Klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie. Foto: Bock

Am Point Alpha standen sich Weltmächte gegenüber - heute ist das US-Camp Mahnmal.

Rasdorf - Zwei Wochen ist unser Autor unterwegs auf Deutschlands längster Autobahn, der A 7. So friedlich es dort heute zugeht - lange war die politische Situation kritisch. In der Nähe von Fulda lag einer der Brennpunkte des Kalten Krieges.

Grüne Hügel am Horizont. Die Orte in der Gegend heißen Hünfeld, Schlitz oder Bischofsheim. Ein idyllisches Fleckchen Erde mitten in Deutschland. Auf der Bundesstraße geht es weg von der A7 in Richtung Eisenach. Heute ist das völlig normal. Doch bis 1989 hätte sich hier das Schicksal der Welt entscheiden können.

Von der Anhöhe hinter dem hessischen Rasdorf geht der Blick hinunter ins Tal zum thüringischen Geisa. Wanderer sind unterwegs. Bis zum Fall der Mauer war das unmöglich. Hier belauerten sich Feinde. Auf der einen Seite lagen amerikanische Truppen auf Spähposten, auf der anderen Seite von Zäunen, Gräben und Stacheldraht patrouillierte die DDR-Volksarmee. Die Beobachtungstürme lagen sich direkt gegenüber, nur einen Steinwurf auseinander.

Diese Region galt als möglicher Einfallspunkt des Warschauer Paktes. Auf Plänen sieht man heute die möglichen Strategien der Westmächte, um eine Invasion in Richtung Frankfurt am Main zu stoppen. Die Karten sind übersät von Panzersymbolen. Deshalb richteten die Amerikaner hier schon kurz nach dem Zweiten Weltkrieg den Observation Point Alpha ein. Das Beobachtungscamp steht noch heute direkt an der früheren deutsch-deutschen Grenze. Der heißeste Punkt des Kalten Krieges.

Doch inzwischen wird hier nicht mehr der Feind belauert, sondern aufgeklärt. Point Alpha ist zur Mahn-, Gedenk- und Bildungsstätte geworden. Eine Stiftung erinnert hier an die möglichen Schreckensszenarien von damals und will gleichzeitig den Amerikanern für ihre Verdienste um die Freiheit danken. Kohl, Gorbatschow und Bush senior waren hier und wurden für ihre Leistungen ausgezeichnet.

Flucht der DDR-Bürger scheiterte - die US-Soldaten mussten zusehen

Was dem geteilten Land hätte blühen können, lässt sich heute noch hautnah nachempfinden. Zu menschenverachtend zeigt sich die ehemalige Grenze. Ein Stück der Befestigung steht noch. Wälle, Zäune, Attrappen von Schäferhunden, die hier Flüchtende aufhalten sollten. Der Wald ist gerodet. "Die Zäune und Türme sind noch original", sagt die Frau am Kassenhäuschen. Entlang der früheren Grenze führt heute ein Wanderweg hinüber zum Haus auf der Grenze, das die Leiden der DDR-Bevölkerung im Gebiet zeigt. Die Gedenkstätte liegt zu fast gleichen Teilen auf hessischer und thüringischer Gemarkung. Die deutsche Fahne flattert im Wind.

Drinnen im US-Camp nimmt Captain Michael Barbero den Besucher in Empfang. Zumindest akustisch. Barbero war für drei Jahre hier, ist aber lange weg. An Hörsäulen erläutert die Stimme des Soldaten den militärischen Alltag an der innerdeutschen Grenze. Er erklärt Munitionsdepot, Panzer und Helikopter. Erst waren hier 60 Männer stationiert, als die Lage kritischer wurde, verdoppelte man auf 120. Die Baracken wurden zu klein, Zelte mit Öfen für den Winter wurden aufgestellt. Täglich fuhren die Männer Patrouille. Auf den Türmen taten immer mehrere gleichzeitig Dienst. Nichts, was sich drüben tat, durften sie verpassen.

Die Soldaten wurden mit gutem Essen, moderner Ausrüstung und freundschaftlichen Kontakten ins benachbarte Rasdorf bei Laune gehalten. "Der Grenzdienst brachte einen Zusammenhalt in der Truppe, den es heute kaum noch gibt", erinnert sich Barbero, "er machte uns den Sinn unserer Aufgabe in Deutschland klar." Zu deutlich signalisierte der Todesstreifen die Bedrohung. Immer wieder scheiterten hier Fluchtversuche von DDR-Bürgern. Meist mussten die US-Soldaten hilflos zusehen - ein Eingreifen hätte eine unverantwortbare Konfrontation bedeutet. Ein schlichtes Kreuz aus Birkenholz erinnert am ehemaligen Grenzstein an die Opfer.

Als die Mauer fiel, rückte das Ende von Point Alpha als Militärbasis näher. "Wir tauschten damals ein Stück des DDR-Grenzzauns gegen Zigaretten ein und teilten es unter uns auf", erzählt Barberos Stimme aus der Informationssäule heraus. Zehn Jahre später trafen sich die Männer hier wieder. Zum ersten Mal fuhren sie gemeinsam auf die östliche Seite, die sie zuvor so viele Jahre lang beobachtet hatten. "Das war ein sehr bewegender Moment für mich", sagt Barbero ergriffen. Heute bewegen sich vor allem Schulklassen auf seinen Spuren. Die Teilung Deutschlands soll nicht in Vergessenheit geraten.

Der Weg führt wieder hinaus auf den Parkplatz. Trotz all der militärischen Relikte wirkt die Gegend unheimlich friedlich. Der Blick schweift wieder zu den grünen Hügeln am Horizont hinüber. Wer dorthin wollte, könnte jetzt einfach losgehen.