Die Zauneidechse braucht ein neues Zuhause. Foto: /Artur Calmbacher

Die Firma Jetter will im Energie- und Technologiepark bauen. Zuvor müssen jedoch die im Plangebiet gefundenen geschützten Arten umgesiedelt werden. Die Stadt kostet die Baumaßnahme 260 000 Euro.

Marbach - Ein Jahr ist es nun her dass der Gemeinderat Marbach den Entwurfs- und Auslegungsbeschluss für den Bebauungsplan „Energie- und Technologiepark“ auf der Agenda hatte. Am vergangenen Donnerstag diskutierte das Gremium über die eingegangen Bedenken und Anregungen und beschloss am Ende die dritte Änderung. Im Fokus standen vor allem die Ergebnisse der artschenschutzrechtlichen Prüfung und die daraus resultierenden Maßnahmen: ein neu geschnürtes Paket an Ausgleichsmaßnahmen.

Zauneidechsen sind zugewandert
Eine der Hauptrollen spielen dabei die Spezies der Zauneidechse und der Wechselkröte. Bei Begehungen im Jahr 2017 waren bereits Vögel, Fledermäuse und Käfer im Geltungsbereich des Bebauungsplanes gefunden worden. In diesem Jahr stießen die Gutachter im Juni im nördlichen Teil des Plangebiets auf Zauneidechsen, die vermutlich von der angrenzenden Fläche der EnBW zugewandert waren. Von August an begegnete man dann auch Wechselkröten. Deren Laichbiotop war nicht das Regenrückhaltebecken westlich des Heinrich-Hertz-Rings, wie anfangs vermutet, sondern ein Luftlinie 150 Meter weit entferntes Regenrückhaltebecken im Norden des Plangebietes.

Beide geschützte Arten waren, so zeigte sich in der Abstimmung mit der EnBW, bereits im Zusammenhang mit dem geplanten Bau der Netzstabilitätsanlage im Jahr 2018 entdeckt worden.

In Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde wurde der Bau von Ersatzhabitaten – Laichgewässer für die Wechselkröten, Totholz- und Steinhaufen – festgelegt. Bis Ende März sollen die Habitate am Rande des Plangebiets zwischen Hochwasserschutzdamm und Neckar angelegt werden, um die Tiere umsiedeln zu können, erläuterte Bauamtsmitarbeiter Ralf Lobert in der Sitzung. Dem Baubeschluss haben die Räte am Donnerstag zugestimmt.

Die Vorbereitung der Baumaßnahme ist das eine, die Genehmigung für das Abfangen der geschützten Arten aber das andere.


Gesamtkosten von 360.000 Euro
Besagte Genehmigung wird nun von der Stadtverwaltung Marbach bei der Höheren Naturschutzbehörde im Stuttgarter Regierungspräsidium beantragt. Die Gesamtkosten für die Maßnahme liegen bei 390 000 Euro – inklusive Baunebenkosten und ein Fünf-Jahres-Monitoring danach. 260 000  Euro davon werden aus der Tasche der Stadt Marbach fließen, den Rest der Summe übernimmt die EnBW. Mit dem Umsiedeln der Tiere allein ist es aber noch nicht getan.

Im Rahmen der erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen werden nämlich auch noch weitere Obstbäume gepflanzt. Außerdem wird auf einer Fläche auf Neckarweihinger Gemarkung noch ein Blühstreifen angelegt. „Insgesamt werden für 48 gefällte Bäume 99 neue Bäume gepflanzt“, betonte Lobert das Ergebnis.

Diskussion im Gremium
Ökologisch wertvolle Ausgleichsmaßnahmen, die durchaus beeindrucken, so die Reaktion von Puls-Rat Hendrik Lüdke. Dennoch stimme Puls diesem Natureingriff wie bisher auch nicht zu. „Arbeitsplätze sind wichtig, ohne Frage. Unter anderem darauf basiert unser Wohlstand. Politik fordert daher Arbeitsplätze, Politik fordert auch Wohnraum. Politik fordert auch, den Flächenverbrauch zu reduzieren.“ Das, so Lüdke, seien unlösbare Zielkonflikte. Man müsse sich entscheiden: Pro zusätzlichen Wohnraum und pro Arbeitsplätze oder pro Natur und contra Natureingriffe. „Beides geht nicht! Für uns hat die Natur grundsätzlich Priorität.“

Florian Petschl von der CDU sieht es anders. Seine Fraktion begrüße die Ansiedlung der Firma Jetter. „Und es ist ein glücklicher Zufall, wo man die Tiere aussiedeln kann. Die Situation ist so verträglich für alle – auch für die Landwirte.“ Lob für die Verwaltung, vor allem für Ralf Lobert und seine konzeptionelle Herangehensweise, gab es von dem Freien Wähler Martin Mistele. Am Ende gab es ein klares Ja für den geänderten Bebauungsplanentwurf, der jetzt erneut ausgelegt wird.