Philip Schwigon will in der alten Druckerei Wohnen und Gewerbeflächen vermieten, die Stadt lässt ihn nicht. Foto: Ines Rudel

Wohnen und arbeiten in einem Haus? „Nicht mit uns“, sagen die Bauvorschriften und die Gemeindeverwaltung. Ein Stuttgarter Autohändler versucht gegen etliche Widerstände, im Stadtteil Grötzingen ein Gewerbe zu gründen.

Aichtal - Die Raiffeisenstraße von Aichtal-Grötzingen ist eine Hauptstraße – für den 29-jährigen Philip Schwigon ist sie jedoch zu einer Sackgasse geworden. Er hat sich dort am Ortseingang im Jahr 2015 eine leerstehende Druckerei gekauft, die inmitten anderer Firmengebäude liegt, um dort einzuziehen. Neben der Wohnung sollen in dem Flachdachgebäude Lagerräume entstehen und auch ein Call-Center für einen Abschleppdienst.

Der Bauantrag wurde abgelehnt

Das Vorhaben sei an sich ein Gewinn für die Stadt, findet Philip Schwigon. Ein steuerzahlender Neubürger ziehe in Grötzingen ein, ein neuer Betrieb entstehe in einer heruntergekommenen Gewerbebrache, ein hübsches Häuschen werte den Ortseingang auf. Doch die Verwaltung von Aichtal hat dieses Vorhaben nicht genehmigt. Das Argument des Bürgermeisters Lorenz Kruß: Der Charakter des Gebietes sei der eines Gewerbegebietes. Und darin sei Wohnen nicht zulässig, es sei denn bei so genannten Hausmeister-Wohnungen und verschiedenen anderen Spezialfällen. Diesem Argument ist auch der Gemeinderat gefolgt. Der Bauantrag, den Schwigon Anfang 2016 stellte, wurde abgelehnt. Gleichzeitig ging die Stadt daran, das Gelände frisch zu überplanen.

Philip Schwigon verdient sein Geld im Autohandel. Er kauft Unfallautos, die nach deutschen Maßstäben einen wirtschaftlichen Totalschaden darstellen. Diese Wagen verkauft er ins Ausland, und zwar in solche Länder, wo die Arbeits- und Materialkosten so niedrig sind, dass sich eine Reparatur wieder lohnt. Als Händler ist er dabei viel am Telefon, diese Tätigkeit könnte er auch teilweise in Aichtal ausüben, findet er, auch deswegen will er einen Teil seiner Firma auslagern.

Die Stadt hat eine Veränderungssperre erlassen

Wie so oft in solchen Streitfällen, kämpfen beide Seiten auf den Nebenkriegsschauplätzen genauso hart wie in der Hauptstreitfrage. Bis der Bebauungsplan beschlossen wird, hat die Stadt eine Veränderungssperre erlassen, das heißt, der Bauherr darf an dem Gebäude nichts verändern, was den Wert steigern könnte. Philip Schwigon hat inzwischen neue Fenster eingebaut und innen gestrichten. Sind das wertsteigernde Maßnahmen, die nicht erlaubt sind? Die Stadt findet ja, Philip Schwigon nein.

Die Stadt lehnte den Bau auch deswegen ab, weil die Zufahrt in städtischem Besitz sei – aber dieses Grundstück würde Philip Schwigon sowieso gerne kaufen. Die Stadt begründet die Ablehnung des Bauantrags auch damit, dass sich das renovierte Haus nicht in die Umgebung einfügen würde, der Autohändler sagt, das Gebäude werde nur geringfügig verändert.

Wie so oft in solchen Streitfällen zieht auch der Betroffene alle Register. Der Fall liegt inzwischen in den Händen eines Rechtsanwaltes, der Petitionsausschuss des Landtags ist angerufen, auch eine politische Partei ist involviert.

Die Stadt bleibt hart

Als Philip Schwigon angeboten hatte, in dem Gebäude Flüchtlinge unterzubringen, wurde es mit ausländerfeindlichen Parolen besprüht. Die Stadt bat darum, sie zu überstreichen, was Philip Schwigon gemacht hat, um den guten Willen zu zeigen.

Beim Gespräch mit dem Kaufmann ist oft von gutem Willen die Rede. Er würde ja gerne eine Lösung finden, er würde gerne konstruktiv beitragen, er sei sich sicher, man könne zusammen kommen. Er versteht auch nicht, warum die Stadt Aichtal geduldet habe, dass er dieses Grundstück kaufte. Schließlich habe jede Gemeinde ein Vorkaufsrecht und wenn die Verwaltung das Grundstück für welche Zwecke auch immer benötige, dann hätte sie es doch einfach erwerben können.

Doch die Stadt bleibt hart und beruft sich auf den Bebauungsplan, der wohl in den nächsten Wochen beschlossen wird. Philip Schwigon hat inzwischen gehört, die Stadt wolle hier eine neue Feuerwache bauen, und deswegen habe die Kommune diese harte Haltung. Das sei nicht wahr, kontert der Bürgermeister.

Für Philip Schwigon ist der Traum vom Wohnen in Aichtal mit kurzen Wegen von der Wohnung zur Firma zu einem Albtraum geworden. In letzter Zeit hat er sich überlegt, in Stuttgart wohnen zu bleiben, und in dem Aichtaler Haus einen reinen Gewerbebetrieb unterzubringen. Zwei Anfragen von einem Filderstädter Gartenbaubetrieb und von einer Physiotherapeutin hat er schon.

Bei einem solchen Plan würden die Karten tatsächlich dann auch neu gemischt. Wenn sein Vorhaben den kommunalen Bestimmungen entspreche, sagt der Bauamtsleiter Matthias Hirn sinngemäß, dann sei es auch genehmigungsfähig. Einen diesbezüglichen Bauantrag hat Philip Schwigon allerdings noch nicht eingereicht.