Knifflige Regelungen bei Vertragsfußballer Foto: dpa

Das Urteil ist ein Hammer. Das Sportgericht des Württembergischen Fußballverbands (WFV) hat dem FC Gärtringen 25 Punkte abgezogen. Der Grund: Der Landesligist setzte einen Spieler ein, der wegen eines nicht angezeigten Vertrags nicht spielberechtigt war.

Stuttgart - Das Urteil ist ein Hammer. Das Sportgericht des Württembergischen Fußballverbands (WFV) hat dem FC Gärtringen 25 Punkte abgezogen. Der Grund: Der Landesligist setzte einen Spieler ein, der wegen eines nicht angezeigten Vertrags nicht spielberechtigt war. Der Fall verdeutlicht den Zwiespalt, in dem viele Verbands- und Landesligisten stecken. Einerseits wollen sie Spieler als Vertragsamateure an sich binden, um planen und im Falle eines vorzeitigen Wechsels eine Ablöse kassieren zu können. Andererseits sind die Akteure durch den Vertragsstatus sozialversicherungspflichtig – was einiges kostet. Eine Annäherung.

Der Vertragsspieler-Status: Nach Spielordnung des WFV ist derjenige ein Vertragsspieler, der mit einem Verein einen schriftlichen Vertrag abgeschlossen hat und Vergütungen von mindestens 250 Euro monatlich erhält. „Der sogenannte Vertragsamateur ist wie ein Mini-Jobber zu behandeln“, sagt der Stuttgarter Steuerberater Horst Lienig, der beim WFV immer wieder Seminare zum Thema Recht und Steuern abhält. Das heißt: Der Vertragsamateur gilt als geringfügig beschäftigt und damit als sozialversicherungspflichtig. Der Club muss 30 Prozent des Lohns an die Bundesknappschaft abführen – bei 250 Euro sind das 75 Euro pro Monat.

Eine Ausfertigung des Vertrags muss unverzüglich nach Abschluss des Kontrakts beim Verband vorgelegt werden. Außerdem muss ein Nachweis zur Meldung der Sozialversicherungsbeiträge binnen drei Monaten erbracht werden. Und genau hier lauert für die Clubs die Falle: Ohne den Nachweis erlischt die Spielerlaubnis. „Viele lassen dies deshalb ihren Steuerberater machen“, sagt Lienig. Im Verbandsgebiet gibt es nach WFV-Angaben rund 1000 Vertragsspieler.

Die Praxis: Wenn ein Verein einen Akteur mit einem Amateurvertrag ausstattet, muss er keine Ablösesumme bezahlen. Zudem ist der Neuzugang sofort spielberechtigt. Aus diesem Grund war es über Jahre hinweg bei vielen Clubs gängige Praxis, Neuverpflichtungen zu Vertragsspielern zu machen. Es war billiger, als die ligaabhängige Ablösesumme zu bezahlen – bis der Deutsche Fußball-Bund (DFB) die Mindestsumme, die ein Vertragsspieler erhalten muss, von 150 auf 250 Euro pro Monat angehoben hat.

Will ein Verein mit einem Spieler langfristig planen oder im Fall eines vorzeitigen Abgangs eine hohe Ablösesumme kassieren, ergibt es nach wie vor Sinn, ihn zum Vertragsamateur zu machen. Manche Clubs verzichten auf Vertragsspieler und damit auch die Sozialversicherungsabgaben, indem sie eine mündliche Vereinbarung treffen und Aufwandsentschädigungen sowie Fahrtkosten bezahlen – manchmal beläuft sich beides zusammen auf mehr als die 250 Euro. Horst Lienig sieht in vielen dieser Fälle „einen Missbrauch der Statuten“.

Der Fall Gärtringen: Der FC Gärtringen und Janik Michel hatten zum 1. Juli 2013 einen Dreijahresvertrag geschlossen, ihn aber erst am 19. November 2013 dem WFV gegenüber angezeigt – genau in dem Zeitraum, als der Torjäger in den Fokus höherklassiger Vereine (1. FC Nürnberg II, Stuttgarter Kickers) rückte. Der FCG hatte die Verspätung damit begründet, dass eine mündliche Zusatzvereinbarung getroffen worden sei, wonach der Kontrakt nur gültig ist, wenn Michel eine Ausbildungsstelle erhalten hat. Die Lehre bei einer Spedition trat der 21-Jährige erst zum 1. September an.

Das vorläufige Urteil: Nach Überzeugung der WFV-Sportrichter hatte der Club den Vertrag mit Michel dem Verband zunächst verschwiegen und darüber hinaus den Nachweis zur Meldung der Sozialversicherungsbeiträge nicht innerhalb der erforderlichen drei Monate erbracht. In ihren Augen lag daher ab Oktober für Michel keine Spielberechtigung vor. Alle neun danach ausgetragenen Landesligapartien (acht Siege und ein Remis) wurden für den FC Gärtringen mit 0:3 verloren gewertet, der bis dahin souveräne Spitzenreiter verlor 25 Punkte. Zudem verdonnerte der WFV den Verein zu einer Geldstrafe von 500 Euro, Michel muss 250 Euro bezahlen. „Wir haben nichts Falsches gemacht, wir gehen in Berufung“, sagte der FCG-Chef Ralf Laur. Der Club hat den Sportjuristen Christoph Schickhardt (Ludwigsburg) eingeschaltet. Vorerst sind die Gärtringer aber in Abstiegsnot. Der Wiederbeginn der Runde ist an diesem Wochenende.