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Das Frisch-Auf-Idol arbeitet als Arzt und drückt Sohn Dominik als Bittenfeld-Fan die Daumen.

Göppingen - Wer neben diesen beiden Riesen steht, kommt sich mit einer Körpergröße von 1,80 Metern vor wie ein Zwerg. Also nichts wie hinsetzen, um mit Willi Weiß (2,04 Meter) und seinem Sohn Dominik (2,07 Meter) über vergangene Zeiten und aktuelle Aufstiegsträume zu plaudern. Und selbstredend muss für dieses Treffen der Göppinger Handball-Tempel EWS-Arena in Sichtweite sein. Dort in der ehemaligen Hohenstaufenhalle war Willi Weiß von 1976 bis 1987 der Publikumsliebling. "Williiieee", dröhnte es aus Hunderten von Kehlen, wenn sich der Rechtshänder in die Höhe schraubte, mit voller Kraft abzog und die Bälle für Frisch Auf ins Netz wuchtete. Doch Weiß, der gestern seinen 54. Geburtstag feierte, war mehr als der Kanonier aus dem Rückraum oder der Torjäger auf Linksaußen. Er war der Turm in der Schlacht. Der unbestrittene Abwehrchef. Die Symbolfigur für den Göppinger Handball mit Kampf und Leidenschaft. Zugegeben, es gab damals auch Sportsfreunde, die seine Spielweise anders beurteilten. Die hielten dem Mediziner vor, sich seine Patienten auf dem Spielfeld selbst zu besorgen. Weiß war kein Kind von Traurigkeit - das weiß er selbst: "Der Kontakt mit mir konnte wehtun, ich war hart zu den anderen, aber brutal zu mir selbst." Einmal hat er sich die ausgekugelte Schulter in der Halle selbst eingerenkt. An seinem Körper gab es wenig, was er nicht gebrochen hatte. An der Seite von Rudi Molitor, Rolf Schlögl oder dem 2004 verstorbenen Jerzy Klempel ging es zur Sache. Und vor allem in den Duellen mit dem VfL Gummersbach (mit dem jetzigen Bundestrainer Heiner Brand) oder dem TV Großwallstadt (mit Ex-Nationalspieler Kurt Klühspies) kochten die Emotionen oftmals über.

Einen Titel mit Frisch Auf hat der gebürtige Franke nie gewonnen. In der A-Nationalmannschaft reichte es nur zu 15 Einsätzen. Das lag auch daran, dass sich Weiß früh um seine berufliche Laufbahn kümmerte. Nicht selten kletterte er direkt nach einem Nachtdienst im Krankenhaus morgens um 8 Uhr in den Mannschaftsbus und spielte abends um 20 Uhr in Essen, Dankersen oder Nettelstedt. 1983 trat er seine erste Stelle als Arzt in Göppingen an. Längst hat der Anästhesist in der Innenstadt eine eigene Praxis.

Der Mann, der 1976 vom TSV Milbertshofen zu Frisch Auf gewechselt war, ist unterm Hohenstaufen sesshaft geworden. Von seinem schmucken Eigenheim in Wangen hat er einen tollen Blick auf die Drei-KaiserBerge. "Uns gefällt es hier", sagt Weiß - und blickt seinem Junior tief in die Augen. Dominik hat zwar inzwischen eine eigene Wohnung in Bittenfeld, doch wenn immer es die Zeit zulässt, besucht er seine Eltern und die Geschwister Leon (12) und Sophia (16). Natürlich fachsimpeln Vater und Sohn dann über Handball. Zumal Dominik nach seinem Wechsel vom Landesligisten SG Schorndorf zum TV Bittenfeld in dieser Saison richtig durchgestartet ist. Der 21-jährige Rückraumspieler kämpft mit dem Zweitligisten um den Sprung in die Bundesliga. Und Papa Willi verfolgt alles hautnah. Er glaubt an den Aufstieg des Sohnemanns: "Dominik ist wesentlich schneller und athletischer, als ich es war. Wenn er gesund bleibt, kann er es ganz nach oben schaffen." Und er traut dem TV Bittenfeld die erste Liga zu. Dann würde das Frisch-Auf-Idol endgültig zum großen Fan des kleinen Clubs. "Ich würde mit dem Bittenfeld-Schal zum Derby in die EWS-Arena kommen", sagt er - und blickt hinüber zur Halle, in der er über zehn Jahre der Liebling war.