Der nächste Streik – für Bahnkunden ein gewohntes Bild Foto: Peter Petsch

Rund ein Drittel der Züge im Land soll während des Bahnstreiks fahren. Die S-Bahnen im Raum Stuttgart sind eingeschränkt unterwegs. Alternativen sind reichlich vorhanden – und begehrt.

Stuttgart - Vom frühen Donnerstagmorgen bis Montag früh um 4 Uhr hat die Lokführergewerkschaft GDL ihre Mitglieder zum Streik aufgerufen. Die Bahn selbst, aber auch andere Anbieter haben sich inzwischen auf diesen historischen Ausstand vorbereitet. Hier sind die wichtigsten Antworten für Pendler und Reisende.

Die Bahn

„Rund ein Drittel der Züge wird fahren“, sagt ein Sprecher der Deutschen Bahn in Stuttgart. Im Fernverkehr sollen große Städte im Ein- bis Vier-Stunden-Rhythmus bedient werden. Regionalzüge sollen alle wichtigen Fahrziele anfahren, je nach Ort im Ein- oder Zwei-Stunden-Takt. „Man kommt auf jeden Fall von Stuttgart nach Aalen, Heilbronn, Karlsruhe, Ulm oder Tübingen“, so der Sprecher. Die Schusterbahn von Untertürkheim nach Kornwestheim fährt allerdings nicht, ebenso wenig die Teckbahn von Kirchheim nach Oberlenningen.

Die S-Bahn fährt während des gesamten Streiks auf allen Linien im Stundentakt mit Langzügen. Nur auf der Strecke der S 60 wird ein Bus-Ersatzverkehr eingerichtet. Die S 1, S 2 und S 6 fahren die gewohnten Strecken. Die S 3 verkehrt nur zwischen Backnang und Bad Cannstatt. Die S 4 fährt ab Marbach zur Schwabstraße und zurück, zwischen Marbach und Backnang wird stündlich ein Bus eingesetzt. Die S 5 aus Bietigheim endet in Zuffenhausen. Alle Linien fahren nicht im Nachtverkehr von Freitag auf Samstag und Samstag auf Sonntag.

Der Bahn-Sprecher empfiehlt, sich einige Stunden vor der geplanten Fahrt darüber zu informieren, ob und wann der gewünschte Zug fährt. Das geht unter www.bahn.de, www.vvs.de oder telefonisch unter der kostenlosen Nummer 0 80 00 – 99 66 33. An den Bahnhöfen ist Servicepersonal im Einsatz.

Busse und Stadtbahnen

Sämtliche Busse und Stadtbahnen der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) fahren planmäßig. „Wir setzen Langzüge ein, wo es geht“, sagt SSB-Sprecherin Susanne Schupp. Auf einzelnen Linien sollen Zusatzbahnen fahren. Der Verkehrsverbund Stuttgart zeigt sich kulant: Wer mit VVS-Ticket unterwegs ist, darf mehr Zonen befahren, als auf dem Fahrschein stehen, falls er anders nicht ans Ziel kommt. Wer ein reines Bahnticket hat, darf auf Stadtbahn oder Bus umsteigen, wenn eine Weiterfahrt sonst unmöglich ist.

Flughafen

Der Stuttgarter Flughafen ist über die Linie S 2 im Stundentakt erreichbar. Zudem pendeln während des Streiks Ersatzbusse zwischen dem Terminal und dem Albplatz in Stuttgart-Degerloch, und zwar stündlich von 6.38 Uhr morgens bis 23.38 Uhr abends.

Taxis

„Wir sind gut gerüstet“, sagt Antonio Tridico. Der Leiter der Funkzentrale bei der Taxi-Auto-Zentrale Stuttgart weiß, „dass es an den vergangenen Streiktagen ganz gut funktioniert hat“. Er schätzt ein um 30 bis 40 Prozent höheres Fahrgastaufkommen als sonst. Es gebe bereits viele Vorbestellungen für die nächsten Tage. „Wir haben das Personal in der Zentrale aufgestockt“, so Tridico, „auf der Straße wird alles fahren, was da ist.“

