Wie ein Mensch altert, ist ihm zum Teil in die Wiege gelegt. Aber mit Hilfe von Ernährung, Sport und Bewegung kann er das gefühlte Alter durchaus beeinflussen. Foto: Fotolia

Die Chancen, ein hohes Alter zu erreichen, stehen heute besser denn je.  Zwar haben Wissenschaftler immer noch kein Patentrezept dafür, wie man gesund altert: Doch es gibt Hinweise, inwieweit jeder selbst Einfluss auf die Lebensqualität im Alter hat und was Ärzte tun, um das Altern aufzuhalten.

Die Chancen, ein hohes Alter zu erreichen, stehen heute besser denn je.  Zwar haben Wissenschaftler immer noch kein Patentrezept dafür, wie man gesund altert: Doch es gibt Hinweise, inwieweit jeder selbst Einfluss auf die Lebensqualität im Alter hat und was Ärzte tun, um das Altern aufzuhalten.

Erbgut

Ob ein Mensch ein hohes Alter erreicht, ist ihm zu einem gewissen Teil in die Wiege gelegt. Schätzungen US-amerikanischer Forscher gehen davon aus, dass fast jeder Siebte über Gene für ein langes Leben verfügt. Eines dieser Gene könnte das Gen Foxo3A sein, das Kieler Forscher 2009 entdeckt haben. Eine Variation in dem Gen trete auffällig häufig bei sehr alten Menschen über 100 Jahren auf und beeinflusse vermutlich positiv die Lebenserwartung. Eine ähnliche Untersuchung haben auch italienische Altersforscher bei Hundertjährigen in Italien vorgenommen. Sie konnten in deren Erbsubstanz zehn Gene nachweisen, die offenbar mit einem langen und gesunden Leben in Zusammenhang stehen.

Auch Wissenschaftler der Uni Freiburg sind auf die Suche nach dem Methusalem-Gen gegangen – und haben in dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans ein Schlüsselgen entdeckt, das die Alterung steuert. Das Gen bildet ein Enzym, das die Aktivierung lebensverlängernder Gene verhindert. Verändert man dieses Gen, wird auch die Wirkung des Enzyms verändert: Bei Experimenten mit dem Fadenwurm wurde seine Alterung um mehr als zwei Drittel verlangsamt.

Jedoch sollte man sich nicht zu sehr auf seine Gene verlassen, warnt Cornel Sieber vom Institut für Biomedizin des Alterns (IBA) der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. „Man geht davon aus, dass zu 25 bis 30 Prozent der Gene und zu 70 bis 75 Prozent der Lebensstil Einfluss auf das Altern haben.“ Allein durch den Lebensstil, da sind sich Mediziner und Forscher bei der Fachtagung des Danone-Instituts Ernährung für Gesundheit in Regensburg einig, kann man die Lebenszeit um Jahre verlängern – aber auch verkürzen.

Ernährung

Mediterrane Küche wird gern als Antwort auf die Frage gegeben, wie der Mensch sich im Alter möglichst ernähren sollte. Wer dabei allerdings an Pizza und Spaghetti denkt, liegt leider falsch. Vielmehr sind mit der Bezeichnung „Mittelmeer-Kost“ Gerichte gemeint, die mit Olivenöl zubereitet sind und viel Obst und Gemüse enthalten. Getreideprodukte dürfen ebenfalls nicht fehlen, öfter sollte Fisch gegessen und dafür auf Fleisch verzichtet werden.

US-amerikanische Studien zeigten, dass Menschen, die sich an diese Rezepte hielten, ihr Risiko für eine Alzheimer-Demenz um 40 Prozent senken konnten. Auch Pflanzenöle wie Raps- und Leinöl haben eine schützende Wirkung. Es wird vermutet, dass Bestandteile in diesen Nahrungsmitteln direkt auf die Gehirnzelle einwirken, um sie funktionsfähig zu halten und entzündlichen Prozessen entgegenzuwirken. Eine einseitige Ernährung kann dagegen zu einem Vitaminmangel führen und das Risiko für eine Demenz erhöhen, sagt Helumt Heseker, Professor an der Universität Paderborn.

Gangsicherheit

Wer langsam und wackelig auf den Beinen ist, neigt oft zu Stürzen. „Bereits kleinste Schritt-zu-Schritt-Abweichungen von 1,7 Zentimetern verdoppeln das Sturzrisiko“,sagt der Schweizer Wissenschaftler Reto Kressig vom Universitären Zentrum für Altersmedizin des Felix-Platter-Spitals in Basel. „Bei älteren Menschen funktioniert das Gehen nicht mehr automatisch.“ Sie müssen sich vielmehr drauf konzentrieren, weil ihre Sinne und auch ihre Muskelkraft mehr und mehr nachlassen. Reicht dann die Aufmerksamkeit nicht mehr aus, um gleichzeitig eine einfache Rechenaufgabe zu lösen, kann das schon ein Hinweis auf eine abnehmende Gehirnleistung sein.

