Außenminister Frank-Walter Steinmeier (l., SPD) und der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu Foto: dpa

Bei seinem Türkei-Besuch wies Außenminister Steinmeier Vorwürfe zurück, wonach Deutschland ein „sicherer Hafen“ für Terroristen sei. Auch äußerte er „Sorgen“ wegen der Massenverhaftungen in der Türkei.

Ankara - Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hat nach einer Zusammenkunft mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu von einem offenen, aber „nicht ganz einfachen“ Gespräch gesprochen.

Steinmeier äußerte am Dienstag in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Cavusoglu auch erneut „Sorgen“ mit Blick auf Massenverhaftungen und den Umgang mit der Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei. Er erwähnte dabei auch die Verhaftungen von Parlamentsabgeordneten sowie Massenentlassungen. Zugleich betonte Steinmeier die Bedeutung des bilateralen Dialogs: „Es ist wichtig, dass wir offen und ehrlich miteinander sprechen.“ Auch dürfe die lange Tradition der engen deutsch-türkischen Beziehungen nicht aufs Spiel gesetzt werden.

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Der Außenminister wies Vorwürfe unter anderem des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zurück, wonach Deutschland ein „sicherer Hafen“ für Terroristen sei. Erdogan hatte ein schärferes Vorgehen gegen die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in Deutschland verlangt. Auch Cavusoglu betonte das türkische Interesse an guten Beziehungen zu Deutschland. Er kritisierte aber erneut die Einstufung der Massaker an den Armeniern im Ersten Weltkrieg als Völkermord durch den Bundestag und wandte sich gegen einen herablassenden Umgang mit der Türkei von europäischer Seite. Die Massenverhaftungen und -entlassungen nach dem gescheiterten Militärputsch vom Juli rechtfertigte Cavusoglu damit, dass es sich bei den Betroffenen um Unterstützer dieses Putschs oder „Terroristen“ der Gülen-Bewegung handele, die von Ankara für den Umsturzversuch verantwortlich gemacht wird.

Termin mit Yildirim steht noch an

Grundsätzlich einig waren sich Steinmeier und Cavusoglu in der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Dschihadistenorganisation Islamischer Staat (IS). Cavusoglu lobte dabei allerdings, dass die im türkischen Incirlik stationierten deutschen Tornado-Flugzeuge „einen sehr großen Beitrag nicht nur im Kampf gegen den IS leisten, sondern auch bei der Bekämpfung des Terrorismus insgesamt“. Dabei spielte er offensichtlich auf den türkischen Kampf gegen die PKK an.

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Steinmeier wollte am Nachmittag auch Präsident Erdogan sowie den türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim treffen. Zudem waren Gespräche mit Oppositionspolitikern sowie im türkischen Parlament vorgesehen. Bereits am Morgen hatte sich der deutsche Außenminister auch mit Vertretern der türkischen Zivilgesellschaft getroffen, darunter Journalisten, Menschenrechtsaktivisten und Bürger, die sich für die Rechte der Kurden einsetzen.

Seit dem gescheiterten Militärputsch Mitte Juli haben die türkischen Behörden etwa 35.000 Menschen festgenommen, zehntausende weitere wurden aus dem Staatsdienst entlassen. Laut der Türkischen Journalistenvereinigung (TGC) wurden seit dem Putschversuch 170 türkische Medien geschlossen, 105 Journalisten festgenommen und 777 Presseausweise für ungültig erklärt. Menschenrechtsorganisationen werfen den türkischen Sicherheitskräften auch vor, Festgenommene in den Gefängnissen zu foltern.