Bosch betrachtet die Korrespondenz mit VW als Betriebsgeheimnis. Foto: dpa

Bosch weigert sich, interne Dokumente vorzulegen, die als Beweise in einem Rechtsstreit von Porsche-Aktionären dienen könnten. Das Landgericht Stuttgart hat nun signalisiert, dass der Zulieferer wohl kein Zeugnisverweigerungsrecht hat.

Stuttgart - Der Autozulieferer Bosch muss voraussichtlich vertrauliche Unterlagen in einem Rechtsstreit von Aktionären gegen die Porsche Holding vor dem Stuttgarter Landgericht herausrücken. Nach vorläufiger Einschätzung könne sich Bosch nicht auf das Zeugnisverweigerungsrecht berufen, erläuterte der zuständige Einzelrichter Fabian Richter Reuschle. Eine Entscheidung in dieser Frage soll am 13. Juli verkündet werden.

In dem Rechtsstreit geht es darum, ob Porsche als Mehrheitsaktionär von VW die Öffentlichkeit zu spät über die massenhafte und jahrelange Manipulation der Abgasreinigung von Dieselautos informiert hat. Dabei geht es unter anderem darum, wann der damalige VW-Chef Martin Winterkorn, von den illegalen Tricksereien erfahren hat. Die Kläger wollen beweisen, dass Winterkorn schon lange vor der offiziellen Bekanntgabe der Manipulationen bescheid wusste. Die Kläger behaupten, dass Winterkorn von zahlreichen Mitarbeitern über die kriminellen Vorgänge informiert wurde. Und weil Winterkorn zugleich Chef der Porsche Holding war – so die Kläger – hätte auch der Mehrheitsaktionär die Öffentlichkeit früher informieren müssen. Weil dies nicht erfolgt ist, sollen Anleger Kursverluste erlitten haben, für die sie nun Schadenersatz wollen.

Bosch hat mit VW Stillschweigen vereinbart

Licht ins Dunkel, wann Winterkorn was wusste, sollen nun E-Mails bringen, die zwischen Bosch- und VW-Mitarbeitern ausgetauscht wurden. Zudem soll ein Brief der Rechtabteilung von Bosch an VW vorgelegt werden, in dem die Juristen des Zulieferriesen verlangten, von jeder Haftung freigestellt zu werden, falls VW verbotene Funktionen in der Motorsteuerung des Zulieferers verwende. Bosch verweigert bisher jedoch die Herausgabe, unter anderem mit der Begründung, dass Bosch schon in den neunziger Jahren in einem Vertrag mit VW „strengstes Stillschweigen“ über die geschäftlichen Beziehungen vereinbart habe.

Bosch muss nach Ansicht des Richters keine Verurteilung fürchten

Dieses Argument überzeugte Richter Reuschle jedoch nicht, zumal die umstrittenen Dokumente schon in US-Verfahren präsentiert worden seien. Auch müsse Bosch nicht befürchten, dass die Vorlage der Dokumente eventuell dazu führen könnte, dass der Zulieferer selbst verurteilt würde. Aus all diesen Gründen hat Bosch nach einer ersten Einschätzung von Richter Reuschle kein Zeugnisverweigerungsrecht. Sollte der Richter auch bei der Verkündung der Entscheidung im Juli bei dieser Einschätzung bleiben, könnte Bosch dagegen Beschwerde beim Oberlandesgericht einlegen.

Die klagenden Porsche-Aktionäre brauchen viel Geduld

Bis die Porsche-Aktionäre wissen, ob sie Geld bekommen, dürften Jahre ins Land gehen. Es gibt eine ganze Flut von Klagen. Bei der Porsche-Hauptversammlung Mitte Mai hat Vorstandschef Hans Dieter Pötsch berichtet, dass es zum Dieselgate 189 Verfahren vor dem Stuttgarter Landgericht und vier vor dem Landgericht Braunschweig gebe. Insgesamt werde ein Schadenersatz von rund 865 Millionen Euro gefordert. Um diese Flut von Forderungen zu bewältigen, soll zunächst ein Musterfahren vor dem Oberlandesgericht stattfinden, in dem die grundlegende Streitfragen geklärt werden. Dieses Verfahren beginnt am 3. September.