Ein dichtes Wegenetz umschließt die Rasenkissen des neu gestalteten Eingangs zum Killesbergpark. Zu beiden Seiten dieses Parkteils Am Kochenhof entstehen neue Wohngebiete. Klicken Sie sich durch die Bilder. Foto: Peter-Michael Petsch

Auf dem Killesberg öffnet am Freitag der neue Haupteingang, doch es gibt Kritik am Konzept.

Stuttgart - Oberbürgermeister Wolfgang Schuster wird an diesem Freitag um 11.30 Uhr den für rund 10,4 Millionen Euro neu gestalteten Eingang zum Höhenpark Killesberg und den neuen Parkteil gegenüber freigeben. Schuster, der im Januar 2013 nach zwei Wahlperioden aus dem Amt scheidet, wirft Pumpen an, die die Bachläufe in dem zehn Hektar oder 13 Fußballfelder großen Parkteil mit Wasser versorgen.

„Für mich schließt sich hier ein Kreis“, sagt der Stadtchef. „In den ersten 100 Tagen meiner Amtszeit hatte ich mir den Neubau der Messe vorgenommen.“ Der habe natürlich länger gedauert. Aber nun werde das Thema Messe und die neue Nutzung der von den alten Hallen überbauten Flächen 16 Jahre nach seinem Amtsantritt „gerade noch fertig“. Für Schuster ist der neue Auftritt auf dem Killesberg „ein Paradebeispiel für die grüne Großstadt“.

Durch den Abzug der Messe kann sich die Natur, wenn auch streng von Menschenhand gestaltet, ausbreiten. Der Höhenpark wächst auf 45 Hektar, das seien rund 13 Fußballfelder Grünfläche mehr als früher, rechnet Technikbürgermeister Dirk Thürnau vor. Nicht nur die Eingangsfläche, auch das gegenüber der Straße Am Kochenhof liegende, früher vom Messe-Parkhaus belegte Gelände vor der Roten Wand, die an den alten Steinbruch erinnert, wurde neu gestaltet. Die neue Gartenanlage trägt die Handschrift der Landschaftsarchitekten Rainer Schmidt (München) und Pfrommer und Roeder (Stuttgart). Die Grüne Fuge zwischen dem Killesbergpark und der Feuerbacher Heide vervollständigt damit das von den Stuttgarter Parkanlagen gebildete Grüne U. Es zieht sich vom Oberen, Mittleren und Unteren Schlossgarten, dem Rosensteinpark, Leibfried’schen Garten und Wartberg bis zum Killesberg und dann weiter über die Feuerbacher Heide zum Kräherwald. Schon in den 1920er Jahren gab es die Vorstellung, die Grünflächen in der Innenstadt mit der gewachsenen Landschaft zu verbinden. Den Auftakt dazu gab 1939 die Reichsgartenschau. Das alte Steinbruchareal, aus dem der Stuttgarter Werkstein abgebaut worden war, wurde damals von Hermann Mattern gärtnerisch gestaltet. „Alt-Stuttgart ist mit den Steinen vom Killesberg gebaut worden“, sagt Schmidt. Heute gelte der alte Parkteil als „einziges gut erhaltenes Beispiel für die Gartenbaukunst der 1930er Jahre, mit einem ausgeklügelten Konzept zum Erhalt der Grundstrukturen der Landschaft und wechselnden Sichtachsen und Ausblicken“, lobt die Architektengemeinschaft aus Stuttgart und München die Leistung der Vorgänger.

„Wir wollten hier Zukunft schaffen, in der Form etwas ganz Neues und nicht etwas, was wir schon seit 50 Jahren kennen“

Der neue Parkteil bricht bewusst mit der früheren Gestaltung. „Wir wollten hier Zukunft schaffen, in der Form etwas ganz Neues und nicht etwas, was wir schon seit 50 Jahren kennen“, sagt Rainer Schmidt. Er musste sich schon vor dem Baustart harscher Kritik aus dem Städtebauausschuss erwehren. In dem Gremium debattieren Stadträte, vor allem aber Architekten über jedes größere Stuttgarter Neubauvorhaben. Als „neue Künstlichkeit“ bespöttelte dort der Architekt Heinz Lermann die Idee, eine sanfte grüne Hügellandschaft mit vielen verschlungen Wegen zu schaffen. „Wieso braucht es Wege, die sich als Schikane erweisen?“, monierte der renommierte Züricher Gestalter Carl Fingerhuth die Pläne. Kritik erregte 2008 auch, dass Schmidt, Pfrommer und Roeder den Zuschlag in einem Verhandlungsverfahren und nicht in einem offenen Wettbewerb erhalten hatten.

Bis zum Abzug der Messe an den Flughafen empfing der Höhenpark Killesberg seine Gäste mit großer Geste. Wasserspiele begleiteten den Weg entlang der breiten Eingangstreppe. Wer diesen Eingang benutzte, dem lag der Park zu Füßen. Die Topografie hat sich mit der Neugestaltung nicht geändert. Noch immer reicht der Blick in die gestaltete Landschaft. Der großzügige Auftritt ist aber, trotz der laut Baubürgermeister Matthias Hahn heute doppelten Breite des Eingangs, kleinteiligen Rasenflächen gewichen. Schmidt spricht von „Rasenkissen“. Die mäandrierenden Wege liegen rund einen Meter tiefer als die Rasenlandschaft.

„Es ist ein mutiger Entwurf, wir wollten das so haben“

Rainer Schmidt verteidigt sein Konzept. Die Wege sollen an Meißelspuren in einem Steinbruch erinnern und damit an die Historie des Orts, die mal breiten, mal schmalen Bachläufe sollen Lebendigkeit vermitteln, der See Ruhe ausstrahlen. Gespeist werden Bach und See aus einer 3600 Kubikmeter großen Zisterne, die in die Reste einer alten Messehalle eingepasst wurde.

„Es ist ein mutiger Entwurf, wir wollten das so haben“, sagt Volker Schirner, der Leiter des städtischen Garten-, Friedhofs- und Forstamtes. Schirner warnt davor, das neue Entree schon am Eröffnungstag abschließend zu beurteilen. „Ein Park hat verschiedene Reifestadien und ist nie fertig. Dieser Parkteil ist noch in einer ganz jungen Phase“, sagt der Amtschef. Die 400 neuen Bäume, darunter Linden, Eichen, Blauglockenbäume und Obstbaumgruppen mit alten Birnensorten, bräuchten wenigstens drei Jahre, „um einen eigenen Charakter zu entwickeln“. Der Gartenchef hofft für das Wochenende auf eine Regenpause und auf regen Besuch. Die Rasenkissen dürfen jedenfalls betreten werden.