Etwa jeder siebte Polizist in Baden-Württemberg hat einen Nebenjob. Foto: dpa

Freund und Nebenjobber: Viele Polizisten verdienen sich außerhalb ihres Dienstes noch ein Zubrot. Mit einer Genehmigung dürfen sie das auch. Doch es werden immer mehr.

Stuttgart - Vom Alleinunterhalter bis zum Fahrer: Etwa jeder siebte Polizist in Baden-Württemberg hat einen Nebenjob. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur haben von insgesamt 26 323 Polizeibeamten im Land 3528 mindestens eine zusätzliche Einnahmequelle (Stichtag 16.11.2017).

Die meisten Ordnungshüter, die einer Nebentätigkeit nachgehen, sind in den Besoldungsgruppen A8 (2430 bis 3140 Euro) bis A11 (3147 bis 4166 Euro). Es handelt sich in diesem Bereich hauptsächlich um Beamte im Alter von Ende 20 bis Anfang 50. Die meisten Nebenjobber kommen mit 655 aus der Besoldungsgruppe A9 mittlerer Dienst, gefolgt von 590 aus der Gruppe A10 und 548 aus der Gruppe A9 gehobener Dienst.

Insgesamt arbeiten nach offiziellen Angaben immer mehr Polizeibeamte nebenher. Es gibt zwar keine Zahlen aus den Jahren vor 2015. „Aber wir haben einen leichten Anstieg seit 2015 zu verzeichnen - im einstelligen Prozentbereich. Wir gehen aber davon aus, dass wir diesen Trend auch schon vor 2015 hatten“, sagte Ministeriumssprecher Renato Gigliotti. Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) geht von einem Anstieg aus.

Viele arbeiten als Fahrer und Hausmeister

Besonders viele Stuttgarter Polizisten betätigen sich laut Gigliotti im Nebenberuf als Fahrer - nämlich 37. Weitere Schwerpunkte sind im Bereich Hausmeister/Hausverwalter (11) und Aushilfen in verschiedenen Bereichen (10). 9 Beamte üben ein selbstständiges Gewerbe aus, 6 Bürotätigkeiten und 5 arbeiten als Komparse. Es gibt auch einige Zeichner.

Zugleich machen Polizisten in ihrem eigentlichen Beruf immer mehr Überstunden. 2016 waren es beim Polizeivollzugsdienst rund 1,3 Millionen Stunden, im Jahr zuvor etwa 1,29 Millionen. Das sind wiederum deutlich mehr als 2014. Bis dahin war die Zahl mit 1,1 Millionen Mehrarbeitsstunden pro Jahr nahezu konstant. Der Sprung zwischen 2014 und 2015 ist laut Innenministerium auf den Flüchtlingszustrom im Jahr 2015 zurückzuführen.

Bei den unteren Besoldungsgruppen dürfte ein wesentlicher Grund für die Nebenarbeit laut der DPolG darin liegen, dass in der Familiengründungsphase nicht ausreichend Geld zur Verfügung steht. „Nebentätigkeiten sind nichts Schlechtes, wenn das Hauptamt - also der Polizeiberuf - dadurch nicht negativ beeinträchtigt wird. Grundsätzlich sollte es aber so sein, dass das Gehalt eines Beamten auch in unteren Besoldungsgruppen ausreicht“, sagte DPolG-Landeschef Ralf Kusterer. Gerade in Ballungsräumen sei dies nicht immer der Fall, weil Wohnungen sehr teuer seien.

Zusatzverdienste grundsätzlich erlaubt

Kusterer wies darauf hin, dass die finanzielle Situation bei den Tarifbeschäftigen besonders schwierig sei. Es sei schon lange so, dass diese Nebentätigkeiten brauchten, um sich über Wasser halten zu können. „Die Arbeit nach Feierabend bei Rewe an der Kasse, als Taxifahrer, Putzfrau oder ähnlichem ist nicht selten. Gerade auch bei alleinerziehenden Frauen.“

Die Nebentätigkeiten sind laut Gigliotti genehmigungspflichtig. Das legt das Landesbeamtengesetz fest. Grundsätzlich sind Zusatzverdienste erlaubt, die 1200 Euro im Jahr nicht übersteigen und nicht mehr als ein Fünftel der Arbeitszeit in Anspruch nehmen. Jedoch können auch Anträge auf einen Nebenjob abgelehnt werden. „Sobald die dienstliche Pflicht vernachlässigt, die Unbefangenheit beeinträchtigt oder das Ansehen der Polizei beschädigt wird“, sagte Gigliotti. Über die Nebentätigkeiten entscheiden die jeweiligen regionalen Polizeipräsidien.

Die illegale Tätigkeit von drei baden-württembergischen Polizisten bei Schulungsmaßnahmen in Libyen hatte im Jahr 2006 für Schlagzeilen gesorgt. Wegen der Ausbildung libyscher Anti-Terroreinheiten wurde ein Polizist im Mai 2011 vom Amtsgericht Böblingen zu einer Geldstrafe wegen Betrugs verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen, dass der damals 43-jährige Angeklagte 2006 und 2007 libysche Polizisten im Schießen und Häuserkampf trainiert hatte. Während seiner Aufenthalte in dem nordafrikanischen Land hatte sich der Polizeibeamte beim Arbeitgeber krankgemeldet. Der Mann hatte angegeben, wegen einer Knieoperation dienstunfähig gewesen zu sein.