Straßen

Weil viele Pendler aufs Auto umsteigen müssen, wird Autofahren zum Geduldsspiel. „Auf Stuttgart rollt eine Welle zu, der wir machtlos gegenüberstehen“, sagt Ralf Thomas, Chef der Stuttgarter Verkehrsleitzentrale. Heißt im Klartext: Ein Lenken der Verkehrsströme ist während des Lokführerstreiks unmöglich. Besondere Engpässe sind laut Thomas die Einfallstraßen aus dem Bereich Esslingen (B 10), dem Rems-Murr-Kreis (B14/B 29) und dem Raum Ludwigsburg (B 10/B 27). Thomas rät zu Fahrgemeinschaften und – wo möglich – zum Umstieg auf die Stadtbahn. Folge: Viele Wohnstraßen in Stadtbahnnähe dürften von Pendlern zugeparkt sein.

Mitfahrzentralen

„Wir hatten einen historischen Tag“, sagt Sprecher Christian Schiller vom Online-Portal BlaBlaCar, das private Autofahrer mit Mitfahrern zusammenbringt. Nachdem die GDL ihre Streikabsichten bekanntgegeben hatte, verzeichnete der Dienst eine Verdreifachung der Neuanmeldungen von Nutzern. „Das übersteigt auch noch einmal den Zulauf, den wir bei dem Streik vor drei Wochen hatten“, sagt Sprecher Schiller. Zudem stellen die Nutzer sehr viel mehr Angebote ins Netz. „Die Zahl der Fahrten, die stündlich neu eingestellt werden, hat sich verdoppelt. Seit der Streikankündigung sehen wir so eine zusätzliche Sitzplatzkapazität von über 20 000 Sitzen oder auch 50 gefüllten ICEs.“ Das Unternehmen selbst profitiert davon nicht, weil es seinen Dienst in Deutschland kostenlos anbietet. Damit Fahrer ihre freien Plätze nicht zu unangemessen hohen Preisen anbieten, deckelt BlaBlaCar die Kosten für Mitfahrer: Maximal darf der Fahrer 7,50 Euro pro 100 Kilometer verlangen. Die Verbindung Stuttgart–München liegt nach Hamburg–Berlin und Berlin–Dresden auf Platz drei der meistbefahrenen Strecken.

Fernbusse

Die Preise der Fernbusse, die von Stuttgart nach München fahren, haben sich für das Wochenende teilweise verdreifacht. So kostet eine Fahrt mit dem Anbieter Mein Fernbus diesen Freitag 24,50 Euro. Wer die Fahrt eine Woche später bucht, bezahlt den sonst üblichen Preis: 8 Euro.

Sprecherin Marie Gloystein von Mein Fernbus betont, dass es sich um die üblichen Preise handelt, die durch Angebot und Nachfrage bestimmt werden. „Sobald es keinen Sparpreis mehr gibt, bekommen Kunden den Normalpreis angeboten, und der liegt genau dort, wo er auch zum Start unseres Angebots gelegen hat“, sagt die Sprecherin. Auf die Internetseite des Fernbus-Unternehmens greifen die Nutzer derzeit sechsmal so häufig zu wie sonst. Mein Fernbus wie auch die anderen Stuttgart bedienenden Unternehmen wie Dein Bus, Flixbus oder der ADAC-Postbus dürften jedenfalls am Wochenende satte Profite einfahren. Sie bringen mehr Busse auf die Straßen. An jedem Streiktag sollen 100 Zusatzfahrten angeboten werden.

Carsharing

Andreas Leo, Sprecher von Car2go, spricht von 15 bis 20 Prozent mehr Fahrten des Carsharing-Anbieters während Streikzeiten. „Ein Streik im Fernverkehr betrifft uns weniger; wenn die S-Bahnen im Innenstadtgebiet nicht fahren, nutzen aber schon mehr Leute unseren Dienst“, sagt Leo.

Lange Einkaufsnacht

Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn hält überhaupt nichts vom angekündigten Bahnstreik. Kuhn kritisiert die Streikdauer und den damit verbundenen Schaden für die Stadt und die Region: „Durch den zu befürchtenden umfangreichen Ausfall von Regionalzügen und S-Bahnen erleiden Unternehmen, Veranstalter und Geschäftsleute herbe Verluste.“ Konkret fürchtet Kuhn einen Misserfolg der langen Einkaufsnacht an diesem Samstag in Stuttgart. Ohne Streik rechnete man mit 170 000 Besuchern.