Die Arbeitsgruppe Zukunft (von li. im Uhrzeigersinn): Onkel (Schlagzeug), Julius Fischer (Gitarre, Gesang), Boris The Beast (Bass), Michael Krebs (Piano, Gesang), Marc-Uwe Kling (Gitarre, Gesang). Foto: Sven Hagolani

Der abtrünnige Schwabe Michael Krebs kehrt mit Musikerkollegen für einen Auftritt in die alte Heimat zurück. Die Band nennt sich Arbeitsgruppe Zukunft. Das verspricht ganz lustig zu werden.

Stuttgart - Der Entertainer Michael Krebs gehört zu einer Sorte Unterhaltungskünstler, bei denen man sich fragt, warum die nicht viel berühmter sind. Gut, wer einen Song mit dem Titel „Ficken für den Frieden“ schreibt, braucht nicht damit zu rechnen, im Radio rauf- und runtergenudelt zu werden. Aber der gelernte Jazzpianist mit der klaren Stimme, die auch für Schlager und Chansons taugt, hat mehr auf Lager. Viel mehr. Beispielsweise die hinreißende Offenbarung eines Barpianisten, der, so innig er auch in die Tasten greift, von den schönen Frauen nicht erhört wird.

Das Leiden des Hotelpianisten

„Eigentlich“, sagt Michael Krebs, „bin ich von Haus aus eher schüchtern und der geborene Dienstleister. Insofern war Hotelpianist der perfekte Job für mich.“ Man könnte sagen: Das musikalische Talent ward Krebs in die Wiege gelegt. Wie man sich auf einer Bühne präsentiert, musste Krebs, inzwischen immerhin schon zweimal mit dem Baden-Württembergischen Kleinkunstpreis ausgezeichnet, erst noch lernen. Inzwischen beherrscht er auch diese Kunst und hat schon den einen oder anderen angehenden Motivationstrainer mit dem Bühnen-Einmaleins vertraut gemacht.

Wer grinsen muss, liegt so falsch nicht

Nun kehrt Michael Krebs, 44, im hohenlohischen Flecken Neu-Kupfer bei Schwäbisch Hall aufgewachsen, aber längst in Berlin wohnhaft, in die alte Heimat zurück. Und er hat sich für das Heimspiel am 22. Februar im Club Wizemann in Bad Cannstatt namhafte Verstärkung mitgebracht, darunter den in Stuttgart geborenen Slam-Poetry-Künstler und Songschreiber Marc-Uwe Kling, Autor der wunderbar schrägen „Känguru-Chroniken“, und den Autor und Kabarettisten Julius Fischer. Außerdem dabei zwei Spaßgesellen, die Krebs schon als Pommesgabeln des Teufels auf Tour den Rücken stärkten: Drummer Onkel und Bassist Boris The Beast. Die noch recht junge Formation nennt sich Arbeitsgruppe Zukunft. Wer sich dabei das Grinsen nicht verkneifen kann, liegt so falsch nicht, wird aber von Krebs eines Besseren belehrt. Von Ironie sei da keine Spur. Der Name Arbeitsgruppe Zukunft sei ernst gemeint, vermutlich so ernst wie das Parteiprogramm der Partei Die Partei.

Der Zusammenschluss der Band habe auch stattgefunden, um die im Wirtschaftsleben hochgelobten Synergieeffekte freizusetzen. Selbstredend stehen bei so einer Kapelle keine normalen Musiker auf der Bühne: Kling schimpft sich Superintendent of Soft Content, Krebs Manager of Musical Resources, Fischer Head of Cuteness, Boris the Beast Controller of Pressure und Onkel Director of Timing. Nur bei den Konzerten bleiben die Herren auf dem Boden. Sie sprechen von „Betriebsausflügen“.

Im Team wird Klartext gesprochen

Bei der ersten Produktion der Arbeitsgruppe Zukunft sah die Zusammenarbeit noch so aus: Fischer, Kling und Krebs brachten jeder ein halbes Dutzend eigener Songs mit ein – und fertig war die Live-CD „Viel Schönes dabei“. Die zweite CD entstand im Studio und trägt den nicht gerade vor schwäbischer Bescheidenheit strotzenden Titel „Das nächste große Ding“. Bei der Produktion habe man sich zusammengesetzt, oft auch zusammengerauft und die Songs gemeinsam geschrieben. „Für mich als Solokünstler war das eine neue Erfahrung“, sagt Michael Krebs. „Oft schwebst du im luftleeren Raum, verzeihst dir auch die eine oder andere Schwäche. Im Team wird viel eher Klartext gesprochen.“

Sitzen, Sitzen, Sitzen / Tippen, Tippen, Tippen

Das Plattencover von „Das nächste große Ding“ zeigt sich wild um eine alte Schreibmaschine drängende Musiker und erinnert an den Spontispruch „Wir sind die Leute, vor denen ihr uns immer gewarnt habt“. Auch dies sei ernst gemeint, sagt Michael Krebs. Früher habe er gedacht, ein Musiker verbringe die meiste Zeit auf der Bühne. Heute wisse er, dass Büroarbeit unglaublich viel Zeit fresse. Der Vorteil des Künstlers: Er kann seinen Frust künstlerisch verarbeiten, etwa in dem Heavy-Metal-Song „Büro“, und im dazugehörenden Video das Mobiliar zerlegen: „Sitzen, Sitzen, Sitzen / Tippen, Tippen, Tippen / Klicken, Klicken, Klicken / Rücken, Rücken, Rücken.“ Ganz ohne Hoffnung bleibt das Publikum nicht zurück. Der Song schließt mit „Nur noch 40 Jahre bis zur Rente / Wann ist endlich Wochenende?“

Es gibt noch wenige Restkarten

Musikalisch lässt sich die Arbeitsgruppe Zukunft nur schwer einordnen, man findet Anklänge an Jazz, Country, Neue Deutsche Welle und Balladeskes. O-Ton Julius Fischer: „Wir passen in keine Schublade. Wir brauchen den ganzen Schrank.“ Selbstredend, dass eine dem Fortschritt verpflichtete Band ihre Songs nicht nur digital verbreitet, sondern sie auch auf Vinyl presst.

„Es gibt noch Restkarten“ lautete der Titel eines Soloprogramms von Michael Krebs. Für das Gastspiel der Arbeitsgruppe Zukunft in Stuttgart trifft das ebenfalls zu. Es gibt aber nur noch wenige.