Die Altdorferin Ulrike Engelke leitet seit 30 Jahren die Akademie für Alte Musik. Da sie zudem im vergangene Jahr 80 Jahre alt geworden ist, gibt es jetzt Grund zum Feiern. Am 5. und 6. Mai finden daher Festkonzerte in Böblingen und Altdorf statt.
30 Jahre sind vergangen, seit die Altdorferin Ulrike Engelke die Akademie für Alte Musik gegründet hat. Ursprünglich firmierte der eingetragene Verein unter dem Namen Dresdner Akademie für Alte Musik. Seit 2004 nennt sich der Zusammenschluss von Musikschaffenden, die sich der Pflege barocker Orchesterkunst verpflichtet sehen, Akademie für Alte Musik in Baden-Württemberg (AAMBW). Dank einer regen Konzerttätigkeit hat das immer wieder in unterschiedlicher Besetzung aufspielenden Ensemble um Ulrike Engelke auch über die Region hinaus Bekanntheit erlangt.
Bei der Gründung der Akademie im Jahr 1992 wurde Ulrike Engelke von der Robert-Bosch-Stiftung Stuttgart und dem baden-württembergischen Kunstministerium unterstützt. Die üppige Förderung ermöglichte damals einen ambitionierten Studien- und Kursbetrieb. Die Akademie bot insbesondere Musikerinnen und Musikern aus den neuen Bundesländern und Osteuropa die Möglichkeit, sich in historischen Instrumenten ausbilden zu lassen.
Ulrike Engelke setzte ihre Arbeit ohne Fördergelder fort
„2004 kamen wir nach Altdorf, da die finanzielle Unterstützung der Bosch-Stiftung und auch vom Interreg-Förderprogramm der EU nicht mehr gewährleistet war“, erzählt Engelke, wie aus der Dresdner Akademie für Alte Musik die AAMBW mit Sitz auf der Schönbuchlichtung wurde. Das abrupte Ende aller Förderungen veränderte die Rahmenbedingungen. Engelkes Engagement ist es zu verdanken, dass die Akademie aus eigener Kraft weiter existiert – wenn auch die Aktivitäten seitdem im Wesentlichen auf einige wenige Konzerte im Jahr beschränkt bleiben.
Schon als Kind spielte die Tochter eines Musiklehrers mehrere Instrumente
Das 30-jährige Bestehen möchte die Leiterin nun gerne feiern. Mit ihren Musikerfreunden aus dieser Zeit sind in der kommenden Woche zwei Konzerte mit ihrem international besetzten Barockorchester veranstalten. Die Musiker kommen aus Budapest und Prag, der Geiger Simon Standage aus London.
Akademieleiterin feiert 80. Geburtstag nach
Neben den Festivitäten um die Akademie hat Ulrike Engelke noch einen weiteren Grund zu feiern – genauer gesagt, um eine Feier nachzuholen. Am 11. Mai 2021 ist die im oberschlesischen Gleiwitz geborene Musikerin nämlich 80 Jahre alt geworden. Die Musik begleitet sie seit früher Kindheit: Schon als Kind spielte die Tochter eines Musiklehrers mehrere Instrumente. Zu ihrem eigentlichen Ausdrucksmittel wurde jedoch die Flöte.
1955 zog die Familie nach Sindelfingen und unter ihrem Mädchennamen Ulrike Klose ist sie dort noch vielen ehemaligen Flötenschülern in Erinnerung. Auch im Studium stand die Flöte stets im Mittelpunkt. Auf einem Originalinstrument des Flötenbauers Greve begann sie in den 1970er-Jahren eine Karriere als Traversflötistin und wurde zu einer international anerkannten Spezialistin auf dem Gebiet der Alten Musik des 17. und 18. Jahrhunderts.
Lehraufträge in Trossingen, Innsbruck und Prag
Bevor sie von 1978 bis 1990 einen Lehrauftrag an der Staatlichen Hochschule für Musik in Trossingen übernahm, machte sie ein Aufbaustudium bei dem weltbekannten Flötisten Aurèle Nicolet. Zudem war sie von 1986 bis 1992 als Dozentin für Travers- und Blockflöte an der Internationalen Sommerakademie für Alte Musik in Innsbruck tätig und sie hatte eine Gastprofessur an der Prager Karls-Universität inne, wo sie von 1993 bis 1997 den Studienzweig Historische Aufführungspraxis aufbaute. In dieser Zeit knüpfte sie eine Vielzahl von Kontakten zu Musikern aus den damals im Aufbruch begriffenen Ländern Osteuropas.
Dass der Geiger Simon Standage bei den Konzerten der AAMBW regelmäßig mit auf der Bühne steht, hat gute Gründe: Mit dem Londoner verbindet Engelke eine langjährige Freundschaft. Zudem zählt der Brite zu den „Urgesteinen“ der historischen Aufführungspraxis.
Fachbücher zum Thema Alte Musik
Zu eben diesem Thema hat Engelke vor vier Jahren ein Buch herausgebracht. In der Publikation namens „Melodie als Klangrede“ beschäftigt sie sich mit der Musik des 17. und 18. Jahrhunderts. Es geht darin um eine Frage, die sich Musikhistoriker wohl mit am häufigsten stellen. „Wie haben die das früher gespielt?“ Schließlich gibt es ja keine Aufnahmen aus der Barockzeit. Die Altdorferin hat deshalb die wichtigsten historischen Aussagen zur vokalen und instrumentalen Aufführungspraxis gesammelt und stellt sie in ihrem Buch in Deutsch und Englisch systematisch dar.
Zu den wichtigsten musikalischen Weggefährten gehört der Ehemann
Zu Engelkes wichtigsten musikalischen Weggefährten gehört auch ihr Mann, der Physiker Helmut Engelke, mit dem sie seit 1964 verheiratetet ist. Das Paar hat drei Kinder. Bis heute wirkt Helmut Engelke als Geiger und Bratscher in den Ensembles mit.
Die Konzerte zum 30-jährigen Bestehen der Akademie für Alte Musik in Baden-Württemberg finden statt am Donnerstag, 5. Mai, um 19 Uhr in die Paul-Gerhardt-Kirche in Böblingen sowie am Freitag, 6. Mai, um 19 Uhr in die Festhalle Altdorf. Auf dem Programm stehen unter anderem Werke von Telemann (Concerto Polonois, Konzert F-Dur für Blockflöte und Streicher), Sammartini (Konzert F-Dur für Sopranblockflöte und Streicher) und Händel (Concerto grosso op. 6 Nr. 12, h-Moll). Die Leitung hat Simon Standage inne.
Kartenvorbestellung sind möglich unter Telefon 0 70 31 / 60 66 44 bei der AAMBW sowie bei der Paul-Gerhardt-Gemeinde in Böblingen, der Buchhandlung Vogel in Böblingen, der Apotheke im Dorf in Altdorf sowie bei Buch Plus in Holzgerlingen. Es empfiehlt sich, bei der Kartenbestellung nach möglicherweise vom Veranstalter vorgegeben Corona-Auflagen zu fragen.