„Typischerweise werden die Betroffenen langsamer oder bleiben einfach stehen, um sich auf die Beantwortung der Frage zu konzentrieren.“ Ein Beweis, dass zwischen Hirnleistungs- und Gangstörungen ein Zusammenhang besteht. „Eine Ganganalyse kann nicht nur Hinweise auf körperliche Defizite geben, sondern auch auf eine Demenz hinweisen.“

Wie leicht sich gleichzeitiges Gehen und geistige Beanspruchung verbessern lassen, zeigt Kressig anhand der Studien von rhythmischen Tanzen nach dem Schweizer Musikpädagogen Emile Jaques-Dalcroze. Je nach Rhythmus der vorgespielten Musikstücke müssen die Senioren verschiedene Körperteile bewegen. „Die Teilnehmer, die einmal pro Woche ein solches Tanztraining absolvierten, verbesserten ihre körperliche und geistige Fitness und senkten dadurch ihr Sturzrisiko um 54 Prozent“, sagt Kressig.

Sport

Wer rastet, der rostet, heißt es im Volksmund. Und die Senioren rosten lieber. Jeder zweite über 65-Jährige treibt nach einer Forsa-Umfrage selten oder nie Sport. Jeder fünfte glaubt, dass er zu alt dafür ist. Dabei ist vielen nicht bewusst, dass die Muskelmasse beim Menschen ab dem 40. Lebensjahr abnimmt. „Überschreitet diese Abnahme die Norm, spricht man von Sarkophenie, die eng mit der im Alter typischen Gebrechlichkeit einhergeht“, sagt Cornel Sieber vom IBA. Wer überdies zu viel, zu fett und zu kalorienreich isst, riskiert Diabetes, Bluthochdruck, Herzkrankheiten und Übergewicht.

Es gibt also viele Gründe, im Alter möglichst in Bewegung zu bleiben – oder gar erst mit dem Sport anzufangen: „Training ist in jedem Alter machbar und kann sowohl körperliche als auch geistige Fitness bewirken“, sagt Jörn Rittweger vom Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum, der viele ältere Leistungs- und Hobbysportler untersucht hat. Die Angst vor Verletzungen sei unbegründet: „In Studien wurde gezeigt, dass beim Sport – sofern er richtig betrieben wird – das Verletzungsrisiko mit dem Alter nicht steigt, sondern eher sogar gesenkt wird“, sagt der Physiologe.

Wer glaubt, er müsse sich nun im Fitness-Studio anmelden, den kann Ellen Freiberger vom IBA beruhigen. „Führen Sie Ihren Hund aus, auch wenn Sie gar keinen haben.“ Wer dreimal täglich für zehn Minuten um den Block geht, bewirkt schon viel für seine Gesundheit – und das nicht nur hinsichtlich der körperlichen Fitness. Das Gehirn wird bei regelmäßiger Bewegung besser durchblutet, Nervenzellen werden neu vernetzt. „Ein aktiver Lebensstil hilft, das Demenzrisiko um 28 Prozent zu verringern“, sagt Freiberger.

Wichtig ist dabei, dass der Körper auch herausgefordert wird: „Also öfters mal im schnelleren Tempo spazieren gehen, Anstiege und Umwege einplanen.“ Steigerungen sind wichtig, um einen positiven Effekt zu erzielen. „Ansonsten gewöhnt sich der Körper an die gleichen Bewegungsabläufe.“

Geistige Fitness

Auch wenn es zur lieb gewonnenen Gewohnheit geworden ist: Täglich ein Kreuzworträtsel zu lösen fördert auf Dauer nicht die geistige Leistungsfähigkeit. „Es fehlt die Herausforderung“, sagt Roland Ruprecht vom Institut für Psychogerontologie der Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen. Zwar gibt es einige Studien, die zeigen, dass Gedächtnistraining und Rechenaufgaben durchaus dazu beitragen können, dass Nervenzellen im Gehirn wieder sprießen statt abzunehmen.

Ein Beispiel dafür ist die Sima-Studie, ein vom Familienministerium gefördertes Forschungsprojekt an der Universität Erlangen-Nürnberg: Bei dieser trainierten Senioren zusammen ihr Gedächtnis und trieben Sport. Zudem sollten sie die Übungen zu Hause wiederholen. „Es gab positive Effekte auf die geistige Fitness und auf die Alltagsbewältigung“, sagt Ruprecht.

Kritiker jedoch widersprechen, dass diese Effekte kaum zur Verbesserung der geistigen Leistung in Alltagssituationen beitragen. Wichtiger sei es, im Alltag zum Denken angeregt zu werden: etwa beim Bücherlesen, bei Museumsbesuchen. Wer aber den Geist trainiert, darf auch die körperliche Fitness nicht vernachlässigen – und andersherum.