Nur noch wenige Stunden bis zum großen Feuerwerk – die Feuerwehr ist in Alarmbereitschaft Foto: dpa

Mehr als 100 Feuerwehrmänner in Stuttgart erleben den Jahreswechsel im Dienst: Sie müssen löschen, während die anderen feucht-fröhlich feiern. Beim letzten Mal gab es in Stuttgart einen Großeinsatz mit Millionenschaden.

Stuttgart - In den Feuerwehrhäusern können sie die Uhr danach stellen: Der Jahreswechsel wird wieder Dauereinsätze bringen. Viele beachten den richtigen Umgang mit Silvesterböllern nicht. Die Integrierte Leitstelle von Feuerwehr und DRK hat ihr Personal nahezu verdoppelt. In Stuttgart gab es zuletzt Millionenschaden.

Die letzte Silvesternacht werden die Bewohner im Wildgansweg in Neugereut nicht so schnell vergessen. In der Tiefgarage der Wohnanlage gingen zwei Motorräder und zehn Autos in Flammen auf, 110 Bewohner mussten raus, wohnten vorübergehend in Hotels oder Wohnheimen, es gab zehn Verletzte und zwei Millionen Euro Schaden. Die Sanierung der Wohnanlage läuft noch.

Und das alles, weil Jugendliche glaubten, eine größere Rakete in der Tiefgarage zünden zu müssen. Auch sie werden das Ereignis nicht so schnell vergessen. Dafür sorgt schon das Amtsgericht Bad Cannstatt. Vier Jugendlichen im Alter von 15, 16 und 19 Jahren werden Brandstiftung und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Jugend schützt vor Strafe nicht: „Man muss davon ausgehen, dass auch ein 15-Jähriger weiß, dass da etwas passieren kann“, so ein Polizeisprecher.

Keine Nacht wie jede andere

Der leichtsinnige Umgang mit Feuerwerkskörpern löst immer wieder brenzlige Situationen aus. Für die Stuttgarter Feuerwehr ist Silvester keine Nacht wie jede andere. „In dieser Nacht haben 106 Kollegen Dienst, davon sind 15 als Sicherheitswachen auf Bühnen und bei Veranstaltungen eingesetzt“, sagt Sven Lehmann, Lagedienstführer bei der Stuttgarter Branddirektion. In den Außenbezirken sind die Freiwilligen gefordert – nach dem SSV-Prinzip: Schneller, spezieller, verstärkend.

Die jetzt betroffene Schicht der Berufsfeuerwehr war übrigens auch beim letzten Jahreswechsel dabei. Ein unregelmäßiger Drei-Wochen-Rhythmus sorgt dafür, dass Mitglieder einer Schicht mehrere Jahre hintereinander Silvester-Dienst haben können. Das ist dann einfach Kalender-Pech.

Meist sind es Kleinbrände in Mülleimern, die in der Neujahrsnacht die Feuerwehrmänner auf den Plan rufen. Nicht nur in Stuttgart, auch in der Region. Einen typischen Unfall gab es in Kornwestheim (Kreis Ludwigsburg): Eine Flasche mit einer Silvesterrakete kippte um, das Geschoss flog daraufhin nicht in den Sternenhimmel, sondern in den Kühlergrill eines geparkten Opel Astra – 10 000 Euro Totalschaden. 25 000 Euro Schaden gab es in Fellbach (Rems-Murr-Kreis), als ein Böller einen Balkon in Brand setzte und schwarzer Rauch durch ein geborstenes Fenster in die Wohnung zog.

Vieles beginnt schon mit dem Einkauf

Dabei beginnt einiges schon mit dem Kauf des Feuerwerks. Vielen reicht das Angebot mit offizieller Ware, die unter anderem von der Bundesanstalt für Materialforschung (BAM) zugelassen ist, nicht aus. Diese Personen versorgen sich mit sogenannten Polen-Böllern mit zweifelhafter Sprengwirkung. Die Schwarzmarktware kann freilich schwere Verletzungen hervorrufen.

Wer nicht alle Warnungen in den Wind schlägt, achtet darauf, dass beim Abbrennen von Feuerwerk keine Bäume, Oberleitungen, Dachvorsprünge, leicht entzündliche Gegenstände oder Tankstellen in der Nähe sind. In Altstädten mit Fachwerkhäusern sind Feuerwerke verboten. Böller dürfen außerdem nicht in der Nähe von Krankenhäusern und Seniorenheimen entzündet werden. Auch bei Flüchtlingsunterkünften ist mehr Sensibilität erwünscht.

Mutproben und Leichtsinn können gefährlich werden – nicht nur in Tiefgaragen wie in Neugereut. Wer unverletzt bleiben will, zündet Raketen mit ausgestrecktem Arm, hält danach einen ausreichenden Sicherheitsabstand – und versucht vor allem nicht, Blindgänger erneut anzuzünden. Leere Flaschen, siehe den brennenden Opel in Kornwestheim, sind als Abschussrampe ungeeignet. Die Flaschen sollten schon wenigstens in einem Kasten stecken. Wohnungsinhaber sollten Balkon oder Terrasse möglichst leer räumen – um nicht durch verirrte Raketen eine böse Überraschung zu erleben.

Wie die Jugendlichen von Neugereut diesmal Silvester feiern, ist nicht bekannt. Fest steht jedenfalls, dass sich das angeklagte Quartett erstmals am 10. März 2016 im Amtsgericht Bad Cannstatt einfinden muss.