Das Amtsgericht Esslingen hat einen geständigen Exhibitionisten zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Foto: Pascal Thiel

Vier Mal hat ein 31-Jähriger in S-Bahnen im Kreis Esslingen vor jungen Frauen onaniert und ist dabei von Überwachungskameras aufgenommen worden. Jetzt ist er für seine Taten verurteilt worden.

Esslingen - Der 31-jährige Angeklagte gibt reumütig zu, dass er im vergangenen Jahr zwischen Mai und Juni in verschiedenen S-Bahnlinien im Kreis Esslingen vier Sittlichkeitsdelikte begangen hat. Seine Beweggründe, warum er in den Waggons vor jungen Frauen onaniert hat, während er seinen Opfern schamlos in die Augen sah, kann er vor dem Amtsgericht Esslingen nicht erklären. Am Ende verurteilt ihn der Vorsitzende Richter Andreas Arndt zu einer auf Bewährung ausgesetzten Gefängnisstrafe von einem Jahr und zwei Monaten wegen zwei exhibitionistischen Handlungen, zwei Fällen von Erregung öffentlichen Ärgernisses und wegen der Verbreitung pornografischer Schriften. Letzteres hat er sich zu Schulden kommen lassen, weil er einer zur Tatzeit 16-Jährigen eine auf seinem Smartphone dargestellte Sexszene vor das Gesicht gehalten hat.

Angeklagter gibt „Identitätskrise“ als Grund an

Obwohl der Angeklagte seine Motivation für die von ihm voll umfänglich gestandenen Taten nicht erklären kann oder will, geht der Vorsitzende Richter davon aus, „dass das Verlangen und der Druck ja schon recht groß gewesen sein müssen“. Anders könne er es sich nicht erklären, weshalb der heute 31-Jährige nur vier Tage nach einer vorläufigen Festnahme durch die Polizei erneut in der Bahn seinen Penis aus der Hose geholt und sich in aller Öffentlichkeit vor einer Frau selbst befriedigt hat. Sein Vorgehen ähnelte sich in allen vier Fällen. Stets setzte er sich auf den seinen Opfern gegenüber liegenden Sitz und belästigte sie ungeniert. Dass er dabei von den in den Bahnen installierten Kameras aufgenommen wurde, nahm er offenbar billigend in Kauf.

Zur Tatzeit habe er sich in einem emotionalen Ausnahmezustand, in einer „Identitätskrise“ befunden, startet der Angeklagte einen Erklärungsversuch. Nach einem Gefängnisaufenthalt habe ihn seine in der Türkei lebende Familie verstoßen, er sei einsam und völlig auf sich allein gestellt gewesen. Seine Frau, die er im vergangenen April geheiratet hat und die schwanger sei, habe er damals zwar schon gekannt, aber keine sexuelle Beziehung mit ihr unterhalten. Wie es zu seinen beschämenden Handlungen in den Bahnen gekommen sei, könne er heute nicht mehr nachvollziehen: „Es ist auf einmal passiert und ich bereue es.“

Inzwischen wisse die Gattin von seinem damaligen, äußerst befremdlichen Verhalten und sie sei „natürlich sauer“ gewesen, als er ihr den Grund für die bevorstehende Gerichtsverhandlung gebeichtet habe. Der Angeklagte erzählt, er habe sich über das Internet selbst Hilfe gesucht, inzwischen besuche er eine Gruppentherapie, die ein Jahr dauere. Die 25 Sitzungen mit Kosten von jeweils 30 Euro pro Termin bezahle er aus der eigenen Tasche.

Therapie muss fortgesetzt werden

Diese Therapie muss er auch fortsetzen. Es ist eine der Auflagen, damit das Gericht die Strafe zur Bewährung aussetzt. Außerdem stellt ihm Andreas Arndt eine positive Prognose: Er sei jetzt verheiratet, werde bald Vater und habe ein geregeltes Einkommen. Außerdem hält er dem Mann zugute, dass er die Taten gestanden und den Opfern damit eine Aussage vor Gericht erspart hat.

Allerdings ist der 31-Jährige mehrfach vorbestraft und stand zur Tatzeit unter Bewährung. Freilich war er vorwiegend wegen Betrugsdelikten sowie Trunkenheitsfahrten und Fahrens ohne Führerschein mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Dennoch muss die im vergangenen November verhängte neunmonatige Bewährungsstrafe in diese Verurteilung mit einfließen. Und so erhöht sich neben dem Strafmaß auch eine damals ausgesprochene, an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlende Geldauflage von 1000 auf 1500 Euro.

Sein unsittliches Handeln habe zwar keine ernsthaften bleibenden Schäden bei den Opfern verursacht, sehe man davon ab, dass die damals 16-Jährige noch heute Angst habe, alleine S-Bahn zu fahren, sagt Arndt. Doch hätten sich die Frauen von ihm „extrem angegriffen gefühlt“. Und der Richter teilt auch noch einen Seitenhieb in Richtung der übrigen Fahrgäste aus: „Dass andere nicht eingegriffen haben, scheint ein Problem unserer Gesellschaft zu sein.“

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