Die Beschäftigten von ZF Friedrichshafen müssen sich nun weniger Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen als bisher. Foto: dpa

Das Unternehmen gibt eine Beschäftigungsgarantie bis 2022. Zudem werden 600 Millionen Euro investiert. Die Beschäftigten verzichten einmalig auf Gehaltsbestandteile.

Stuttgart - Der Getriebehersteller ZF hat nach langen und zähen Verhandlungen mit dem Betriebsrat einen Vertrag zur Sicherung des Standorts Friedrichshafen abgeschlossen. Einer der Kernpunkte der Vereinbarung ist eine Sicherung der Beschäftigung in Friedrichshafen bis Ende 2022. Zudem will ZF in den nächsten sechs Jahren 600 Millionen Euro an seinem Stammsitz investieren. Im Augenblick sind dort 9000 Beschäftigte tätig.

Friedrichshafen soll nach dem Vertrag die Modellfabrik des Konzerns für autonom fahrende Nutzfahrzeuge werden. Außerdem soll der Standort zum Leitwerk der gesamten Division Nutzfahrzeugtechnik weiterentwickelt werden. Personalvorstand und Arbeitsdirektor Jürgen Holeska erklärte, die Vereinbarung eröffne für Friedrichshafen langfristig neue Perspektiven, sei aber auch ein Meilenstein auf dem Weg, die deutschen Werke von ZF „zukunftsfest“ zu machen.

Betriebsrat hofft auf Aufbruchstimmung

Achim Dietrich, der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, hofft, dass durch die Vereinbarung in Friedrichshafen wieder „Aufbruchsstimmung“ einzieht. In den vergangenen Jahren habe es dagegen bei der Belegschaft viele Sorgen um den Standort gegeben. Nun sei klar, dass es auch neue Arbeit für den Stammsitz des Unternehmens geben werde. Dies ist nach Ansicht von Dietrich auch deswegen wichtig, weil damit gerechnet wird, dass der Nutzfahrzeughersteller MAN seine Getriebe künftig beim Lastwagenbauer Scania kauft, der wie MAN zum VW-Konzern gehört. Ohne Ersatz könnte dies zwischen 1100 und 1200 Arbeitsplätze kosten, war bisher befürchtet worden. Jetzt sei für Friedrichshafen, eine Untergrenze von 8500 Mitarbeitern festgeschrieben worden.

Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats rechnet damit, dass es auch künftig Schwankungen bei der Mitarbeiterzahl geben könnte. Dies etwa dann, wenn Aufträge von MAN wegfallen, bevor die Pläne für den Ausbau des autonomen Fahrens greifen. Dass das Unternehmen 600 Millionen Euro investieren wolle, sei „kein Pappenstiel“, sagte Dietrich. Auf einer Betriebsversammlung mit etwa 5000 Mitarbeitern habe es nur zwei bis drei Stimmen gegen die Vereinbarung gegeben.

Lohnerhöhung wird teilweise angerechnet

Im Gegenzug zu den hohen Investitionen, hat der Betriebsrat zugestimmt, dass die tariflich vereinbarte Lohnerhöhung um zwei Prozent zum April 2017 einmalig auf übertarifliche Gehaltsbestandteile angerechnet wird. Dafür soll es allerdings im April eine Einmalzahlung von 700 Euro geben. Für das Unternehmen hat dies den Vorteil, dass eine künftige weitere Erhöhung des Tarifgehalts von einer niedrigeren Basis ausgeht, als wie wenn die Tariferhöhung wirksam geworden wäre. Insbesondere bringt dies dem Konzern Vorteile bei der Bezahlung neuer Mitarbeiter. Bisher bekommen die Beschäftigten übertarifliche Zulagen von 12,5 Prozent. Diese werden nach den Angaben von Dietrich auf neun Prozent abgesenkt. Für die nächsten sechs Jahren sind diese neun Prozent dann allerdings festgeschrieben, „so dass es keine Abwärtsspirale gibt“, sagte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats. Zudem soll die Arbeitszeit noch flexibler gestaltet werden, etwa durch neuartige Schichtsysteme.

Die Investitionen sollen nach den Angaben des Unternehmens zur Hälfte in Brückentechnologien oder in die Montage mittlerer und kleinerer Getriebe für Nutzfahrzeuge investiert werden. Die Brückentechnologien sollen den Übergang vom Fahren mit Benzinmotoren zur Fortbewegung mit Elektromotoren schaffen. Dabei wird beispielsweise an einen Benzinmotor mit Getriebe noch ein Elektromotor angehängt. Aus den 600 Millionen Euro für Investitionen fließen zehn Millionen Euro in einen Innovationsfonds. Mit diesem sollen neue Produkte und Geschäftsmodelle entwickelt und marktreif gemacht werden. www.stuttgarter-zeitung.de/thema/ZF_Friedrichshafen