Im Berufungsprozess gegen den Engel mit den Eisaugen, Amanda Knox, gibt es neue Erkenntnisse.

Perugia - Der Prozess gegen Amanda Knox, den Engel mit den Eisaugen, hat 2009 weltweit für großes Aufsehen gesorgt. Die US-amerikanische Studentin wurde angeklagt, zusammen mit ihrem Freund in Italien eine Mitbewohnerin umgebracht zu haben. Jetzt geht der Berufungsprozess dem Ende entgegen.

Italiens Medien sprechen von einem "skandalösen Justizfehler". Im Dezember 2009 wurden die US-amerikanische Studentin Armanda Knox, "der Engel mit den Eisaugen", wie Italiens Medien die junge Frau nennen, und ihr italienischer Ex-Freund Raffaele Sollecito zu 26 Jahren und 25 Jahren Haft verurteilt.

Sie sollen ihre britische Mitbewohnerin Meredith Kercher brutal ermordet haben. Knox und Sollecito beteuerten immer ihre Unschuld. Das Berufungsverfahren gegen das Paar stellt das Urteil in Sachen Indizien vollkommen auf den Kopf.

Opfer wurde Kehle durchgeschnitten

Bereits in erster Instanz sorgten der Mord, der Prozess und das Urteil international für großes Aufsehen. Die 21-jährige Kercher war im Jahr 2007 halbnackt und mit durchgeschnittener Kehle in dem Haus gefunden worden, das sie zusammen mit Knox und anderen Studenten der Ausländeruniversität von Perugia bewohnt hatte.

Die Staatsanwaltschaft war am Ende ihrer Ermittlungen davon überzeugt, dass die britische Studentin ermordet wurde, weil sie sich geweigert hatte, bei Sexspielen mitzumachen. An der Tat soll auch der Mitangeklagte Rudy Guede aus der Elfenbeinküste beteiligt gewesen sein. In einem getrennten Schnellverfahren wurde auch Guede verurteilt. Ihn schickten die Richter allerdings nur 16 Jahre ins Gefängnis.

 Tatgegenstände ohne Blut des Opfers

Knox und Sollecito wurden vor allem aufgrund von Indizien verurteilt. Das sorgte in den USA für zahlreiche Proteste. Nicht nur die Eltern der amerikanischen Studentin, sondern auch Bürgerinitiativen setzen sich seit Ende 2009 für die Unschuld der jungen Frau und einen neuen und fairen Prozess ein. Die Anwälte von Knox gingen in die Berufung.

Experten der Spurensicherung haben die Indizien, vor allem die DNA-Funde, ihrer Kollegen noch einmal genau untersucht. Dabei entdeckten sie zu ihrem großen Erstaunen, dass die vermeintlichen Tatgegenstände, mit denen Knox und Sollecito die Mitstudentin ermordet haben sollen, kein Blut des Opfers aufzuweisen scheinen.

Blutspuren von Knox jetzt in Zweifel gezogen

 Blutspuren von Knox jetzt in Zweifel gezogen

Die Spurensicherung im ersten Verfahren, so das Fazit der 145 Seiten dicken neuen Untersuchungsakte, sei nicht gründlich vorgegangen. "Da wurden einfach Dinge behauptet", so einer der Anwälte von Knox.

Als Indizien zur Verurteilung wurden etwa Blutreste am BH-Verschluss von Meredith Kercher und am Tatmesser angeführt. Dem jetzt bekanntgewordenen Inhalt des neuen Berichts der Spurensicherung zufolge könnten unter anderem die DNA-Spuren von Raffaele Sollecito am BH-Verschluss erst später dorthin gelangt sein. Auch die Blutspuren von Knox werden jetzt in Zweifel gezogen. Italiens Medien sprechen von "schlampiger Vorgehensweise auf Kosten der Verurteilten".

Doch von einem schnellen Urteil im Berufungsverfahren oder gar einem Freispruch für Knox und Sollecito kann keine Rede sein. Im Gegenteil. Der Fall um den mysteriösen Mord von Meredith Kercher wird immer undurchsichtiger.

Verfahren soll noch einen Monat dauern

Anfang dieser Woche erklärte der Mitangeklagte Rudy Guede erneut, dass Knox und Sollecito die Täter gewesen seien. Mit dieser Aussage widerspricht der Student aus der Elfenbeinküste dem Kindermörder Mario Alessi. Der wiederum hatte vor Gericht erklärt, dass Guede ihm im Gefängnishof erzählt habe, ein anderer Afrikaner habe damals die Britin ermordet.

Doch im Kreuzverhör wiederholte Guede in den letzten Wochen immer wieder: "Ich habe immer gesagt, wer in dieser verfluchten Nacht in dem Haus war." Damit meinte er Knox und Sollecito.

Etwa einen Monat soll das spektakuläre Verfahren noch dauern. Am 25. Juli sollen die Schlussplädoyers gehalten werden.