatz des Einzelhandels hat sich damit in den letzten 20 Jahren mehr als verachtfacht.“
Wie viel Euro-Bargeld ist in Umlauf?
Daten für einzelne Länder gibt es nicht, sondern nur eine Auskunft über die von der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalen Euro-Notenbanken in Umlauf gebrachten Banknoten und Münzen. Im April waren es 17,5 Milliarden Euro-Scheine im Wert von rund einer Billion Euro und 112 Milliarden Münzen im Wert von 25 Milliarden Euro. Die meisten Scheine gibt es aktuell vom 50er (7,6 Milliarden) und vom 20er (3,1 Milliarden), bei den Münzen sind es Ein-Cent-Stücke (29,8 Milliarden). Von den Ein- Euro-Münzen gibt es 6,6 Milliarden, von den Zwei-Euro-Münzen rund 5,3 Milliarden.
Ist das Geld nur in den 19 Euro-Ländern in Umlauf?
Nein. Auch in Monaco, San Marino und dem Vatikan wird mit Euro bezahlt. Außerdem ist der Euro in Südosteuropa beliebt, wo er teilweise schon als Zweitwährung gilt. In der Schweiz kann vielerorts mit dem Euro auch in bar bezahlt werden. Angeblich werden selbst in Argentinien Euro-Banknoten gehortet, weil ihr Wert als stabil gilt.
Könnte Bargeld einfach verboten werden?
Das Währungsrecht ist nach Angaben der Bundesbank ausschließliche Kompetenz der EU. Allenfalls Begrenzungen der Bargeld-Nutzung sind den einzelnen Mitgliedstaaten möglich. Durch eine Abschaffung würde die Konsumentensouveränität verletzt, sagt Bundesbanker Thiele. Das sei aus ordnungspolitischen Gründen abzulehnen.
Gibt es Beschränkungen?
Wie in Italien sollen auch in Frankreich Barzahlungen ab September auf Beträge bis 1000 Euro beschränkt werden, derzeit liegt die Grenze bei 3000 Euro. In Finnland sind Ein- und Zwei-Cent-Stücke zwar offizielles Zahlungsmittel. Faktisch werden sie aber nicht verwendet, die Preise werden immer auf Fünf-Cent-Beträge aufgerundet. Hierzulande können bestimmte Leistungen nicht mehr bar bezahlt werden, etwa die Kfz-Steuer oder die Stromrechnung.
Was sagt der Einzelhandel in Deutschland?
Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels lehnt die Abschaffung von Bargeld strikt ab. Denn für die Händler ist es der günstigste Zahlungsweg. Bei der Girocard sind 0,25 bis 0,3 Prozent vom Umsatz fällig, bei der Kreditkarte müssen die Händler sogar drei Prozent an die Kreditkartenfirmen abführen. Allerdings ist das Bargeld auch nicht mehr so günstig, seit die Bundesbank ihr Filialnetz deutlich ausgedünnt hat und der Handel verstärkt auf private Geldtransportfirmen angewiesen ist.
Wie ist die Lage in Dänemark und in Schweden?
In Dänemark will die Zentralbank nur noch bis Ende 2016 Münzen prägen und Banknoten drucken. Tankstellen, Restaurants und kleine Läden sollen ab 2016 vom Annahmezwang von Bargeld befreit werden. Das heißt: Kleine Geschäfte und Cafés müssen dann keine Scheine und Münzen mehr annehmen. Bargeld sei für die Unternehmen zu teuer, die Kosten für Sicherheit zu hoch, so die Begründung. In Schweden tobt die Debatte noch. Etliche Banken geben in ihren Filialen kein Bargeld mehr aus. Selbst Kleinbeträge werden mit Kreditkarte bezahlt, und eine Busfahrkarte kann nur noch per Handy gekauft werden. Die Kritiker halten Bargeld für zu teuer und zu unhygienisch – angeblich tummeln sich im Schnitt 26 000 Keime auf einem Geldschein. Abschaffungsgegner halten Bargeld für ein demokratisches Recht, zudem könnten Kreditkarten gestohlen und dadurch ein viel größerer Schaden angerichtet werden. Und: Geldautomaten und Kreditkarten-Terminals seien viel unhygienischer als Bargeld, es sei denn, sie würden regelmäßig gereinigt.