Die Dunkelziffer mit einbezogen, sehen sich im Kreis Esslingen pro Jahr bis zu 5500 Frauen in irgendeiner Form häuslicher Gewalt ausgesetzt. Foto: dpa

Der Sozialausschuss des Esslinger Kreistags hat den auf Eis gelegten Zuschuss in Höhe von 31 000 Euro freigegeben. Die vom Verein „Frauen helfen Frauen“ vorgelegte Konzeption hat die Ratsrunde letztlich überzeugt.

Esslingen - Die Hängepartie hat ein Ende. Die Vereine „Frauen helfen Frauen“ in Esslingen, auf den Fildern und in Kirchheim können noch in diesem Jahr mit Geld aus der Kreiskasse rechnen. Der Sozialausschuss des Kreistags, der eine entsprechenden Beschluss im November des vergangenen Jahres noch auf Eis gelegt hatte, hat jetzt für die Jahre bis 2018 einen Zuschuss von jeweils 31 100 Euro freigegeben. Davon sollen dem Verein in der Stadt Esslingen 15 000 Euro, der Filder-Beratungsstelle 10 100 Euro und dem Kirchheimer Verein 6000 Euro zukommen.

Konzeption hat überzeugt

Die von den Vereinen in Zusammenarbeit mit der Landkreisverwaltung ausgearbeitete Konzeption „Beratung für Frauen in Gewalt- und Krisensituationen“ ist in der Ratsrunde auf einhellige Zustimmung gestoßen. Der Landkreiszuschuss dient der Sicherstellung des in der Konzeption formulierten Mindeststandards. „Niederschwellig“, „vertraulich“ und „kostenlos“ sind die Eckpfeiler des Beratungsangebots, das die Vereine für Frauen in Gewalt- und Krisensituationen vorhalten. Der Bedarf steht außer Frage. Im vergangenen Jahr hat die Polizei im Landkreis Esslingen 394 Mal wegen häuslicher Gewalt ausrücken müssen. Angesichts einer hohen Dunkelziffer gehen Fachleute davon aus, dass es in den Häusern und Wohnungen des Landkreises Esslingen pro Jahr in bis zu 5500 Fällen zur Anwendung von Gewalt in allen ihren Ausprägungen kommt. Dazu zählen neben der körperlichen und sexuellen Gewalt auch die psychische Gewalt, wie sie durch Einschüchterung, Drohung und Demütigung ausgeübt werden kann. Ebenso können sich Betroffene der soziale Gewalt ausgesetzt sehen die sich in Isolieren, Einsperren und Kontrollieren äußert,

171 Kinder mitbetroffen

Im vergangenen Jahr haben 103 Frauen die Hilfe der Beratungsstelle Esslingen in Anspruch genommen. Knapp 70 haben sich hilfesuchend an die Beratungsstelle auf den Fildern gewandt. In Kirchheim haben 41 Frauen das Beratungsangebot wahrgenommen. Den Erhebungen des Vereins zufolge sind damit im Landkreis Esslingen mindestens 171 Kinder mitbetroffen gewesen. Das ist nach Einschätzung der Beratungsstellen umso problematischer, als dass erlebte Gewalt in der Kindheit und Jugend als größter Riskofaktor für das Ausüben oder Erleben von Partnergewalt im Erwachsenenalter gilt.

Um diese verhängnisvolle Spirale zu durchbrechen, bedienen sich die Vereine eines abgestuften Verfahrens. Die Krisenintervention ist darauf ausgerichtet, die Gewalt zu unterbrechen und Schutz zu bieten. Mittel der Wahl sind Wohnungsverweise oder die Vermittlung eines Platzes im Frauenhaus.

Die persönliche Beratung gibt psychosoziale Hilfestellungen für die Bewältigung der Gewalterfahrungen. Sie ist, ebenso wie die parallel angebotene Beratung von Angehörigen, getragen von der Hoffnung, dass stationäre Unterbringungen verhindert oder wenigstens verkürzt werden können. Prävention, Vernetzung von Angeboten, eine kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit und die Dokumentation der Beratungsinhalte sind weitere Eckpunkte der Konzeption.