Die Besucher konnten eine große Vielfalt an Kunststilen entdecken. Foto: Archiv /(avant)/i

Unter dem Motto „Kunst daheim“ wurden die Werke von insgesamt neun regionalen Künstlern in der Kelter gezeigt. Die Besucher nutzten das Angebot rege.

Ein Schwätzchen hier, der Versuch einer Umarmung dort und viele glückliche Gesichter: der Freitagabend in der Rielingshäuser Kelter hat die zahlreichen Besucher auf äußerst angenehme Weise an die Zeit vor Corona erinnert. Die Vernissage zu „Kunst in der Kelter“ machte einmal mehr deutlich, wie sehr das Zusammenkommen und die Kunst vermisst worden sind.

Der Maler Max Kühn bildete den Grundstein

Dass es überhaupt zu einer so vielseitigen Wochenend-Bespielung der Sinne kommen konnte, ist drei Menschen zu verdanken: Da wäre Helmut Scheunchen, der den Impuls zu der Ausstellung lieferte, weil er bekennender Liebhaber des Malers Max Kühn ist. Da Scheunchen zugleich Kammermusiker ist, bereicherte den Abend überdies mit zwei kongenialen Violoncello-Stücken. Max Kühn, der 1888 in Stettin geboren wurde, hat bis zu seinem Tod gut 16 Jahre lang in Rielingshausen gelebt. Er machte sich dabei auch einen Namen, weil er als Emigrant mit seinen Werken unter anderem das zerstörte Stuttgart dokumentierte. Mit den Worten „Wollen wir nicht eine Ausstellung über Max Kühn machen?“ hatte Helmut Scheunchen den Grundstein für das gelegt, was Christiane Scheuing-Bartelmess kurzerhand mit dem Künstlerdorf Worpswede assoziierte.

Ein Highlight des Jubiläumsjahres

Einfach, weil aus dem angedachten Künstler Kühn flugs neun Künstler wurden: sie alle waren oder sind in Rielingshausen kreativ. Der Kultur- und Heimatverein – und allen voran Scheuing-Bartelmess sowie ihre Vereinskollegin Tanja Wildermuth – haben daraufhin mit Geschick aus der Ursprungs-Idee eine attraktive und vielseitige Ausstellung unter der Rubrik „Kunst daheim“ realisiert, die den neun Künstlern ein Gesicht gibt: Christiane Goerlich, Karl Fritz, Dragutin Gasparec, Fritz Genkinger, Ulrike Haus, Gerd Hörmann, Ilona Kaufmann, besagter Max Kühn sowie Ulrich Sach, ein Freund Genkingers.

Die Kunsthistorikerin Carla Heussler modellierte schließlich mit ihren fachkundigen Worten das kreative Gesicht der einzelnen Künstler, deren Werke in der Kelter bis einschließlich Sonntag zu sehen waren, weiter aus. Zuvor aber begrüßte Bürgermeister Jan Trost die Anwesenden „dieser postpandemischen Ausstellung und zur Rückkehr in unser gewohntes Leben“. Die Ausstellung sei eines der „Highlights im Rahmen des Jubiläumsjahrs 50 Jahre Gesamtstadt Marbach“.

Tradition und Moderne treffen sich auf dem Land

Claudia Thannheimer vom Ministerium für ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg nutzte für ihre Rede die beinahe weltumspannende Formel „Liebe alle“ und führte am Beispiel der aktuellen Veranstaltung aus, „warum Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen deutschen Bundesländern – ja sogar im europaweiten Vergleich – einen äußerst starken und attraktiven Ländlichen Raum hat“. Ihrer Auffassung nach stehe der für Heimat, Freiheit und Nachhaltigkeit und habe eine aktive Mitmachgesellschaft. „Auf dem Land kommen Tradition und Moderne zusammen“ und dort „ist die Wiege der gesellschaftlichen Kultur in Baden-Württemberg“, so Thannheimer.

Mit einem Zitat des Malers Lyonel Feininger „Kunst ist nicht Luxus, sondern eine Notwendigkeit“ übergab sie den Stab an Carla Heussler, die der Stadt attestierte, dass in Rielingshausen – nahe der Literaturstadt Marbach – sehr viele spannende Künstler lebten und leben. Etwa Fritz Genkinger, „der Rielingshäuser Malerstar,“ dem in der Kernstadt sogar ein eigenes Kunsthaus gewidmet ist. Spannungsreich war auch der Bogen, den Heussler spann: denn die drei Frauen und sechs Männer, die sie vorstellte, geben eine enorme Spannbreite an Künstlerschicksalen und Stilen wieder. Diese Vielfalt zu erleben, das bot die Ausstellung in der historischen Kelter, zu deren Vernissage weitaus mehr Gäste erschienen waren, als zunächst erwartet.

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