Margot Kupferschmidt malt gerne Menschen – und was sie in ihnen sieht. Foto: Gottfried Stoppel

Menschen sind ihr liebstes Motiv. Wenn sie eine spannende Szene sieht, hält Margot Kupferschmidt aus Schorndorf mit der Kamera drauf – und bringt sie später auf die Leinwand. Die Galerie Schäfer in Waiblingen zeigt nun ihre „Bildergeschichten“.

Manche Motive sieht sie zufällig. Dann zückt sie schnell ihre kleine Fotokamera, die sie stets bei sich trägt, und hält möglichst unauffällig drauf. Für manche ihrer Gemälde geht Margot Kupferschmidt aber auch ganz gezielt auf die Fotopirsch: Als sie für ein Bild drei Männer in weißen Hemden brauchte, legte sie sich vor der Stuttgarter Börse auf die Lauer. Mit Erfolg. Das Gemälde, in dem Margot Kupferschmidt das Trio abgebildet hat, gehört zu den 35 überwiegend großformatigen Arbeiten der Schorndorferin, die nun in der Waiblinger Galerie Schäfer ausgestellt sind.

Diese zeigten das sehr feine Farbgefühl der Malerin, lobt die Galeristin Ursula Schäfer – und tatsächlich hat Margot Kupferschmidt den Umgang mit Farben gründlich gelernt. „An der Akademie mussten wir zum Beispiel hundert verschiedene Grautöne mischen und in Kästchen malen, um ein Gefühl dafür zu bekommen“, erzählt Margot Kupferschmidt über ihr Studium an der Akademie Esslinger Schule.

Sie legt viele Farbschichten übereinander

Ihr Traumberuf sei eigentlich Modezeichnerin gewesen, sagt die 68-Jährige, die im Raum Ulm aufgewachsen ist. Doch sie folgte dem Appell ihrer Eltern und lernte stattdessen „etwas G’scheites“. Sie wurde Zahntechnikerin und war damit aus mehreren Gründen letztlich ganz zufrieden. Zum einen sei das auch ein kreativer Beruf, sagt Margot Kupferschmidt: „Man muss räumlich denken können, Farbgefühl braucht man auch. Aber halt nur in Weiß.“ Zum anderen verdiente sie auf diese Weise genügend Geld, um in ihrer Freizeit die Bilder malen zu können, die sie malen wollte – ganz unabhängig davon, was auf dem Markt gefragt war.

Die Ölfarben hat Margot Kupferschmidt eines Tages gegen Acrylfarben getauscht. Die Warterei, bis die Ölfarben getrocknet waren, dauerte ihr zu lange. „Acrylfarben trocknen schnell, man kann spontaner arbeiten, und für mich, die ich in vielen Schichten arbeite, sind sie einfach ideal.“

Der Hintergrund spielt eine Hauptrolle

Bei ihren Bildern setzt Margot Kupferschmidt auf harmonierende Farben, häufig malt sie Ton in Ton. Große Aufmerksamkeit widmet sie dem Hintergrund, der eine ganz spezielle Rolle bei ihrer Kunst spielt. „Der Hintergrund ist unheimlich wichtig, er hält ein Bild zusammen“, betont die Künstlerin. Sie gestaltet ihn daher stets so, dass sie Farben, die sie im Vordergrund verwendet hat, dort wieder aufgreift.

Manche Betrachter fühlen sich bei Margot Kupferschmidts Bildern an die des US-amerikanischen Malers Edward Hopper erinnert. Das mag an den in realistischer Weise gemalten Szenen und daran liegen, dass beide Künstler oft Menschen als Motiv wählen. „Menschen haben mich schon immer fasziniert, und ich beobachte sie gerne“, sagt Margot Kupferschmidt. Ihre Protagonisten wirken aber lebendiger als die auf Hoppers Bildern. Manchen, so scheint es beim Betrachten, ist man sogar schon selbst mal irgendwo auf der Straße begegnet. Zum Beispiel den zwei blonden Mädels, möglicherweise Schwestern, die mit gelangweiltem Blick nebeneinander auf einer Bank abhängen.

Ihre Gemälde erzählen Geschichten

Tatsächlich aber bringt Margot Kupferschmidt kaum Menschen exakt nach deren realem Vorbild auf die Leinwand. „Ich lasse mich von Personen inspirieren, male sie aber nicht eins zu eins“, sagt die Schorndorferin. Oft ist es auch eine selbst erlebte Szene, die sie auf einem Bild festhalten will. Dazu gehört zum Beispiel jene, in der eine junge Frau beschwingt eine lange Treppe hinabsteigt. Gesehen hat Margot Kupferschmidt diese Situation am Stuttgarter Schlossplatz – und die Frau dann auf ihrem Gemälde einfach kurzerhand nach New York versetzt. Von ihren Reisen bringt die Künstlerin immer viele Fotos mit nach Hause. Einen Teil davon verarbeitet sie später, manchmal viel später, in ihren Bildern.

Apropos verarbeiten: Margot Kupferschmidts Gemälde haben häufig eine zweite Ebene, erzählen Geschichten und gesellschaftliche Themen, die der Malerin nahe gehen. Eines der in Waiblingen ausgestellten Bilder zeigt zum Beispiel eine junge, ernst blickende Frau mit gelber Baskenmütze. Im Hintergrund ist ein Atomkraftwerk, das Kernkraftwerk Saporischschja in der Ukraine, zu sehen. „Ich arbeite ehrenamtlich im Tafelladen Schorndorf in der Kleiderkammer. Kurz nach Kriegsbeginn kam dort eine traumatisierte junge Frau mit Kind an, das hat mich sehr beschäftigt.“

Wo man die Bilder sehen kann

Kupferschmidts „Bildergeschichten“ sind bis 13. Januar in der Galerie Schäfer, Lange Straße 9, in Waiblingen ausgestellt. Die Öffnungszeiten sind donnerstags und freitags von 13 bis 17 Uhr, samstags von 10 bis 14 Uhr.