Innenminister Thomas Strobl warnt vor einem Übergreifen innertürkische Konflikte im Südwesten. Foto: dpa

Da waren sich die Fraktionen im Landtag einmal einig - die Konflikte aus der Türkei dürfen nicht im Südwesten ausgetragen werden. Doch wie sollte man nun politisch und wirtschaftlich mit dem Land am Bosporus umgehen, das massiv gegen Oppositionelle und Journalisten vorgeht?

Stuttgart - Innenminister Thomas Strobl (CDU) hat vor einem Übergreifen innertürkischer Konflikte auf den Südwesten gewarnt. Er appellierte an Menschen mit türkischen und kurdischen Wurzeln, friedlich zusammenzuleben. „Gewaltsame Auseinandersetzungen dulden wir unter keinen Umständen“, sagte der Vize-Regierungschef am Donnerstag im Landtag. Er zeigte sich äußerst besorgt wegen der Lage in der Türkei und stellte die EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Land infrage. „Wenn die Türkei zur Todesstrafe zurückkehrt, verliert sie die Perspektive auf einen Beitritt zur EU. Dann haben Beitrittsverhandlungen auch keinen Sinn mehr.“

Beitrittsverhandlungen auf Eis zu legen?

Auch Justizminister Guido Wolf (CDU) sagte: „Sollte die Türkei die Todesstrafe einführen, dann ist aus meiner Sicht der Beitrittsprozess zur EU nicht mehr zu retten.“ Der Grünen-Abgeordnete Daniel Lede Abal sprach sich dafür aus, die Beitrittsverhandlungen zumindest auf Eis zu legen, aber die Gespräche mit dem Land nicht ganz abreißen zu lassen. Dem schloss sich auch der SPD-Abgeordnete Sascha Binder an.

Die Türkei ist seit 2005 EU-Beitrittskandidat. Das Verhältnis zwischen Ankara und Brüssel war aber zuletzt extrem angespannt, vor allem nach der Inhaftierung von Journalisten und Oppositionellen nach dem Putschversuch türkischer Militärs vom Juli dieses Jahres.

200 Kurden demonstrieren in Stuttgart

Am Samstag hatten rund 200 Kurden in Stuttgart gegen die Politik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan demonstriert. Fünf Beamte wurden verletzt - es gab zwei Gewahrsamnahmen. Die Alternative für Deutschland (AfD) forderte am Donnerstag in der von ihr beantragten Landtagsdebatte, die Handelsbeziehungen zur Türkei einzufrieren.

Der CDU-Abgeordnete Joachim Kößler warf der AfD vor, eine Debatte über den Islam befeuern zu wollen. Der SPD-Abgeordnete Binder sprach sich gegen Wirtschaftssanktionen gegen die Türkei aus, weil diese bei innertürkischen Konflikten nicht zielführend seien. Der FDP-Abgeordnete Gerhard Aden verwies darauf, dass die Türkei für den Mittelstand ein wichtiger Handelspartner sei. Sich komplett von der Türkei abzunabeln, wäre der falsche Weg. Einen Beitritt der Türkei zur EU hielt Aden derzeit aber ebenfalls für nicht möglich.