In wenigen Wochen können die Bad Boller wieder in der Ortsmitte ihre Lebensmittel einkaufen. Foto: /Horst Rudel

Die frisch gegründete Genossenschaft hat ganze Arbeit geleistet: In wenigen Wochen kann das etwas andere Lebensmittelgeschäft in den Räumen des früheren Treff 3000 in der Ortsmitte eröffnen.

Bad Boll - Das Ziel ist ehrgeizig. Mitte Januar soll der neue Dorfladen in Bad Boll eröffnen. Bis dahin gibt es noch vieles zu tun. Die neue Kasse wird wohl in dieser Woche gebracht. Auch zu putzen gibt es noch einiges, und die Käsetheke muss mit zwei Waschbecken ausgestattet werden. So verlangt es der Wirtschaftskontrolldienst. Dann muss die Ware eingeräumt und das Kassensystem eingerichtet und auf das Sortiment abgestimmt werden, und, und, und. Doch die Genossenschafter sind zuversichtlich, dass alles gut läuft. „Wir haben sehr viel Rückenwind aus dem Dorf“, sagt Jobst Kraus. Er gehört dem vierköpfigen Vorstand der Genossenschaft an, die mittlerweile mehr als 500 Mitglieder zählt.

Hinter den Betreibern eines Genossenschaftsladens liegen ereignisreiche Monate. Im Frühjahr kündigte Anette Herzberger vom Naturkostladen „Lindenblüte“ an, dass sie ihr Geschäft aufgeben wolle. Ein Aufschrei ging durch den Ort, eine Versammlung wurde einberufen mit dem Ziel, eine Genossenschaft zu gründen, die den Laden übernimmt. Das Interesse an der Veranstaltung war groß, und während man überlegte, wie die „Lindenblüte“ zu retten sei, platzte die nächste Bombe: der Unternehmensverbund Edeka schloss im Sommer den Treff 3000, den einzigen Lebensmittelmarkt in der Ortsmitte. Kurzentschlossen entschieden die Akteure, sich um die Räume des Treff 3000 zu bemühen und dort sowohl das Lindenblüte-Sortiment als auch konventionelle Lebensmittel und regionale Produkte zu verkaufen.

Der Mietvertrag ist unterzeichnet

Seither haben alle Beteiligten gewirbelt, um das Projekt aus der Taufe zu heben. Auch die Gemeinde zog mit und bewilligte für den Anfang einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 1500 Euro. Außerdem brauchten die Akteure den Segen des Genossenschaftsverbandes. „Wir mussten einen Wirtschaftsplan vorlegen, der den normalen wie auch den worst und den best case darstellt. Es hat 14 Tage gedauert, bis wir grünes Licht bekamen“, sagt Kraus. Vor der Unterzeichnung des Mietvertrags am 14. November wurde die Genossenschaft in Gründung schließlich noch eingetragen, damit sie voll rechtsfähig ist.

Nachdem alle diese Hürden überwunden sind, kann es nun an die eigentliche Arbeit gehen. Die ersten Umbauarbeiten sind geschafft, und auch eine kuriose Panne haben die Genossenschafter schon hinter sich. Als die alte Kasse abgebaut wurde, standen plötzlich zwei Polizisten im Laden. „Offenbar war die Alarmleitung noch an das System angeschlossen“, sagt Kraus. Obwohl der Laden noch geschlossen ist, gibt es bereits eine Marktleiterin. Da sie auch beim Treff 3000 arbeitete, kennt sie die Wünsche der örtlichen Kundschaft gut. Eine frühere Kollegin wird sie unterstützen. Im Januar sollen weitere sechs Verkäuferinnen eingestellt werden – einige auf 450-Euro-Basis, andere mit 20-Stunden-Verträgen. Außerdem haben sich 100 Leute bereit erklärt, ehrenamtlich mit anzupacken.

Die Kundenwünsche stehen im Mittelpunkt

Dem Vorstand schwebt ein übersichtliches Sortiment vor, das auf die Wünsche der Kunden eingeht. „Wir wollen eine Tafel hinstellen, auf der die Kunden mit Kreide vermerken können, was sie gerne möchten“, erläutert Kraus. Da es schon zu Missverständnissen kam, ist es Kraus wichtig klarzustellen, dass alle in dem Laden einkaufen dürfen, nicht nur Genossenschafter. Er sieht das Geschäft auch als sozialen Treffpunkt. Eine Kaffeemaschine soll es geben, auch eine Zeitung soll ausliegen. Wert legt der Vorstand auch darauf, dass der Bringdienst durch den Boller Wagen, ein Lastenfahrrad, mit dem Einkäufe geliefert werden, ausgebaut wird. Und es gibt noch andere Pläne – eine Fahrradrikscha könnte Kunden, die kein Auto haben, zum Einkaufen abholen. Doch das ist Zukunftsmusik.